Humangeograf in Hennefer Meys Fabrik zu Gast Gerhard Henkel sprach über die Zukunft dörflicher Strukturen

Hennef · Der "Dorf-Papst" und Humangeograf Gerhard Henkel spricht sich in der Hennefer Meys Fabrik für den Erhalt der dörflichen Strukturen aus. Es sieht viele Dörfer in der Existenzkrise.

Er gilt als Anwalt des Dorfes, von vielen wird er sogar „Dorf-Papst“ genannt. Humangeograf Gerhard Henkel, seit 1980 Professor am Institut für Geografie an der Universität Essen und seit 2003 an der Uni Duisburg-Essen, beschäftigt sich seit mehr als 45 Jahren mit der Frage, wie die dörflichen Strukturen in Deutschland erhalten werden können. Er ist Verfasser mehrerer Standardwerke zu der Thematik wie „Das Dorf“ und „Rettet das Dorf“. Auf Einladung der Hennefer Arbeitsgemeinschaft der Heimatvereine, dem Verein kivi sowie der Stadt Hennef war Henkel am Donnerstagabend zu Gast in der Meys Fabrik, um gerade in der Stadt der 100 Dörfer seine Sicht zur Zukunftsfähigkeit der dörflichen Strukturen zu erläutern.

„Das Dorf darf nicht sterben“, lautete dann auch der Appell des 1943 im westfälischen Dorf Fürstenberg geborenen Humangeografen an die mehr als 100 Gäste, darunter Landrat Sebastian Schuster und die Bürgermeister Klaus Pipke (Hennef) und Horst Krybus (Lohmar). Es wurde dann auch aufmerksam gelauscht, als Henkel eine Lanze für die dörflichen Strukturen brach, aber auch auf die Schwierigkeiten in der heutigen Zeit hinwies, um Dorfgemeinschaften aufrechtzuerhalten.

„Auch wenn mehr als die Hälfte der Deutschen auf dem Land lebt, befinden sich viele Dörfer in einer Existenzkrise“, sagte Henkel. „Arbeitsplätze, Schulen, Gasthöfe und Läden verschwinden. Die Jungen wandern ab, die Älteren bleiben zurück. Es gibt Stimmen, die sagen, da könne man nichts tun, damit müsse man sich abfinden.“ Henkel hält nichts von solcher Resignation. Er appelliert nicht nur an die Entscheider in den Zentralen, sondern auch an Lokalpolitiker und Dorfbewohner und lieferte Beispiele für Strategien und Verbesserungen. „Die Bürger müssen sich solidarisch mit ihrem Dorf zeigen. Jedes Dorf ist ein Unikat, jede Gemeinde etwas Besonderes mit jeweils eigenen Potenzialen, die historisch gewachsen sind“, sagte Henkel.

Voraussetzungen für fortwährende Existenz

Die Städte und Kreise müssten die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Dörfer weiterhin existieren können. Da sei ja bereits einiges geschehen. Trotz eines dramatischen Wandels in den vergangenen Jahrzehnten sei in vielen Dörfern eine gute Versorgungsinfrastruktur geschaffen worden, die aber in Zeiten des digitalen Wandels noch ausbaufähig ist. Mittlerweile gäbe es auch mehr Sportplätze. „In meiner Jugend gab es in Fürstenberg einen Sportplatz, zwei Fußballmannschaften und einen Fußball. Heute gibt es dort Sportvereine mit mehr als 1000 Mitgliedern und verschiedenen Abteilungen.“ Dorfgemeinschaften und Vereine seien für den Erhalt der Dörfer sehr wichtig. Es müssten aber laut Henkel auch Treffpunkte geschaffen werden, damit Dorfgemeinschaften mit Leben gefüllt werden können.

Der Humangeograf, der sich in den vergangenen Jahrzehnten viele Dörfer zwischen Freiburg und Flensburg angeschaut hat, fordert allerdings auch ein Umdenken bei den Landesregierungen, bei der Bundesregierung und bei den Kirchen und Medien. „Ich bin von der Wertigkeit der Dörfer überzeugt. Es gibt in Berlin allerdings Kräfte, die das anzweifeln und der Meinung sind, kleine Dörfer mit 200 Einwohnern einfach abwracken zu können“, sagt Henkel.

Walter Keuenhof, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Hennefer Heimatvereine, hatte dafür gesorgt, dass Henkel für einen Vortrag in die Siegstadt gekommen war. Aus dessen Büchern entnahm er die Idee eines Dorfkoordinators, der als Schnittstelle zwischen Stadt und Dörfern fungieren soll. „Das hat Bürgermeister Klaus Pipke umgehend umgesetzt“, freute er sich und verwies auf Ursula Muranko, die laut Keuenhof seit einigen Jahren als Dorfkoordinatorin hervorragende Arbeit leistet.

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