Hennefer Landmaschinenfabrik Wie eine Reise in eine vergangene Zeit

HENNEF · Reuther, Reisert, Steimel, Löhe und Meys - all diese Namen stehen für Personen, die mit der industriellen Entwicklung Hennefs im 19. Jahrhundert eng verbunden sind. Dazu gehörte aber auch ein gewisser Johann Friedrich Jacobi, der 1879 südlich der Eisenbahnstrecke gegenüber dem Hennefer Bahnhof auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei an der Beethovenstraße eine Eisengießerei errichtete.

 Historische Ansicht der Eißengießerei Jacobi, die 1879 gegründet wurde.

Historische Ansicht der Eißengießerei Jacobi, die 1879 gegründet wurde.

Foto: Repro

Jacobi, am 27. August 1841 in Seibersbach im Hunsrück geboren und gelernter Sandgießer, arbeitete zunächst in der "Fabrik landwirtschaftlicher Maschinen Hennef" von Carl Reuther, bevor er sich 1879 mit Hilfe des Finanziers Peter Schmitz de Preé selbstständig machte. Gießermeister Jacobi und Schlossermeister Profittlich sollen dem Vernehmen nach um de Preés' Beteiligung konkurriert haben. Jacobi war der Glücklichere und baute die Eisengießerei J. F. Jacobi auf, die bis zum Konkurs 1991 auch Landmaschinen herstellte. Der Todestag des Gründers dieser Hennefer Firma jährt sich am 6. September zum 100. Mal.

Rudolf Pieper, ehemals Ingenieur bei der Lohmarer Firma Walterscheid und heute Ruheständler, kümmert sich seit Jahren um die umfangreiche Dokumentation der Firmengeschichte. Aktenordner voller Erinnerungen, in denen der 70-Jährige akribisch Bild- und Textmaterial über die Jacobi GmbH gesammelt hat, entführen auf eine Reise in eine längst vergangene Zeit, als Hennefs Industrialisierung in voller Blüte stand. Pieper hat einen ganz persönlichen Bezug zu der Firma. "Ich habe vor meinem Ingenieursstudium bei Jacobi 1965 ein Gießereipraktikum absolviert", erzählt er.

Umfangreiche Recherchen im Stadtarchiv, aber auch Gespräche mit ehemaligen Jacobi-Mitarbeitern und das Sammeln von Text- und Fotomaterial dürften Pieper zu einem herausragenden Chronisten der Firmengeschichte Jacobis machen. Und die begann 1879. Das Unternehmen war anfangs nur ein Gießereibetrieb. Jacobi stellte Grabkreuze, Schirmständer, Feuerschränke, Zahnräder und Riemenscheiben her. Bereits 1897 verfügte Jacobi über 60 Mitarbeiter. Später fertigte die Firma auch Landmaschinen. 1909 änderte Jacobi die Unternehmensform in eine GmbH. Am 6. September 1914 starb der Firmengründer im Alter von 73 Jahren. Nach seinem Tod führten die Söhne Karl und Fritz Jacobi sowie Schwiegersohn Peter Baldus das Unternehmen.

Während des Ersten Weltkrieges fertigte Jacobi Granaten für die Geschossfabrik in Siegburg. Die Nachkriegsjahre und die Inflation führten zu wirtschaftlichen Rückschlägen. 1927 musste die Firma den größten Teil der Belegschaft, die auf über 100 Mitarbeiter angewachsen war, entlassen. In den 30er Jahren erweiterte Jacobi die Palette und fertigte fortan Ackerräder mit Spatengreifer für Traktoren und Schleppermähwerke. Hauptabsatzmarkt für die Landmaschinen von Jacobi waren vor dem Zweiten Weltkrieg Pommern und Westpreußen. Jacobi richtete zudem eine Kundendienstwerkstatt für Deutz-Schlepper ein.

Während des Zweiten Weltkrieges fertigte Jacobi Rüstungsgüter und Fahrzeugteile. Nach dem Krieg war der Bedarf an Landmaschinen durch viele kleinbäuerliche Betriebe noch relativ groß. In dieser Zeit stieß auch Heinz Hübbers zum Unternehmen. 1953 wurde er Prokurist und Verkaufsleiter von Jacobi und ging beim Verkauf von Landmaschinen ganz eigene Wege, um der Kundschaft entgegenzukommen. Er nahm nicht nur alte Traktoren und Geräte, sondern sogar Pferde in Zahlung. In den 1970er Jahren wurde die Eigenfertigung von Landmaschinen mehr und mehr eingestellt, da die Firmen Deutz und Fahr fusionierten und eigene Landmaschinen herstellten.

Jacobi war fortan die Vertretung von Deutz-Schleppern im Siegkreis und in einem großen Teil des benachbarten Kreises Altenkirchen. Ferner waren neben Geräten und Landmaschinen anderer Firmen auch Iveco-Nutzfahrzeuge mit Werkstatt und Tüv-Abnahme im Programm. 1979 feierte das Unternehmen 100-jähriges Bestehen und verfügte über 160 Mitarbeiter. Ab den 1980er Jahren gab es allerdings zunehmend finanzielle Schwierigkeiten. 1991 war für die 130 Mitarbeiter Schluss. Jacobi meldete Konkurs an und schloss die Werkstore für immer.

Nichts erinnert heute mehr an die Firma Jacobi. Da, wo einst Landmaschinen gebaut wurden, stehen heute Wohnhäuser. Einzig Rudolf Piepers Firmendokumentation hält die Erinnerung an das einstige Hennefer Traditionsunternehmen wach.

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