Region Köln/Bonn Verein entwickelt Strategie gegen Folgen des Klimawandels

Rhein-Sieg-Kreis/Bonn · Die Folgen des Klimawandels sind längst in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis angekommen. Der Verein Region Köln/Bonn hat ein Konzept entwickelt, das für die Folgen extremer Wetterverhältnisse vorsorgen soll.

 Trocken gefallen: Der Rhein nach dem Hitzesommer 2018. Die Schifffahrt war vor allem im Herbst stark eingeschränkt.

Trocken gefallen: Der Rhein nach dem Hitzesommer 2018. Die Schifffahrt war vor allem im Herbst stark eingeschränkt.

Foto: Benjamin Westhoff

Niedrigwasser am Rhein, Borkenkäferbefall auf dem Venusberg, extreme Hitze im Sommer – und ein Winter, der im Durchschnitt zu warm ist. Die Folgen des Klimawandels sind längst in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis angekommen. Vor drei Jahren, lange bevor die öffentliche Debatte um den Klimaschutz aufkam, hat der Verein Region Köln/Bonn damit begonnen, einen Leitfaden zu entwickeln. Dieser nennt sich „Regionale Klimawandelvorsorgestrategie“ (KWVS) und soll Städten und Kommunen dabei helfen, zukünftige Herausforderungen im Klimawandel zu meistern. Ende 2019 wurde diese Strategie schließlich veröffentlicht.

„Unser Ziel ist es, Entscheider in kreisfreien Städten und Kommunen zu sensibilisieren und ihnen Hilfestellungen zum Umgang mit dem Klimawandel zu geben“, sagt Stephan Santelmann, Vorsitzender von Region Köln/Bonn und Landrat im Rheinisch-Bergischen Kreis. So solle sich die Region etwa besser gegen Hochwasser wappnen können, Wälder schützen und klimagerechte Wohnsiedlungen gestalten.

Laut Analyse sind problematische Auswirkungen des Klimawandels in sämtlichen Städten und Gemeinden der Region zu erwarten. In Bonn ist es etwa die Hitzebelastung im Sommer und das Risiko von Hochwasser. In Bornheim die Trockenheit in der Landwirtschaft. In Königswinter die Gefahr von Sturzflut. In Bad Honnef fehlende Schneisen für Kaltluft. In Rheinbach und Alfter die Trockenheit der Wälder.

August 2019: Der Stadtwald Bad Honnef war mit Borkenkäfern befallen.

August 2019: Der Stadtwald Bad Honnef war mit Borkenkäfern befallen.

Foto: Frank Homann

Der Schwerpunkt der ausgearbeiteten Vorsorgestrategie liegt auf dem Klimaschutz. Gleichzeitig geht es der Region Köln/Bonn aber auch darum, die Region an bereits vorhandene Folgen des Klimawandels anzupassen. Konkret lauten die Handlungsempfehlungen wie folgt:

 Hitzebelastung: Während die Einwohnerzahl entlang der Rheinschiene steigt, verzeichnet der ländliche Raum im Rhein-Sieg-Kreis einen Bevölkerungsrückgang. Die aktuelle Prognose des Landesbetriebs Information und Technik Nordrhein-Westfalen sieht diese Dynamik auch für die Zukunft. Der starke Zuwachs an neuen Einwohnern setzt gerade die kreisfreien Städte unter Druck. Es bedarf neuer Wohngebiete. Dies geht in logischer Konsequenz allerdings nur auf Kosten von Grünflächen. Jedes weitere Wohngebiet erhöht laut KWVS die ohnehin hohe Wärmebelastung in den Städten.

Zwischen 1971 und 2000 hat es in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis bis zu neun heiße Tage im Jahr gegeben. Laut Definition steigt die Temperatur an diesen Tagen auf mindestens 30 Grad an. Solche heißen Tage könnten bis 2050 unter anderem in Bonn, Bornheim, Siegburg, Bad Honnef und Königswinter bis zu 18 Mal im Jahr vorkommen, im restlichen Rhein-Sieg-Kreis bis zu 16 Mal. Dies könne nicht nur gesundheitliche Risiken hervorrufen. Laut Analyse beeinträchtigen heiße Tage massiv die Lebensqualität in der Region.

