Wohlfahrtsverband und Politiker tagten in Hennef Armut in Deutschland auf neuem Höchststand?

Hennef · Am Sonntag trafen sich Mitglieder des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes NRW, des Kinderschutzbundes Troisdorf-Niederkassel und Politiker in den Räumen der kurdischen Gemeinde Rhein-Sieg/Bonn.

Diskutierten den Armutsbericht 2017: (von links) Michael Droste, Hermann Koch und Ingo Kubis.

Diskutierten den Armutsbericht 2017: (von links) Michael Droste, Hermann Koch und Ingo Kubis.

Foto: Stephanie Roller

Schon zu Beginn der Diskussion wurde deutlich: Die Gründe für Armut sind so vielfältig wie die Betroffenen selbst. Nicht selten ist mangelnde Bildung ein Hauptgrund. Dabei spielen die Missstände, die sich aufgrund mangelnder Informationen, durch Kommunikationsprobleme oder bürokratische Hürden immer weiter aufgebaut haben, eine wichtige Rolle. Die Wohlfahrtsverbände sehen die Armut in Deutschland auf einem neuen Höchststand.

Udo Haack, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Rhein-Sieg, war allerdings positiv gestimmt, was die Armutsbilanz in Rhein-Sieg-Kreis im Vergleich zu NRW insgesamt betrifft, denn Regionen wie etwa das Ruhrgebiet seien im Ganzen wesentlich härter betroffen. Dennoch gebe es gerade in einigen Ballungsräumen der 19 von ihm betreuten Städte und Gemeinden im Rhein-Sieg-Kreis durchaus Brennpunkte, die von der Thematik stark betroffen seien. Während der anderhalbstündigen Diskussion kamen nur einige der Probleme zur Sprache, aber solche, bei denen der Schuh am meisten drückt.

Dabei spielte der Sparkurs, der in vielen Ämtern und Jobcentern an der Tagesordnung steht, eine große Rolle: „Die Stellschrauben werden enger gestellt, um mehr Geld zu sparen. Mit jedem Euro, den die Jobcenter nicht ausbezahlen, werden Personalkosten bezahlt“, so Ingo Kubis, Vorstandsvorsitzender des Paritätischen im Rhein-Sieg-Kreis. Parallel dazu explodierten die Verwaltungskosten – Geld werde effektiv verbrannt, ergänzte er.

Michael Droste, Mitglied der Linken aus Königswinter, unterstützte Kubis: „Schnelle Entscheidungen werden oft an den falschen Stellen getroffen. Und wenn das Geld dann gebraucht wird, ist keines mehr da.“ Das gelte auch für Städte und Kommunen, aber besonders für die Ämter. Deren Aufgabe sei es eigentlich, Menschen zu helfen. Doch statt Hilfe fänden die meisten Menschen beim Amt oft etwas anderes vor.

Lothar Berbuir aus dem Kreisgruppenvorstand des Paritätischen sprach besonders die mangelnde Empathie vieler Mitarbeiter an und die fehlende Bereitschaft, mit den Hilfesuchenden tatsächlich auch nach Lösungen zu suchen. Vielmehr häuften sich fehlerhafte Bescheide, und die Betroffenen sähen sich einem „Bürokratiemonster“ gegenüber, wie Michael Droste es nannte. Statt Hilfe aus der Armut heraus kämen viele durch mangelnde Beratung und fehlende Hilfsbereitschaft in eine Abwärtsspirale, aus der nur die wenigsten wieder aus eigener Kraft herausfänden.

Dass es so eigentlich nicht weitergehen kann, darin waren sich die Teilnehmer der Diskussionsrunde einig. Doch es wurde auch klar, dass es zu viele Problemstellen gibt, als dass sie schnell aus der Welt geräumt werden könnten. Für Ingo Kubis stand mit einem Blick nach Berlin fest: „Es fehlt der politische Wille, etwas zu ändern und es auch umzusetzen.“

Der Armutsbericht kann unter www.der-paritaetische.de/armutsbericht heruntergeladen werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort