Landwirtschaft in Niederkassel Hightech statt Bauernhofromantik

NIEDERKASSEL · Der Beruf des Landwirts hat sich stark gewandelt, ebenso wie sein Image. Der Niederkasseler Peter Capellmann liebt seine Arbeit nach wie vor. Ein Hof-Besuch.

 Landwirt Peter Capellmann (vorne) und Sohn Georg mit einem GPS-gesteuerten Mähdrescher. FOTO: WELT

Landwirt Peter Capellmann (vorne) und Sohn Georg mit einem GPS-gesteuerten Mähdrescher. FOTO: WELT

Foto: Foto: Martina Welt

Wenn bei Georg Capellmann um 6 Uhr früh im Jahr 1957 der Wecker klingelte, ging es zum Kühe melken oder Schweine füttern. Für seinen Sohn Peter Capellmann (56) klingelt der Wecker zwar ähnlich früh, aber er verbringt rund 40 Prozent seiner 50 Stunden Woche mit der Entwicklung von Strategien, der Erstellung von Bilanzen. Der Beruf des Landwirts hat sich stark gewandelt, wie ein Besuch bei den Capellmanns zeigt.

In der Tasche der Arbeitshose trägt er sein Smartphone immer mit sich und kann sich so unkompliziert mit den Damen im Rollrasenbüro ebenso wie mit seinem Sohn Georg (30) auf dem Mähdrescher oder einem anderen der sechs Mitarbeiter verständigen. An die „gute alte Zeit“, die nach Meinung Capellmanns immer sehr romantisiert dargestellt wird, erinnert nur noch der Fränkische Vier-Seiten-Hof mit der Backsteinfassade aus dem Jahr 1874. Tiere gib es außer den beiden Hofhunden keine mehr auf dem Broicher Hof in Stockem, wo die Familie Capellmann seit 1957 Pächter ist. Heute handele der Landwirt nach einer Strategie, die auf sechs oder sieben Jahre ausgelegt sei und das Ziel verfolge, die Felder möglichst effizient zu beackern. Während Capellmanns Vater rund 70 bis 75 Hektar Land bearbeitete, sind es bei Peter Capellmann 275 Hektar, die er mit fünf Traktoren, einem Mähdrescher, einem Rübenernter, zehn Bodenbearbeitungsmaschinen und diversen Anhängern sowie einer Handvoll Spezialmaschinen für den Rollrasen bearbeitet.

Capellmanns Strategie ist die der Diversifizierung. Neuestes Standbein dabei ist der Anbau von Rollrasen. Außerdem sät und erntet er Zuckerrüben, Winterweizen, Wintergerste und Winterhafer, sowie Raps, Körnermais, Dinkel, Futtererbsen. „Wir bearbeiten die Felder in einer dreigliedrigen Fruchtfolge.“ Das bedeutete, wenn im ersten Jahr auf einem Feld entweder Zuckerrüben oder Raps angepflanzt werden, wird dort im darauffolgenden Jahr Winterweizen ausgesät und im dritten Jahr Wintergerste, Futtererbsen, Körnermais oder Dinkel. Vorher legt Capellmann für seine Felder eine genaue Düngestrategie fest. „Sie beinhaltet neben dem Mitteleinsatz auch die Kostenkalkulation.“ Beides wird regelmäßig überprüft.

Seit 1985 gibt es die Gewässerschutzkooperation „Drüber und Drunter“, wo 47 der 50 Landwirte am Langeler Bogen organisiert sind. Capellmann war 18 Jahre lang Vorsitzender des Vereins und ist aktuell stellvertretender Vorsitzender. „In einem Dokumentationsprogramm wird genau festgehalten, was und wie viel man gesät und gedüngt hat“, erklärt der staatlich geprüfte Landwirt. Auch die Ergebnisse der Bodenproben die Capellmann alle drei Jahre auf den Feldern zieht, werden dokumentiert, die Düngung wird entsprechen angepasst.

„Wir machen eine Düngebilanz nach der Ernte und entsprechend sieht dann die Düngeplanung für das kommende Jahr aus.“ Phosphat, Stickstoff, Kalium, Magnesium ins richtige Verhältnis zu setzen, ist Voraussetzung dafür dass die Pflanzen gedeihen. Damit der Dünger ebenso wie Pflanzenschutzmittel genau nach Kalkulation ausgebracht werden können, hat Capellmanns Fuhrpark einiges an Hightech zu bieten. Automatische Lenksysteme und ein Parallelfahrsystem – gesteuert per GPS – sorgen dafür, dass es keine Überlappungen mehr gibt. Trotz der enormen Größe schaffen es die modernen Maschinen, zentimetergenau zu düngen oder zu säen. Auch der Mähdrescher mit seiner Breite von 3,50 Metern und der Höhe von vier Metern, fährt per GPS-System alleine übers Feld, wenn die Anfangsrunde gemacht wurde.

Was Capellmann am meisten aufregt, ist die seiner Meinung nach politisch gesteuerte Panikmache, wenn es um Düngung oder gar Pflanzenschutz geht. „Konventionelle Landwirtschaft ist nicht gefährlich“, sagt er. „Wenn ich mit der Pflanzenschutzspritze komme, grüßt mich kein Mensch mehr.“ Glyphosat zum Beispiel sei eigentlich ein harmloses Mittel, und der festgesetzte Grenzwert im Grundwasser entspreche einem Zuckerklümpchen in 50 Millionen Liter Wasser. „Da bleiben wir drunter, und das gilt für alle Pflanzenschutzmittel.“

Und die Berufsausbildung? Das Niveau steigt stetig. „Dennoch wird den Menschen suggeriert, dass wir nicht wissen, was wir tun.“ Dieses Schüren von Ängsten sei ein großes gesellschaftliches Problem. Auch wenn sich der Beruf des Landwirtes und seine Wahrnehmung stark gewandelt haben: Peter Capellmann weiß genau, was er daran so mag. „Jedes Jahr ist anders, ich kann die Natur beobachten, analysieren, reflektieren und mich weiterentwickeln.“

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