Interview zum Verkehr in der Region 2030 soll das erste Auto über die neue Rheinbrücke fahren

Niederkassel · Der Niederkasseler Bürgermeister Stephan Vehreschild bezeichnet die geplante Rheinbrücke als einen Lottogewinn. Das Bauprojekt hat einen aussichtsreichen Platz im Verkehrswegeplan bekommen.

Die Rheinbrücke wird kommen. Ist das ein Sechser im Lotto für Sie?

Stephan Vehreschild: Es ist auf jeden Fall ein Lottogewinn. Ob sie ein Sechser oder sogar ein Sechser mit Zusatzzahl für die Region wird, das zeigt sich im weiteren Verfahren. Das hängt unter anderem von der Infrastruktur und der Anbindung der Bevölkerung und unserer Wirtschaftsbetriebe ab.

Sie haben in der Vergangenheit nicht wirklich an die Umsetzung der Rheinbrücke geglaubt. Sind Sie jetzt eines Besseren belehrt worden?

Vehreschild: Ich habe immer gesagt, dass die Brücke eine Vision ist. Man muss ja auch von Visionen leben. Dass sie jetzt so weit in den Fokus gerückt ist, das hatten wir noch nie. Jetzt allerdings beginnt für uns die Basisarbeit.

Trotz der politischen Einmütigkeit ist das Projekt für viele Niederkasseler weniger Segen sondern viel mehr Fluch. Stichworte wie Verkehr, Lärm Umweltverschmutzung und Umweltzerstörung spielen dabei eine große Rolle.

Vehreschild: Das muss man differenziert sehen. Der Verkehr wird in Zukunft zunehmen, ob mit oder ohne Brücke. Wer heute von Niederkassel nach Köln will, hat erhebliche Probleme, dieses Stück Weg hinter sich zu bringen. Ob durch die Brücke der städtische Verkehr zunimmt, wage ich zu bezweifeln. Natürlich wird die Tangente Verkehr anziehen. Aber sie wird für uns ja auch einen besseren Abfluss des Verkehrs bringen.

Viele Autofahrer aus dem Süden werden die neue Rheinquerung nutzen, die vorher vielleicht bis zur ersten Kölner Brücke weitergefahren sind.

Vehreschild: Jein. Auch das muss man differenziert sehen. Von Rheidt nach Siegburg fährt man in der Regel nach Süden raus, in Niederkassel nimmt man die Route über Uckendorf. Und in Ranzel komme ich nicht auf die Idee mich in Richtung Süden zu bewegen, da fahre ich Richtung Wahn auf die Autobahn. Und so wird sich der Verkehr auch mit der neuen Brücke aufteilen. Diejenigen, die in den Norden wollen, die werden den Weg nehmen. Deshalb muss auch die Infrastruktur innerhalb der Kommune im Zusammenspiel mit dem Landesbetrieb so geplant werden, damit man nicht durch Ranzel oder durch Lülsdorf fahren muss, um auf die Tangente zwischen der A 555 und der A 59, sowie zur Brücke zu gelangen.

Gibt es etwas, wovon sie sagen würden: Das wäre der GAU?

Vehreschild: Eine Autobahnverbindung von Wesseling nach Wahn, ohne dass wir da drauf kämen. Dann hätten wir gar nichts gewonnen.

Welche Verbindung zwischen der A555 und A59 soll es denn sein? Die CDU hat sich schon für eine Schnellstraße ausgesprochen.

Vehreschild: Man kann dazu unterschiedlicher Meinung sein. Ich finde es richtig, zu diesem sehr frühen Zeitpunkt alle Ideen einzubringen. Die Straße auf der anderen Rheinseite (L150, Kerkrader Straße) ist ja eine vierspurige Schnellstraße. Da sollte man schon prüfen, ob man das bei uns fortsetzen kann. