Mobilität in Stadt und Land Von der Bank ins nächste Dorf

Hennef · Wer früher von einem Ort in den nächsten wollte, hielt ein Pappschild in den Händen und den Daumen raus. Inzwischen gibt es dafür Mitfahrerbänke. Die neue Form der Mitfahrgelegenheit soll die Menschen in Hennef mobiler machen.

 Per Anhalter übers Land: Auf der Mitfahrerbank in Speicher (Eifelkreis Bitburg-Prüm) können Bürger warten, bis sie ein Auto mitnimmt.

Per Anhalter übers Land: Auf der Mitfahrerbank in Speicher (Eifelkreis Bitburg-Prüm) können Bürger warten, bis sie ein Auto mitnimmt.

Foto: picture alliance / dpa

Hinsetzen, abwarten und im nächsten Auto mitfahren, das anhält – das ist das Konzept der Erfindung, die ihren Ursprung in der Verbandsgemeinde Speicher in Rheinland-Pfalz hat. Ein umklappbares Schild zeigt dabei den Ort an, in den es gehen soll.

Eine solche Mitfahrgelegenheit wünschen sich die Christdemokraten Hans-Peter Höhner und Elisabeth Keuenhof auch für die Stadt Hennef. Mit einem Antrag für den Sozialausschuss haben sie sich deshalb an die Verwaltung gewandt. Sie soll prüfen, ob Mitfahrerbänke auch in den Dörfern und Weilern angeboten werden könnten, die nicht vom ÖPNV bedient werden. Denn: In der Stadt der 100 Dörfer, wie Hennef auch genannt wird, sind einige Orte nicht ideal angebunden. Spontan fallen Elisabeth Keuenhof etwa Adscheid, Meisenbach oder Fernegierscheid ein. „Dort fährt zwar das Anruf-Sammel-Taxi, aber es ist doch sehr eingeschränkt“, sagt sie. Problematisch ist das besonders für ältere Menschen, die kein eigenes Auto besitzen und deren Kinder nicht in der Nähe wohnen.

Große Lücken im Nahverkehr und ein Bahnhof, der nur schwer zu erreichen ist – daraus ist im Sommer 2014 in Speicher die erste türkisfarbene Mitfahrerbank vor dem Rathaus entstanden. Initiiert hat sie Ursula Berrens von der Caritas Westeifel. Dabei sollten zunächst nur neue Ruhebänke in Speicher aufgestellt werden. „Dann kam mir die Idee, sie mit Schildern zu versehen“, sagt die Diplom-Psychologin. Denn in Speicher sitze man ohne Auto ziemlich fest. Laut Berrens ist die Bereitschaft hoch, jemanden mitzunehmen und Umwege zu fahren; sie selbst müsse meist nur wenige Minuten warten. Über den Autofahrer seien die Tramper zudem haftpflichtversichert.

„Die Idee ist simpel, aber sie funktioniert. Auch, weil es nicht nur um Mobilität geht, sondern wirklich den Gemeinsinn fördert“, sagt Berrens. „Es sind ja keine Fremden im klassischen Sinne.“ Inzwischen ist die Mitfahrerbank mit dem Orange Social Design Award des Spiegel-Verlags preisgekrönt und ein Exportschlager: Elf stehen in der Verbandsgemeinde Speicher, im Hunsrück gibt es Initiativen, Voßwinkel im Sauerland hat die Idee aufgegriffen – und auch in Eitorf-Merten gibt es dazu Überlegungen.

„Diese unkonventionelle Form der Mitfahrgelegenheit sollte den älteren Mitbürgern auch in unserer Stadt ermöglicht werden, sodass sie kostengünstig ihre Einkäufe und Arztbesuche in der Stadt erledigen können“, sagt Hans-Peter Höhner. So werde auch der Kontakt untereinander gefördert. „Wir wollen dem ÖPNV keine Konkurrenz machen, aber wir wollen probieren, ob es angenommen wird“, sagt Höhner. Und Elisabeth Keuenhof ergänzt: „Ich selbst fahre x-mal am Tag nach Hennef oder Uckerath und könnte jemanden mitnehmen.“

Die Hennefer Politik wird nun am Dienstag, 7. Juni, 17 Uhr, im Sozialausschuss über die Mitfahrerbänke beraten. Die Stadtverwaltung wollte sich auf Anfrage vor der Sitzung nicht zum Thema äußern.

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