Traumreise endet als Albtraum Ehepaar aus Hennef sitzt auf Kreuzfahrtschiff fest

Hennef · Es war ihr Traum: eine Weltreise mit einem Kreuzfahrtschiff. Im Januar starteten Jürgen und Hildegard Heinzer, doch dann kam die Corona-Pandemie. Seitdem durften sie nicht mehr von Bord gehen.

 Weltreise mit rund 1800 Passagieren an Bord: Das Kreuzfahrtschiff Costa Deliziosa vor Bora Bora.

Weltreise mit rund 1800 Passagieren an Bord: Das Kreuzfahrtschiff Costa Deliziosa vor Bora Bora.

Foto: privat

Jürgen und Hildegard Heinzer wollten sich einen Traum erfüllen: Der ehemalige Leiter der Richard-Schirrmann-Schule und seine Frau traten im Januar eine Weltreise auf dem Kreuzfahrtschiff Costa Deliziosa in Venedig an. Die Reise entwickelte sich zu einem Albtraum. Wochenlang waren die Hennefer mit 1800 weiteren Passagieren auf dem Schiff gefangen. Land war zwar immer wieder in Sicht, verlassen durfte das Schiff aber niemand – aufgrund der Corona-Krise. Erst jetzt zeichnet sich ein Ende der Odyssee ab: Am Mittwoch fliegen Heinzers zurück nach Deutschland.

„Wir haben im engen Zusammenspiel mit der Bundesregierung probiert, die Rückreise der Passagiere zu organisieren, kassierten aber überall Absagen“, berichtete Jörg Rudolph, General-Manager der Costa-Reederei, dem GA. Nun sei es gemeinsam mit der Bundesregierung gelungen, dass die Costa Deliziosa im Hafen von Genua einlaufen darf.

Rückflug nach Deutschland am Mittwoch geplant

Die Rückflüge für die Passagiere sind laut Rudolph gebucht. „Meine Frau und ich sind erleichtert, dass wir das Schiff am Mittwoch in Genua verlassen können“, sagte Jürgen Heinzer, während das Kreuzfahrtschiff vor Barcelona ankerte.

Der Weg zu dieser Lösung war beschwerlich. Die Costa Deliziosa hatte über Wochen in Häfen auf Mauritius oder La Réunion haltgemacht, doch nur für technische Zwischenstopps.

Letzter Landgang Mitte März in Australien

„Im australischen Albany fand am 14. März der letzte Landgang für die Passagiere statt“, erzählte Heinzer. „Mein Vorwurf an die Reederei ist, dass sie zwei Tage später in Perth die Möglichkeit einer Ausschiffung der Passagiere nicht genutzt hat. Diese Möglichkeit war da.“

„Ich habe mir natürlich große Sorgen gemacht“, sagt Heinzers Tochter Veronique. Sie sei erleichtert, dass die Eltern nun nach Wochen der Ungewissheit heimkehren. Sie stand ständig in engem Kontakt mit ihren Eltern und versuchte, Lösungen zu finden.

Wochenlange zermürbende Ungewissheit

„Meine Eltern kamen sowohl physisch als auch psychisch nach fünf Wochen ohne einen Landgang und ohne die Perspektive einer Ausschiffung an ihre Grenzen.“

Die Ungewissheit und der mangelnde Informationsfluss an Bord sei für die Passagiere zermürbend und „nicht mehr hinnehmbar“ gewesen. Zumal es einen Corona-Verdacht an Bord gab: Ein Mann wurde am Donnerstag vor Sizilien ausgeschifft und an Land gebracht.

Corona-Verdacht an Bord

Die anderen Passagiere durften bis Freitagabend ihre Kabinen nicht verlassen. Dann die erlösende Nachricht: Der Test war negativ. „Diese Information erhielten die Reisenden allerdings zunächst aus den Medien, bevor sich der Kapitän am Freitagabend gegen 22 Uhr an sie wandte“, berichtet Veronique Heinzer.

Ihre Eltern waren indes nicht untätig. Sie und 180 weitere Passagiere verfassten einen Brief an Kapitän Nicolo Alba, an die Reederei Costa Deutschland und an das Auswärtige Amt, in dem sie forderten, nach Möglichkeiten eines Reiseabbruchs zu suchen und auf schnellstem Weg einen geeigneten Ort zu finden, von dem aus die Passagiere ihre Heimreise antreten könnten.

Passagiere schrieben an die Bundeskanzlerin

Und sie schrieben an Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Wir bitten Sie inständig, sich dafür einzusetzen, dass diese Odyssee bald ein Ende findet und dass die immer noch Corona-freien Passagiere sicher und zügig in ihre Heimatländer gebracht werden“, heißt es in dem Schreiben.

Veronique Heinzer nahm auch Kontakt zum Rhein-Sieg-Bundestagsabgeordneten Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, auf. „Nachdem ich in der vergangenen Woche von Passagieren des Kreuzfahrtschiffs um Unterstützung gebeten worden bin, habe ich mich an das Auswärtige Amt gewandt und auf die Situation hingewiesen. Inzwischen habe ich die Mitteilung erhalten, dass das Auswärtige Amt sich um eine Lösung bemüht“, so der Bundestagsabgeordnete.

Costa-General-Manager Jörg Rudolph informierte Veronique Heinzer und deren Eltern laufend. Warum ist der Informationsfluss nicht auch an Bord gelungen? Rudolph: „Ich weiß es wirklich nicht. Das handhabt jeder Kapitän anders.“

Nun will er alles tun, damit die Passagiere sicher und unversehrt nach Hause kommen. Am Montag durften die spanischen Reisenden das Schiff in Barcelona verlassen. Für Mittwoch ist die Ausschiffung aller anderen Passagiere in Genua geplant.

Laut Jürgen Heinzer hat die Reederei den Kreuzfahrtgästen als Wiedergutmachung Gutschriften und Geld angeboten.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort