Zweifel an Herkunft Flüchtlingsfamilie in Hennef kämpft gegen Abschiebung

Hennef · Evangelische Kirche und Kinderschutzbund wollen die drohende Abschiebung verhindern. Zweifel an der Herkunft erschweren die Situation.

 Kämpfen gegen die Abschiebung: (v.l.) Petra Biesenthal, Antje Bertenrath, Besi Khodor Kasim, Gerlinde Kummer und Miro Kheder Kasim. Vorne die Kinder Miro Faiso Khodor Kasim (links) und Vladig Khodor Kasim.

Kämpfen gegen die Abschiebung: (v.l.) Petra Biesenthal, Antje Bertenrath, Besi Khodor Kasim, Gerlinde Kummer und Miro Kheder Kasim. Vorne die Kinder Miro Faiso Khodor Kasim (links) und Vladig Khodor Kasim.

Foto: Ingo Eisner

Miro Kheder Kasim (31) und Besi Khodor Kasim (26) sind verzweifelt. Die beiden, die nach eigenen Angaben als yezidische Kurden in Kerand im Norden Iraks geboren wurden, leben seit 2010 mit ihren beiden in Deutschland geborenen Kindern Miro Faiso Khodor Kasim (7) und Vladig Khodor Kasim (6) in Hennef. Aufgrund einiger Unklarheiten über ihre tatsächliche Herkunft wurde bereits im Juni 2010 ein Asylantrag abgelehnt. Seitdem ist die Familie in Deutschland geduldet, kann allerdings jederzeit abgeschoben werden. Mit einem Antrag der Flüchtlingsberatung des Diakonischen Werkes an den Petitionsausschuss des Landtages sowie mit 500 Unterschriften, die von der Evangelischen Kirchengemeinde Hennef sowie dem Kinderschutzbund Hennef gesammelt wurden, soll nun versucht werden, die Abschiebung der Familie zumindest für die Dauer der Antragsprüfung auszusetzen. Geduldet ist die Familie noch bis zum 6. September.

Hennef verlassen zu müssen, ist für die Familie schwer vorstellbar. Besi ist aufgrund der Geschehnisse und der ständigen Ungewissheit psychisch erkrankt und in medizinischer Behandlung. Der älteste Sohn Miro Faiso Khodor Kasim leidet unter einer starken Sehschwäche. Warum sie als yezidische Kurden ausgerechnet nach Armenien ausgewiesen werden sollen, verstehen sie nicht. „Wir kennen das Land nicht und sprechen auch die Sprache nicht“, sagte Miro Kheder Kasim. Als Cousin und Cousine nach yezidischer Tradition von Geburt an einander versprochen, wurden Miro und Besi als Kinder von Miros Vater (Besis Onkel) in das Dorf Poikowski nach Sibirien gebracht, um die beiden vor dem Regime von Saddam Hussein in Sicherheit zu bringen. Miros Vater kehrte in den Irak zurück.

Miro und Besi lebten fortan bei einer Familie auf einem Bauernhof. Weil sie sich in Sibirien illegal aufgehalten hatten, flohen Miro und die damals bereits schwangere Besi 2010 nach Deutschland. Die Russischkenntnisse des Paares ließen im Laufe des Asylverfahrens beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge allerdings Zweifel über die irakische Herkunft der beiden aufkommen. Auch der irakische Konsul konnte bei einem Zusammentreffen 2012 die irakische Herkunft weder bestätigen noch ausschließen. Irakische Ausweise haben Miro und Besi nicht. Für das russische Konsulat gab es nach einer Prüfung zwar keine Anhaltspunkte für eine russische Staatsangehörigkeit der beiden. Es könnte aber mit einer geringen Wahrscheinlichkeit eine armenische Staatsangehörigkeit vorliegen.

Mit gefälschten Papieren nach Deutschland

Das führte zu einem Treffen mit einer armenischen Experten-Delegation in Bielefeld. Dort seien aber laut Miro keine Fragen gestellt und auch kein Sprachtest gemacht worden. „Mir wurden nur zwei Fotos vorgelegt, auf denen meine angeblichen Eltern abgebildet waren. Ich habe diese Menschen aber noch nie gesehen“, sagte Miro. Sein Vorschlag eines DNA-Tests sei damals abgelehnt worden.

Eine Kontaktaufnahme zu Familienangehörigen im Irak, um ihre Herkunft bestätigen zu können, sei laut Besi aufgrund der Besetzung des Gebietes durch den Islamischen Staat nicht möglich. Dass Miro im Jahr 2014 über ein soziales Netzwerk mit jemandem aus dem Norden Iraks Kontakt aufgenommen und ihn beauftragt hatte, einen irakischen Pass zu besorgen, erschwert die Lage. Denn die Papiere, die Miro erhielt, waren gefälscht. Zwar hatte der Anwalt der Familie bereits 2016 einen Härtefallantrag bei der Härtefallkommission NRW gestellt. Die Klage bezüglich der ungeklärten Frage der Staatsangehörigkeit wurde allerdings vom Kölner Verwaltungsgericht abgelehnt.

Die Familie ist nach acht Jahren in Hennef integriert und spricht deutsch. Sohn Miro Faiso Khodor Kasim besucht die Grundschule Gartenstraße, sein jüngerer Bruder die Kita „Regenbogen“ und würde dieses Jahr eingeschult. Vater Miro hat sogar einen Praktikumsvertrag bei einer Firma für Garten- und Landschaftspflege erhalten. Danach hätte er eine Festanstellung als Gärtner bekommen können. Besi erhielt einen Ausbildungsvertrag als medizinische Fachangestellte. Beide haben jedoch keine Arbeitserlaubnis bekommen. Unterstützung erhält die Familie vom Kinderschutzbund Hennef und von der evangelischen Christuskirchengemeinde. „Ich empfinde es als unzumutbare Härte, Menschen einfach irgendwohin zu schicken, wo sie nicht herkommen“, sagte Pfarrerin Antje Bertenrath.

Die Haltung der Ausländerbehörde des Rhein-Sieg-Kreises ist indes eindeutig. „Die Familie hat nachweislich falsche Papiere vorgelegt“, sagte Kreissprecherin Katja Eschmann auf Anfrage. Die armenische Botschaft hat laut Kreis zugesagt, dass Passersatzpapiere ausgestellt werden, wenn es sich bei Miro und Besi nachweislich um armenische Staatsangehörige handelt. Falls das passiert, muss die Familie Hennef wohl verlassen.

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