50 Familien beteiligt So funktioniert solidarische Landwirtschaft in Hennef

Hennef · In Hennef wird solidarische Landwirtschaft betrieben. 50 Familien sind daran beteiligt und werden mit frischem Gemüse versorgt.

 Solidarisch auf den Feldern unterwegs: Erntehelfer Mike Sering (v.l.) und Marion Pohl freuen sich mit Ina Dürr und der Studentin Selina Fuhrmann über die Ernte.

Solidarisch auf den Feldern unterwegs: Erntehelfer Mike Sering (v.l.) und Marion Pohl freuen sich mit Ina Dürr und der Studentin Selina Fuhrmann über die Ernte.

Foto: Inga Sprünken

Die Sonne scheint, drei Frauen und ein Mann arbeiten auf einem Acker. Sie ernten Kartoffeln, Gemüse und Franzosenkraut. "Daraus kann man einen leckeren Salat machen", sagt Selina Fuhrmann über das Wildkraut, das zwischen den Kartoffeln wächst. Seit zweieinhalb Jahren arbeitet die Studentin der Agrar- und Tierwirtschaft auf dem Hanfer Hof. "Auch das Kraut der Radieschen kann man verwenden", fügt Ina Dürr hinzu. Sie ist zwar nicht auf dem Hof angestellt, arbeitet aber ehrenamtlich auf dem Feld mit. Denn sie ist Mitglied des Netzwerkes Solidarische Landwirtschaft.

Teilen der Ernte

"Wir betreiben das seit sechs Jahren nach dem Prinzip, dass man sich die Ernte teilt", erzählt Bio-Bauer Bernd Schmitz. Gemeinsam überlegen die 50 beteiligten Familien jedes Jahr, was angebaut wird. In der Regel sind das Kartoffeln und Gemüsesorten wie Radieschen, Zwiebeln, Lauch, Kohlrabi, Tomaten, Zucchini, Sellerie, Möhren, Pastinaken, im Winter Kohlsorten wie Weiß- und Rotkohl sowie Wirsing. Für einen monatlichen Beitrag von 70 Euro erhalten die Mitglieder wöchentlich das, was geerntet wird und haben damit eine direkte Anbindung an den Betrieb. "Dabei geht es auch darum, den Verbrauchern Boden, Anbau und Ackerbau als Nahrungs- und Lebensgrundlage näherzubringen", sagt Schmitz mit Blick auf das wachsende Verständnis für den Einfluss der Witterung oder von Schädlingen wie Kartoffelkäfern auf die Ernte.

"Bisher haben wir es immer geschafft, die Mitglieder rund ums Jahr zu versorgen. Auch im Winter gibt es stets frisches Gemüse", sagt Schmitz. Dabei sei es im Frühling viel schwieriger. "Es wird schon mal eng, wenn die Lagerwaren aufgebraucht sind", sagt der Biobauer. Trotzdem gebe es auch dann noch dreimal im Monat eine Lieferung.

Vorzucht in Gewächshäusern

Möglich wird das unter anderem durch die Vorzucht in Töpfen in den Gewächshäusern. Gemüsesorten wie Kürbisse hingegen reichen über den Winter hinweg bis zum Frühling. "Die Mitglieder lernen viel über saisonale Ernährung", berichtet Schmitz von der besseren Verträglichkeit der auf natürliche Weise angebauten Produkte. "Die Natur bringt genau das, was der Mensch gerade braucht", sagt er. Alles kommt erntefrisch auf den Tisch, es gibt keine langen Transportwege. Freitagmorgens wird geerntet, und ab Mittag können die Mitglieder das Gemüse am Hof abholen. Wer weiter weg wohnt, kann sich seine Gemüsekiste in Pützchen oder in Hennef abholen.

Letztere Abholstation ist die von Ina Dürr. Als Mitglied bringt sich die Mutter von drei Kindern gerne ein. In ihrem Depot holen 14 Familien ihre Kisten ab. Manchmal liefert sie sie auch mit ihrem Lastenfahrrad aus. "Das ist eine gute Sache, die man hier unterstützen kann", sagt sie, die Wert darauf legt, ihre Kinder an eine natürliche Lebensweise heranzuführen. Darum sind die Kids auch schon mal mit vor Ort und helfen beim Gießen. "Ich bin gerne an der frischen Luft. Und wir sind hier eine tolle Truppe", begründet sie ihr Engagement. Die Truppe besteht aus einem Gärtner, zwei Aushilfskräften und der Agrar-Studentin, die bald weiterziehen wird, weil sie ihren Master in Tierwirtschaft machen will.

Monatliche Treffen

"Man bekommt einen ganz anderen Bezug zum Essen", sagt Dürr, die es schätzt, die Lebensmittel vom Aussäen bis zur Ernte zu begleiten. Bei den monatlichen Treffen der Soli-Mitglieder wird geplant und besprochen, etwa auch, wie es in Bezug auf den Klimawandel weitergehen soll. Gedacht wird an eine Bewässerungsanlage für die 1,5 Hektar Anbaufläche.

 Überlebenstrainer Johannes Hartmann unterweist junge Menschen im Jurtenbau.

Überlebenstrainer Johannes Hartmann unterweist junge Menschen im Jurtenbau.

Foto: Inga Sprünken

Jurtenbau

Direkt neben dem Feld, auf dem die Mitglieder der Solidarischen Landwirtschaft das Gemüse anbauen, wird eine Jurte aus Haselzweigen gebaut. "Das geschieht im Rahmen des SCI Workcamps", erklärt Johannes Hartmann. Der Betreiber der Firma "Wildmensch.de" befasst sich mit Überlebenstraining und unterweist sechs junge Leute aus verschiedenen Ländern sechs Tage lang im Jurtenbau. Das geschieht im Rahmen eines Projektes des SCI (Service Civil International), bei dem es um Austausch und Friedensarbeit geht, wie Gruppenleiterin Nora Stahl aus Dresden erklärt. Insgesamt zwei Wochen sind die Freiwilligen aus Mexiko und der Türkei in Deutschland zu Gast, um gegen Kost und Logis am Workcamp teilzunehmen. Die Jurte soll später zu Seminarzwecken des Hanfer Hofs sowie als Unterschlupf für die Mitarbeiter bei schlechtem Wetter dienen.

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