Am Berufskolleg Siegburg „Crash Kurs NRW“ klärt Schüler über Unfallgefahren auf

Siegburg · Das Präventionsprogramm „Crash Kurs NRW“ möchte Fahranfänger für die Gefahren im Straßenverkehr sensibilisieren. Rund 200 Schüler waren zu dem Vortrag ins Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises gekommen.

 Schockiert verfolgten die Schülerinnen und Schüler im Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises den Crash Kurs NRW.

Schockiert verfolgten die Schülerinnen und Schüler im Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises den Crash Kurs NRW.

Foto: Hans-Werner Klinkhammels

„Von dem Augenblick, an dem du das Fahrzeug auf dich zukommen siehst, bis zu deinem Tod, vergeht eine Sekunde. Eine Sekunde, in der so viel passiert. Nichts von alle dem kannst du beeinflussen. Du bist nicht angeschnallt. Du wiegst auf einmal 3000 Kilogramm. Deine Knie brechen, das Lenkrad bricht, die Lenksäule bohrt sich in deinen Brustkorb, noch 0,3 Sekunden, dein Kopf knallt durch die Scheibe …“ Die Stimme aus dem Off beschreibt minutiös, was bei einem schweren Unfall passiert.

Knapp 200 Schülerinnen und Schüler sind ins Berufskolleg des Rhein-Sieg-Kreises gekommen, die Oberstufe der Höheren Handelsschule. Es sind diejenigen, die entweder gerade die Führerscheinprüfung bestanden haben oder im Moment dabei sind, den Führerschein zu machen.

Bereits zum fünften Mal gibt es den „Crash Kurs NRW – Realität erfahren. Echt hart“ in Zusammenarbeit mit der Polizei. Monika Stoffer hat ihn initiiert. „Mir kam die Idee zu einer solchen Veranstaltung, nachdem mein Sohn sich mit dem Auto überschlagen hatte. Vier junge Menschen in einem Corsa, das Lenkrad verrissen, weil ein Reh die Fahrbahn querte. Gott sei Dank ist nichts Schlimmes passiert. Danach habe ich diesen Präventionsvortrag initiiert“, sagt sie.

Reale Geschichten und harte Bilder

Für die Schüler ist der Vortrag eine Pflichtveranstaltung. Polizei, Feuerwehr, Notärztin, Bestatter, Sozialarbeiter – sie alle sind eingebunden. Sie versuchen, die jungen Menschen mit realen Geschichten und harten Bildern für die Gefahren des Straßenverkehrs zu sensibilisieren. „Das ist sinnvoll“, sagt Stoffer, „die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler bestätigen das“.

Polizeibeamter Andreas Peters, in der Verkehrsunfallprävention tätig, erklärt seine Intention und die der Kollegen: „Die jungen Menschen sollen sich im Straßenverkehr regelkonform verhalten. Wir wollen hier kein Trauma wecken, man kann auch rausgehen.“ Und das taten dann auch manche Schülerinnen und Schüler, als die ersten Realfilme mit genauen Beschreibungen des Unfallhergangs gezeigt wurden. Mit der Musik von Unheilig untermalt, „Geboren um zu leben“ ging es gedanklich durch den Rhein-Sieg-Kreis, immer mit dem Blick auf die Straßenränder, an denen Kreuze auf Verkehrsunfälle mit Todesfolgen verwiesen.

So erzählte Feuerwehrmann Uli Maas aus Lohmar von einem Unfall im März 2016 auf der Jabachtalstraße, bei der eine 59-Jährige ums Leben kam, weil ein 21-Jähriger wohl etwas im Fußraum suchte – und die beiden kannten sich. Die Notärztin Susanne Herchenbach berichtete von einem Unfall, bei dem ein Betrunkener in eine Fahrradgruppe gefahren war – der Ehemann verstarb noch am Unfallort.

Polizeihauptkommissar Frank Glabian rekonstruiert Unfälle. Er kann physisch alles darstellen, aber die emotionale Seite nicht, bedauerte er. Wenn ein 35-Tonner auf einen Kleintransporter trifft, dessen Fahrer kurz am Steuer eingeschlafen ist, „dann gibt es keinen Raum zum Überleben“. Er müsse die Leichenschau durchführen und es mache ihm keinen Spaß, die Teile „zusammenzubasteln“.

Auch ein Bestatter informiert die Schüler

Auch ein Bestatter ist dabei. Der 53-jährige Norbert Arz ist Vertragsbestatter bei der Kreispolizeibehörde: „Das Schlimmste ist, wenn der Verstorbene am Unfallort in den weißen Sack eingeschlagen wird und sein Handy klingelt mit dem Zeichen ‚Papa ruft an‘“.

Und dann war da noch das Unfallopfer. Nicole Gärtner erzählt von ihren 30 Trümmerbrüchen, Leberriss, Lungenkollaps, Milz- und Gallenblasenverletzungen. Davon, dass sie ihrem neunjährigen Sohn Luca, der auf dem Beifahrersitz saß, durch ihren Griff zur Beifahrertür das Leben rettete. Der Notarzt hatte nicht damit gerechnet, dass sie es lebend bis ins Krankenhaus schaffen würde. Aber sie kämpfte. Sie erzählte, dass sie von den letzten zehn Jahren rund fünf Jahre in Krankenhäusern und Rehakliniken verbracht habe, ihre Träume zerstört, ihre Ehe kaputt sei. Und das alles, weil ein betrunkener Fahrer ohne Fahrerlaubnis sich im Fußraum wohl nach einer weiteren Bierflasche gebückt hatte.

„Wir sind geschockt“, so die Reaktion von Soraya Kunze und Sara Hof. „Mit solchen Bildern hatten wir nicht gerechnet“, gestehen sie und Soraya fügt hinzu: „Ich fahr auf jeden Fall vorsichtig.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort