Weniger Fälle, weniger Ärger So läuft das Corona-Management im Rhein-Sieg-Kreis

Rhein-Sieg-Kreis · Die Zeit der Pannen zu Beginn der Corona-Pandemie scheint vorbei zu sein: Bürgermeister berichten, dass die Zusammenarbeit mit dem Kreis besser läuft. Wo es hakte, zeigt der Fall einer erkrankten Frau, die sich vom Gesundheitsamt alleingelassen fühlte.

 Im Siegburger Kreishaus laufen die Fäden des Krisenmanagements und der Krisenkommunikation zusammen.

Im Siegburger Kreishaus laufen die Fäden des Krisenmanagements und der Krisenkommunikation zusammen.

Foto: Meike Böschemeyer/MEIKE BOESCHEMEYER

Es gibt immer noch einige Corona-Meldungen aus dem Kreisgesundheitsamt, die zu spät bei den Kommunen ankommen, aber im Großen und Ganzen klappt die Zusammenarbeit mit dem Kreis besser, hieß es am Montag aus den Rathäusern. Die Erfahrungen in den einzelnen Ordnungsämtern sind offensichtlich unterschiedlich. Am Donnerstag kamen in Bad Honnef wieder drei Benachrichtigungen aus dem Kreisgesundheitsamt mit Quarantäneverfügungen für März an.

Wie berichtet, schickt das Gesundheitsamt Listen an die Kommunen, welche Personen aus ihren Zuständigkeitsbereichen als nahe Kontaktpersonen oder aufgrund eines positiven Testergebnisses in Quarantäne geschickt werden sollen.

Handgeschriebene Namenslisten per Fax

Teilweise seien das handgeschriebene Listen, die per Fax versendet würden. „Auf den Listen stehen Personen zum Teil mehrfach drauf – mit unterschiedlichen Kombinationen von Vornamen und Nachnamen.

Das lässt die Vermutung zu, dass nicht die Ressourcen, sondern der Prozess das Problem ist. Beim Kreis weiß die eine Hand nicht, was die andere tut“, so ein Insider aus Bad Honnef.

Vorgänge haben sich eingespielt

Das kann Peter Sonnet, stellvertretender Pressesprecher der Stadt Troisdorf, aus dem Ordnungsamt der größten Stadt im Kreis allerdings nicht bestätigen. „Es stimmt, dass es anfangs Probleme mit veralteten Listen gab. Aber aus unserer Sicht hat sich das normalisiert, zumal wir ja jetzt glücklicherweise auch nicht mehr so viele Corona-Fälle in Troisdorf haben.“

In Siegburg habe es zu Anfang auch „das ein oder andere Abstimmungsproblem gegeben“, sagt Bürgermeister Franz Huhn. „So hätten etwa von Anfang an mehr Mitarbeiter in der Ermittlung der Kontakte eingesetzt werden müssen.“

In der Krise lernen alle ständig dazu

Immerhin habe seine Stadt dem Kreis zehn Mitarbeiter zur Verfügung gestellt. „In der Corona-Krise mussten wir alle von Anfang an lernen und lernen immer noch. In allen Krisenstäben und in der Zusammenarbeit mit dem Rhein-Sieg-Kreis hat aber die Richtung immer funktioniert. Unterwegs sind dabei auch Fehler gemacht worden.“

Ähnlich äußert sich Rüdiger Storch, Bürgermeister von Eitorf. Er meinte, dass sich das Gesundheitsmanagement des Kreises nach holprigem Anfang sehr deutlich verbessert habe und nun gut laufe. „Die Listen sind aktuell, und wir bekommen die Fälle zeitnah gemeldet.“

Verfügungen kommen an, wenn die Quarantäne vorbei ist

Lohmars Bürgermeister Horst Krybus zeigte sich zufrieden mit der Arbeit des Kreises. „Am Anfang hat es etwas geruckelt, aber das ist ja normal in Krisensituationen.“ Dass Corona-Meldungen zu spät bei den Kommunen ankämen, könne passieren. „Das ist vom Kreis aber alles erklärt worden.“

Auf Anfrage teilte Bornheims Bürgermeister Wolfgang Henseler mit, dass auch hier Informationen zur Zustellung von Quarantäne-Verfügungen spät gekommen seien – ohne weiter ins Detail zu gehen. Er wolle den Kreis nicht schelten, es müsse aber Klarheit geben, wo­ran das liege.

Henseler betonte die Kompetenz der Behörden vor Ort. Wenn etwa bestimmte Adressen auf den Kreislisten stünden, wisse er sofort, ob es sich um eine Senioren- oder Flüchtlingseinrichtung handelt. Es sei wichtig, dass Kreis und Kommunen intensiv zusammenarbeiten und auch kontrovers diskutieren.

Ständig neue Anweisungen des Landes sind ein Problem

Die größte Herausforderung in der Corona-Krise sieht Henseler darin, sich auf die relativ schnell aufeinanderfolgenden Regelungen seitens des Landes einzustellen.

Diese Einschätzung teilt auch die Gemeinde Alfter. Mit der Zusammenarbeit mit dem Kreis sei man aber sehr zufrieden, so Gemeindesprecherin Maryla Günther. Es gebe einen direkten Dialog, in dem Fragen unmittelbar und kollegial geklärt würden.