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken empfiehlt die Region Köln/Bonn, dass Städte und Gemeinden klimaaktive Grünräume in dicht besiedelten Gebieten schaffen. So sollten etwa Alleen entstehen, Bäume auf öffentlichen Plätzen gepflanzt oder Wasserinstallationen mit Sprühnebel in Innenstädten aufgestellt werden. Häuserfassaden seien möglichst hell zu gestalten. Zudem können Städte und Gemeinden Schutzflächen nach dem Baugesetzbuch deklarieren, die nicht bebaut werden dürfen, sondern ausschließlich als Grünflächen oder Wasserflächen dienen. Gleichermaßen seien Privatpersonen gefordert, ihre Häuser klimaökologisch zu sanieren. Dies könne durch kommunale Förderprogramme finanziert werden.

Trockenheit: Die Hitzetage in der Region nehmen zu. Gleichzeitig fällt der Niederschlag bis zum Jahr 2050 beinahe unverändert aus. Während es an den äußeren Rändern des Rhein-Sieg-Kreises jährlich durchschnittlich 1608 Liter pro Quadratmeter regnet und zukünftig regnen wird, kommen in Bonn 608 Liter pro Quadratmeter im Jahr herunter. In Bad Honnef und Königswinter sind es 1034 Liter, in Sankt Augustin etwa 892 Liter und in Alfter und Rheinbach zwischen 608 und 750 Liter im Jahr.

Weil die Temperaturen steigen, der Niederschlag in der Zukunftsprognose der Region Köln/Bonn aber in etwa gleich bleibt, hat dies eine Trockenheit in Bonn und großen Teilen des Rhein-Sieg-Kreises zur Folge.

Wenn es darum geht, Wälder vor eben dieser Trockenheit zu schützen, sind der Analyse zufolge besonders Alfter, Bonn, Lohmar, Rheinbach, Siegburg, Wachtberg und Windeck gefordert. In Bonn sind nach Angaben des Statistischen Landesamtes NRW 28,1 Prozent der Stadtfläche bewaldet, im Rhein-Sieg-Kreis sind es 29,8 Prozent.

In den vergangenen Sommern hatte es so wenig geregnet, dass die Bäume unter sogenanntem Trockenstress litten. Dieser wird hervorgerufen, wenn Bäume und Pflanzen an akutem Wassermangel leiden. Zunehmender Trockenstress erhöht die Anfälligkeit gegenüber Sturm, Schädlingen und Waldbränden.

Laut Region Köln/Bonn sind die Wälder im Rhein-Sieg-Kreis aktuell nicht an den Klimawandel angepasst. Zahlreiche Waldbesitzer hätten aber bereits damit begonnen, Mischwälder anzulegen. Diese seien in Zukunft besser an das veränderte Klima angepasst als Monokulturen. Bäume, die auch Trockenheit überstehen, sind etwa Arten wie Stieleiche, Roteiche, Hainbuche, Linde, Vogelkirsche, Edelkastanie und Nussbaum.

Der Trockenstress wirkt sich zusätzlich auch auf die Landwirtschaft in der Region aus. Angaben des Rhein-Sieg-Kreises zufolge gibt es 1125 Landwirte, die 45 840 Hektar Land betreiben. Von Ernteeinbußen waren bislang die Kommunen Bornheim, Niederkassel, Swisttal und Wachtberg besonders betroffen.

