Thomas Kirstges im Interview Wirtschaftsförderer sieht für Hennef noch Wachstums-Potenzial

HENNEF · Für Thomas Kirstges ist die Entwicklung der Stadt Hennef in den vergangenen 35 Jahren eine Erfolgsgeschichte. Der Leiter der Abteilung Wirtschaftsförderung und Tourismus sieht allein den Bevölkerungszuwachs als bemerkenswert an.

 "Behutsame und kontinuierliche Entwicklung": Wirtschaftsförderer Thomas Kirstges vor der Karte der Stadt Hennef.

"Behutsame und kontinuierliche Entwicklung": Wirtschaftsförderer Thomas Kirstges vor der Karte der Stadt Hennef.

Foto: Ingo Eisner

Die Stadt mit ihren 96 Dörfern hat heute mehr als 45.000 Einwohner, womit sie die viertgrößte im Kreis ist. Hennef habe aber noch Entwicklungspotenzial, auch mit Blick auf den Tourismus, sagt Kirstges.

Das Europawochenende ist gerade im Juni über die Bühne gegangen. Ihre Bilanz?
Kirstges: Äußerst positiv. Ich bin sehr zufrieden. Wir hatten bei der Europawoche noch nie so gutes Wetter, und der Mix aus Sport und Kultur war genial. Ich gebe zu, dass wir zu wenig von dem Mottoland Österreich geboten haben. Ab nächstem Jahr werden wir keinen Themenschwerpunkt mehr setzen, denn schließlich geht es um ganz Europa. Da ist man auch flexibler.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Stadt?
Kirstges: Es ist schon beeindruckend, in welch rasanter Geschwindigkeit sich vieles in Hennef in den vergangenen 20 Jahren vollzogen hat. 1978, als ich bei der Stadt anfing, hatten wir 24.000 Einwohner. Mit dem S-Bahn-Haltepunkt und dem Ausbau der A560 ging dann ab den 90er Jahren in punkto Bevölkerungszuwachs wirklich die Post ab. Mittlerweile hat Hennef über 45 000 Einwohner.

Die Stadt scheint besonders für junge Familien mit Kindern attraktiv zu sein. Sämtliche Grundstücke im Neubaugebiet Siegbogen sind mittlerweile verkauft. Wie erklären Sie sich das?
Kirstges: Der Bedarf ist nun mal da. Die Menschen ziehen gerne in eine Stadt, die neben einem Zentrum und einer funktionieren Infrastruktur auch viele Dörfer und reichlich Natur zur Naherholung zu bieten hat.

Apropos Dörfer. Wird es nicht schwierig, vor dem Hintergrund des demografischen Wandels die dörflichen Strukturen aufrechtzuerhalten?
Kirstges: Probleme werden wir bei diesem Thema in Zukunft mit Sicherheit bekommen, weil die Bewohner immer älter werden. Unsere Hauptaufgabe für die Zukunft wird es sein, die Dörfer zu schützen und die Strukturen zu erhalten. Dazu gehört allerdings auch, dass auf jeder brach liegenden Fläche eine Bebauung zugelassen werden sollte, damit die Dörfer nicht irgendwann aussterben.

Wie bewerten Sie die Entwicklung des Einzelhandels?
Kirstges: Wir sind wirklich gut aufgestellt und der Kaufkraftabfluss in Nachbarkommunen ist marginal. Was gefehlt hat, ist ein Elektrofachhandel. Aber diese Lücke wird mit dem Saturn-Markt geschlossen. Mangel herrscht leider bei den Modegeschäften, aber auch da tut sich was.

Viel Ausbaufläche gibt es im Zentrum ja nicht mehr, oder?
Kirstges: Nein. Der Heiligenstädter Platz und das Gelände hinter der Kreissparkasse sind die letzten Flächen mit Potenzial. Die Vermarktung sollte allerdings mit Augenmaß und mit einem Qualitätsanspruch geschehen. Wir dürfen hier keinen Ausverkauf betreiben und die Flächen verramschen.

Der Marktplatz war am Europawochenende proppenvoll - was normalerweise nicht der Fall ist. Woran liegt das?
Kirstges: Mit Sicherheit am tollen Programm der Europawoche und an der Lust der Hennefer, endlich mal wieder unter freiem Himmel zu feiern. Natürlich ist mir bewusst, dass viele Menschen den Marktplatz nicht lieben und ihn als zu kalt empfinden. Aber die Gebäude sind halt so, und nach dem Umbau haben wir doch das bestmögliche an Nutzungsmöglichkeit erreicht. Zumindest für Märkte und Veranstaltungen. Und wir haben keine Leerstände und keine hohe Fluktuation.

Was halten Sie von der Gestaltungssatzung für den Einzelhandel?
Kirstges: Das Gestaltungshandbuch wird ein Mittel, um die Qualität Hennefs als Einkaufsstadt zu steigern, die Satzung das rechtliche Instrument, um ungewollte Dinge zu verhindern. Allerdings sollten darin Wünsche und Vorschläge für die Gestaltung stehen. Vorschriften wie die millimetergenaue Größe eines Sonnenschirms wären nicht zweckdienlich.

Herr Kirstges, was war Ihr persönlich größter Erfolg als Wirtschaftsförderer?
Kirstges: Für mich persönlich gibt es nicht den "größten" Erfolg, aber die Ansiedlung der Firma Mallinckrodt war schon ein großer Deal. Derzeit stehe ich mit einem Maschinenbauunternehmen in Verhandlung, das seine Europa-Zentrale in Hennef einrichten möchte. Allerdings wollen die auch eine Fläche von 20.000 Quadratmetern haben. Dabei handelt es sich noch nicht einmal um einen Produktionsstandort.

Verfügt Hennef überhaupt noch über derart große Flächen?
Kirstges: Das ist genau das Problem, das Fehlen von Flächen. Wir brauchen mehr Flächen in Hennef, aber es muss auch verdichteter gebaut werden. Wir müssen aber auch in der Lage sein, kleinere Grundstücke von 1000 Quadratmetern für mittelständische Betriebe anbieten zu können.

Sie beschäftigen sich ja auch mit dem Thema Tourismus und Naherholung. Hat Hennef da noch Potenziale?
Kirstges: Aber klar. Da gehen mir die Ideen auch nicht aus. Der Natursteig Sieg ist eine Erfolgsgeschichte und für den Kletterwald gegenüber der Sportschule, der mittlerweile etabliert ist, habe ich mich voll eingesetzt. Derzeit entwickeln wir Ideen für einen Segway-Outdoorkurs, den es in dieser Form in Deutschland noch nicht gibt. Hennef ist ein beliebtes Ausflugsziel. 198.000 Übernachtungen im Jahr 2012, davon allein 46.000 in Hotels sowie 226 städtische Führungen sprechen eine deutliche Sprache. Beim Thema Fahrradwege kann aber durchaus noch etwas getan werden.

Was wünschen Sie sich für Hennefs Entwicklung?
Kirstges: Hennef soll sich behutsam und kontinuierlich entwickeln. Wir haben in dieser Stadt eine tolle Lebensqualität, und das muss vor allem erst einmal den eigenen Bewohnern, aber auch den Besuchern verdeutlicht werden.

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