Probleme mit Quarantäne-Verfügungen gab es laut Günther auch in Alfter. Allerdings habe es sich um ganz wenige Einzelfälle zu Beginn der Krise gehandelt.

„Die Corona-Krise stellt uns alle vor eine große Herausforderung. Da ist es doch verständlich, dass sich gewisse Abläufe zuerst einspielen müssen, ehe sie reibungslos funktionieren“, sagt Meckenheims Bürgermeister Bert Spilles.

Das Zusammenspiel zwischen Kreis und der Stadt Meckenheim läuft laut Spilles einwandfrei, man profitiere von einem direkten und offenen Austausch untereinander.

Der Königswinterer Bürgermeister Peter Wirtz berichtete auf Anfrage des GA: „Es hat bei der Kontaktverfolgung bisher gehapert. Auch in Königswinter gab es Fälle, bei denen die Quarantänezeiten schon fast abgelaufen waren, als unser Ordnungsamt die Ordnungsverfügungen zustellen konnte. Die Kollegen und ich haben gemeinsam mit dem Landrat festgestellt, dass es im Gesamtprozess noch Verbesserungspotenzial gibt.“

Wie berichtet, gab es auch Kritik aus Sankt Augustin, Bad Honnef und Rheinbach. Es sei vereinbart worden, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, damit die Verfügungen schnellstmöglich zugestellt werden könnten, so Wirtz.

„Von den Kommunen sind 120 Personen – davon etwa acht bis neun aus Königswinter – abrufbereit, wenn sie vorher geschult werden. Das ist vom Kreis bisher nicht in Anspruch genommen worden, weil man in der Lage sei, dies noch mit eigenen Leuten abzudecken“, sagte Wirtz.

Personelle Engpässe gibt es Landrat Sebastian Schuster zufolge aktuell im Gesundheitsamt nicht. Für die Nachverfolgung der Kontakte stünden genügend Mitarbeiter zur Verfügung, sagte er am Freitag.

Auf eine aktuelle Anfrage der Grünen-Kreistagsfraktion teilte er mit: „Die Bereiche Gesundheitsamt und Bevölkerungsschutz werden zudem mit Personal aus anderen Abteilungen unterstützt.“

Vor einigen Wochen hatte das Kreisgesundheitsamt in den täglichen Pressekonferenzen noch Überlastung gemeldet. Es war die Zeit, als die Corona-Infektionen exponentiell anstiegen. Am Freitag, 20. März, berichtete Kreisgesundheitsamtsleiter Rainer Meilicke, dass an diesem Tag noch 800 Menschen vergeblich auf Rückruf warteten, die Fragen an das Gesundheitsamt hätten oder über ihren Fall sprechen wollten.

Nur wenige Tage später bekam eine 42-Jährige aus Königswinter ihr positives Testergebnis und musste in Quarantäne. Mehrere Tage wartete sie auf den vom Hausarzt angekündigten Anruf vom Gesundheitsamt.

Sie hatte schon eine Liste mit Kontakten erstellt, „danach wurde ich aber nie gefragt“, berichtete die Frau dem GA. Sie habe Handwerker und Kinderarzt selbst über ihre Infektion informiert. Auch ihr Mann sei nie offiziell in Quarantäne geschickt worden, sagte sie.

Die Familie sei natürlich trotzdem zu Hause geblieben und informierte sich vor allem im Internet. Sie fände es wichtig, dass Menschen in Quarantäne auch medizinische Unterstützung bekommen, so die 42-Jährige. Sie fühlte sich vom Gesundheitsamt alleingelassen und möchte mit ihrer Stimme helfen, „damit andere besser betreut werden“.

Die personelle Ausstattung bleibt offenbar ein Dilemma. Der Landrat sagte zuletzt, dass er die 120 Mitarbeiter für die Kontaktverfolgung nicht „auf Vorrat“, sondern erst bei steigenden Infektionszahlen einsetzen dürfe.

Andererseits berichtete er auf Anfrage der SPD-Kreistagsfraktion, dass die Hygieneaufsicht des Gesundheitsamtes „aufgrund der Belastungssituation durch Aufgaben im Kontext der Pandemie keine Begehungen“ in Altenheimen durchführen konnte.

In der Telefonkonferenz der Bürgermeister mit dem Landrat hat es am vergangenen Donnerstag nach GA-Informationen eine lange Aussprache zu dem Thema gegeben. Kreispressesprecherin Rita Lorenz schrieb am Montagnachmittag alle Pressesprecher im Rhein-Sieg-Kreis inklusive Kreispolizeibehörde sowie Bonner Polizeipräsidium „aus aktuellem Anlass“ an.

Lorenz erinnerte „an unsere seit Jahren gut gelebte Praxis“, die in den Zeiten der derzeitigen Krise um so wichtiger sei und bat darum, dass „Presseanfragen – insbesondere jene, die die Zusammenarbeit zwischen Rhein-Sieg-Kreis und Kommunen oder aber jene, die Themen ansprechen, die sowohl den Kreis als auch die Kommunen betreffen – untereinander kommuniziert werden. Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass es uns nur durch gegenseitiges Wissen gelingen wird, weiterhin eine so wohlwollende Presseberichterstattung zu erhalten wie wir sie nun seit mehr als zwei Monaten haben“, so die Pressesprecherin des Kreises.

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