Diese Probleme werden sich verschärfen. Denn die Wahrscheinlichkeit lang anhaltender Trockenperioden nimmt laut Region Köln/Bonn voraussichtlich zu. Dies beeinträchtigt sowohl die Ernte der Landwirte als auch das Futtermittel in der Weidewirtschaft. Eine kurzfristige Lösung ist laut Vorsorgestrategie zunächst eine verstärkte Bewässerung in den Trockenperioden, um durch eine ausreichende Wasserversorgung Ernteeinbußen zu vermeiden. Langfristig müsse der Anbau mit klimarobusten Pflanzen angepasst werden. Geeignet seien etwa Pflanzen mit geringem Wasserbedarf und höherer Hitzetoleranz.

Hochwasser und Sturzflut: Wenn es um Starkregen und Unwetter im Rhein-Sieg-Kreis geht, wissen unfreiwillig wohl die Wachtberger am besten Bescheid. Dreimal im vergangenen Jahrzehnt – 2010, 2013 und 2016 – traf ein sogenanntes Jahrhunderthochwasser die Gemeinde. Vor drei Jahren mit besonders verheerenden Folgen. Seitdem investiert die Gemeinde aktiv in den Hochwasserschutz und hat zuletzt eine Starkregenkarte veröffentlicht.

Laut Analyse der Region Köln/Bonn wächst das Risiko von Hochwasser und Sturzflut allerdings parallel zur steigenden Einwohnerzahl und dichteren Bebauung im Rhein-Sieg-Kreis. Problematisch sei nicht etwa der Niederschlag, der nicht sonderlich zunehmen wird. Kritisch sei vielmehr die dichte Bebauung in der Nähe von Flüssen und hinter den Deichen. Besonders gefährdet seien dicht besiedelte Städte und Gemeinden an Rhein und Sieg, unter anderem Bonn, Niederkassel, Troisdorf und Sankt Augustin.

Der Vorsorgestrategie zufolge muss der Hochwasserschutz bereits in Bebauungsplänen beginnen. Ähnlich wie bei der Hitzebelastung sollten Städte und Gemeinden Schutzflächen nach dem Baugesetzbuch festlegen. Diese dürfen nicht bebaut werden und dienen dazu, Hochwasser abzufangen sowie abfließen zu lassen. Die Strategie empfiehlt gleichermaßen, weitere Gründämme zu errichten, die das Wasser aufhalten. Auch soziale Infrastruktur wie Krankenhäuser oder Obdachlosenheime solle aus Gebieten verlagert werden, die von Hochwasser betroffen sein könnten.

Trinkwasser: Die knapp 800 000 Einwohner in der Region Bonn/Rhein-Sieg/Ahr erhalten ihr Frischwasser aus der Wahnbachtalsperre bei Siegburg. Laut Wahnbachtalsperrenverband beläuft sich die Versorgung auf 28 Millionen Kubikmeter Trinkwasser pro Jahr. Problematisch ist die Versorgung laut Analyse der Region Köln/Bonn aktuell und wohl auch in Zukunft nicht.

Dennoch beeinflusse der Klimawandel mitunter die Qualität des Trinkwassers. Eine dauerhaft erhöhte Lufttemperatur könne sich auf die Schichtung des Wassers auswirken. Denn: Eine hohe Temperatur des Wassers an der Oberfläche erschwere die Durchmischung mit den tiefen Schichten. Dies könnte zur Folge haben, dass das Tiefenwasser, das in der Regel für die Trinkwasserversorgung verwendet wird, im Extremfall unbrauchbar würde. Zudem könnten längere Hitzeperioden den Boden der Talsperre austrocknen und Risse verursachen, wodurch bei starken Regenfällen Schadstoffe und Krankheitserreger leichter eingeschwemmt werden könnten.

„Der Klimwandel macht nicht vor kommunalen Grenzen halt“, heißt es abschließend in der Vorsorgestrategie. 1500 Exemplare hat die Region Köln/Bonn an Regionalbeauftragte, Kommunen, Räte, Bezirksregierungen und Land NRW versandt. Nun stehen Städte und Gemeinden in der Pflicht, zu überprüfen, welche Maßnahmen aus der Vorsorgestrategie sie umsetzen.

Alle Infos zum Vorsorgepapier unter www.klimawandelvorsorge.de

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