Bonner Gericht Hennefer kassiert mit fiktiven Verträgen 670000 Euro

Bonn/Hennef · Das Bonner Landgericht verurteilt 59-jährigen Versicherungsagenten wegen Betruges in 15 Fällen zu zwei Jahren mit Bewährung. Der Hennefer wollte immer dem "Club der Besten" angehören.

Respektiert wollte er sein, auch anerkannt bei den Wichtigen seiner Branche. Dafür hatte der Inhaber einer Versicherungsagentur in Hennef „rechtschaffen, zielstrebig und fleißig gearbeitet“, so gestern der Vorsitzende der 3. Großen Strafkammer des Bonner Landgerichts, Klaus Reinhoff. Dass er einmal als Krimineller auf der Anklagebank sitzen würde, das hätte der 59-Jährige für ausgeschlossen gehalten. Dann aber kam 2007 die Diagnose einer Erkrankung, die nicht heilbar ist und die ihn sehr einschränkte. Unter anderem musste der Vertreter 2011 seinen Führerschein abgegeben. Damit war sein Geschäftsziel, im Ranking der Versicherung, für die er seit der Lehre gearbeitet hatte, im „Club der Besten“ gefeiert zu werden, unerreichbar.

„Im Kampf um Anerkennung verließ ihn das Rechtsgefühl“, so Reinhoff. Der Agent fingierte fortan Verträge, unter anderem schloss er auf die Namen von Bekannten und deren Kindern private Rentenversicherungen ab, ohne dass sie davon wussten, oder fingierte Gebäudeversicherungen für ganze Straßenzüge, die gar nicht existierten. Dabei kassierte er Provisionen in Höhe von 670 000 Euro.

Verjährung eingesetzt

Wegen Betruges in 15 Fällen wurde der Familienvater gestern zu zwei Jahren mit Bewährung verurteilt. Dabei waren die Bonner Richter von einem Schaden von 306 000 Euro ausgegangen, da weitere Fälle wegen Verjährung strafrechtlich nicht mehr zu sanktionieren waren. Aber zivilrechtlich werde er noch genügend „mit der Schadenswiedergutmachung zu tun“ haben. Neben seinem offenen Geständnis ein Grund mehr, dem Angeklagten einen „Aufenthalt im Gefängnis zu ersparen“.

„Menschlich tragisch“ bezeichnete Reinhoff die Geschichte des Angeklagten, dessen „geradliniger Lebensweg“, ausgelöst durch Krankheit, plötzlich einbricht. „Dennoch rechtfertigt das keine einzige Straftat.“ Neben der eigenen Erkrankung gab es eine zweites Unglück: Sein Geschäftspartner, mit dem er seit 2008 die Agentur in Hennef gemeinsam betrieben hatte, verunglückte beim Bergsteigen – und war nur eingeschränkt arbeitsfähig. Dennoch wurden die Einnahmen hälftig geteilt. Von den Manipulationen habe sein Partner jedoch nichts gewusst, hatte der 59-Jährige versichert. „Das ist meine Verantwortung. Auch die Wiedergutmachung des Schadens.“ Durch den Betrug, so Reinhoff, habe der Angeklagte alles verloren, nicht nur seinen Job, sondern auch Akzeptanz und Wertschätzung, die ihm so wichtig waren. Auch seine Familie soll sich von ihm abgewandt haben. Allerdings bekommt der Ex-Agent, der heute Zeitungen austrägt oder auch Nachhilfeunterricht gibt, wegen seiner Erkrankung noch eine Erwerbsunfähigkeitsrente von 4700 Euro.

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