Historischer Postbus aus der Schweiz Unternehmer lässt Schwyzer Poschti zum Kult werden
Hennef · Nils Bräm ist stolzer Besitzer eines echten Schwyzer Poschti, einem historischen Postbus aus der Schweiz. Der gelbe Bus läuft und läuft und läuft - mittlerweile 715.000 Kilometern und damit rund 17 Mal um die Erde.
Die Niveau-Untersuchung gehört immer dazu. Nils W. Bräm prüft das Kühlwasser, den Ölstand und die Bremsen, bevor er seinen Schwyzer Poschti startet. Dann dauert es nochmals 20 Minuten, bevor es losgehen kann. „Die Bremsen müssen erst Druck aufbauen“, erklärt der Oldtimer-Fan, der diese Kontrollen vor jedem Tageseinsatz durchführt, wie er betont. Denn dem 1973 erbauten Postbus fehlen sämtliche Kontrollleuchten, und ein Risiko möchte Bräm auf gar keinen Fall eingehen. Schließlich ist sein postgelbes Gefährt eine echte Rarität – und die große Leidenschaft des Schweizers, den die Liebe zu einer Opernsängerin, der Mutter seiner beiden erwachsenen Töchter, einst nach Deutschland verschlagen hat.
Seit dem Jahr 2009 nennt er den Postbus aus der Schweiz sein eigen. Schon seit 2006 habe er mit einem Oldtimer-Bus geliebäugelt. Den Poschti habe er dann in Leipzig gefunden und sich damit einen Kindheitstraum erfüllt, wie er erzählt. Denn in seinem Heimatdorf in Graubünden gehörte ein Poschti zu jedem Dorf. „Der Pfarrer war für den Himmel zuständig, der Lehrer fürs Gehirn, der Bürgermeister fürs Politische und der Postfahrer für die Logistik“, berichtet der Schweizer Unternehmer, der schon mit sechs Jahren beschlossen hatte, Lastwagenfahrer beim Militär zu werden.
Sechs-Zylinder-Dieselmotor mit zwölf Litern Hubraum
„Das Militär hat in der Schweiz einen anderen Stellenwert“, sagt er. „Dort sind die Hierarchien nicht so ausgeprägt.“ Seinem in die Tat umgesetzten ersten Berufswunsch hat er heute zu verdanken, dass er den Poschti auch fahren darf. Einen solchen Bus allein zu nutzen, wäre einfach zu schade. Darum bietet Bräm auch öffentliche Oldtimer-Rundfahrten mit dem zehn langen und 2,30 Meter breiten Oldie an – und finanziert damit sein Hobby. Denn so ein Altertümchen verschlingt gut und gerne 10.000 Euro im Jahr, wie er erzählt. Allein die Spritkosten sind immens, hat der Sechs-Zylinder-Dieselmotor mit zwölf Litern Hubraum doch stattlichen Durst.
38 bis 42 Liter braucht er auf 100 Kilometer – einer der Gründe, warum Bräms Touren selten länger als 200 Kilometer sind. Ein weiterer ist, dass das Lenken eines solchen Gefährts einiges an Körpereinsatz fordert. Servolenkung? Fehlanzeige.
Der Poschti war auch schon früher als Reisebus im Einsatz
„Regionaltourismus ist mein Steckenpferd“, sagt der Tausendsassa, der noch eine Zusatzausbildung im Bereich Tourismus absolviert hat. Und auch an der Internationalen Hochschule in Bad Honnef doziert er nebenher noch über „Strategies of success“. Passend zum Steckenpferd ist indes, dass Bräm auch zweiter Vorsitzender des Touristikvereins Bergischer Rhein-Sieg-Kreis und Mitglied im Förderverein Tourismus Bonn-Rhein-Sieg-Ahr ist. So lässt sich sein Angebot an öffentlichen Fahrten auch ganz gut vermarkten, zumal der Poschti schon früher als Reisebus im Einsatz war. Das war nach seiner Zeit als Postbus in den französischen Tälern im Wallis und im Engadin. Ab 1999 diente er einer Pfadfinder-Gruppe für Ferienreisen.
Mit etwa 80 Stundenkilometern
„Das meiste sind Charterfahrten“, sagt Bräm mit Blick auf Firmen, die die 40 Plätze im Bus gerne für Betriebsausflüge, oder Privatleute, die ihn für Ausflüge zu feierlichen Anlässen buchen. Der 215 PS-starke und neun Tonnen schwere Poschti der Marke Saurer, Typ 3 DUK-50 mit einer Karosserie von Tüscher, rollt dann mit etwa 80 Stundenkilometern durchs Sauerland, die Eifel oder das Bergische Land. Wenn es irgendwo eng wird, bedient Bräm die Hupe und es ertönt ein Dreiklang aus Rossinis Wilhelm Tell, der auch in der Schweiz seit den 20er Jahren in den Postbussen zu hören war.
Die nächsten öffentlichen Fahrten führen zum Oldtimer- und Nutzfahrzeugtreffen in die Vulkaneifel oder zum Bio-Weingut nach Leutesdorf im September. Dass der Schwyzer Poschti mit seinen 715.000 gefahrenen Kilometern schon mehr als 17 Mal die Erde umrundet hat, merkt man ihm dabei nicht an. Schließlich hat Bräm sich alles autodidaktisch beigebracht, was er wissen muss, um den guten alten Postbus am Laufen zu halten.