Umstellung für Mensch und Tier So wirkt sich die Zeitumstellung in der Region aus

Rhein-Sieg-Kreis · Sonntag beginnt die Winterzeit: Beruflich birgt das für etliche Bereiche Nachteile. So zum Beispiel für einen Landwirt, der dadurch wirtschaftliche Nachteile hat.

 Für den Arzdorfer Landwirt Bernd Welsch könnte die Zeitumstellung mit Blick auf seine Milchwirtschaft entfallen.

Für den Arzdorfer Landwirt Bernd Welsch könnte die Zeitumstellung mit Blick auf seine Milchwirtschaft entfallen.

Foto: Axel Vogel

In der Nacht zu Sonntag werden die Uhren eine Stunde zurückgestellt: Die Winterzeit beginnt, die europaweite Diskussion über die Abschaffung der Zeitumstellung geht weiter. Bei einer repräsentativen Umfrage in NRW hat die Krankenkasse DAK-Gesundheit kürzlich herausgefunden, dass nur noch 18 Prozent der Befragten die Zeitumstellung für sinnvoll halten – im Jahr 2014 waren es laut DAK noch 27 Prozent. Ein weiteres Ergebnis der aktuellen Befragung: 29 Prozent berichten von gesundheitlichen Problemen nach der Zeitumstellung.

„Eine Stunde weniger Schlaf? Das hat schon mal Auswirkung auf die Laune die Bewohner“, haben Jennifer Beckensträter und Vera Vollbrecht, Pflegefachkräfte im Seniorenzentrum Marienhof in Bad Honnef-Rhöndorf, festgestellt. Schwieriger als die Umstellung auf die Winter- sei jedoch die auf die Sommerzeit im März. „Die Bewohner sind dann beim Wecken häufig noch müde“, so Vollbrecht. „Aber auch die Pfleger hatten ja alle eine Stunde weniger Schlaf.“

60 Minuten mehr oder weniger könnten auch durchaus schon mal Auswirkungen auf den Medikamentenplan haben, etwa bei der Gabe von Antibiotika. „In meinen Augen bringt die Zeitumstellung keine großen Vorteile und könnte abgeschafft werden“, so Beckensträter. Sollte sich Deutschland im kommenden Jahr für diese Variante entscheiden, wären die beiden Frauen dafür, dauerhaft die Winterzeit einzuführen: „Es ist besser, wenn es im Winter morgens früher hell wird.“

Der Arzdorfer Landwirt Bernd Welsch, wäre ebenfalls nicht unglücklich, wenn sich das Thema Zeitumstellung komplett erledigen würde. Schließlich beschert ihm das zweimalige Umstellen der Uhr pro Jahr handfeste wirtschaftliche Nachteile für seine Milchviehwirtschaft. Das hat vor allem mit dem Verhalten der rund 100 Kühe zu tun, deren Milchleistung die zentrale Stütze des Betriebes ist: „Die Kühe sind an die festen Melkzeiten gewöhnt.“ Und zwar zwei Mal am Tag, pünktlich um 5.30 Uhr und um 17.30 Uhr.

„Wenn das mal eine halbe Stunde später wird, fangen die Tiere bereits zu blöken an“, erklärt Landwirt Welsch. Durch die Umstellung der Uhr komme der Rhythmus durcheinander: „Die Milchleistung der Kühe verringert sich etwa zehn Tage lang“, betont er. Das könne man auch nicht komplett dadurch auffangen, dass man versuche, die Zeitumstellung zu lenken, indem die Kühe ein Stück weit früher beziehungsweise später gemolken würden. Unterm Strich verursacht die Zeitumstellung eine Minderung der Milchleistung, die sich jährlich auf etwa 4000 Liter beziehungsweise über 1000 Euro beziffern lasse, sagt Welsch. „Da die Zeitumstellung laut Experten auch beim Thema Energieeinsparung nichts bringt, sehe ich keine Vorteile.“

Lothar Nehren ist Leiter der Kindertagesstätte Haus Regenbogen in Bornheim. Für ihn ist eindeutig, dass die Zeitumstellung für die Kinder von Nachteil ist: „Wir Erwachsene richten uns nach der Uhr, das können Kinder in dem Alter noch nicht“, erklärt er. Die Kleinen seien nach der Umstellung oft müde und unausgeruht, weil sie die Umstellung aus ihrem natürlichen Rhythmus bringe. „Früher dachte man, dass dadurch effektiver gewirtschaftet und Geld gespart werden kann. Aber da das nicht so ist, sollte man eher an das Wohl der Kinder denken“, so Nehren. Damit die Kinder nicht zu so einer unnatürlichen Umstellung gezwungen sind, ist der Kitaleiter für eine Abschaffung und stattdessen für eine dauerhafte Sommerzeit: „Dann ist es auch abends länger hell“, so Nehren.

Technisch ist die Zeitumstellung für die Stadtwerke Bonn (SWB), die unter anderem die Stadtbahnlinie 66 zwischen Siegburg und Bad Honnef betreibt, kein Problem, so SWB-Sprecherin Veronika John. Die Umstellung in den Bordcomputern geschehe automatisch. Organisatorisch wäre es zwar laut John noch einfacher, wenn die Zeitumstellung 2019 wegfallen würde, aber bereits jetzt sei es kein Problem. „Wir nehmen es so, wie es kommt“, sagte die Sprecherin. Für die Fahrgäste der SWB solle die Umstellung am Wochenende bestenfalls gar nicht spürbar werden, so John. Bei Nachtbussen oder der Linie 66 werde im Zuge der Umstellung für die zusätzliche Nachtstunde einfach eine weitere Fahrt eingeschoben. Für die Fahrer bedeutet das, anders als bei der Uhrumstellung im Frühjahr, geringe Mehrarbeit.

Die Auswirkungen der Zeitumstellung für die Regionalverkehr Köln (RVK), die Busse unter anderem im linksrheinischen Kreis betreibt, ist „nicht der Rede wert“, wie RVK-Sprecherin Diana Jerchel mitteilt. Lediglich eine Nachtbuslinie, die N 89 zwischen Bonn und Meckenheim, sei während dem Umstellungszeitraum im Linksrheinischen im Einsatz und daher betroffen. „Der Nachtbus startet um 2.40 Uhr nach Sommerzeit“, so Jerchel.

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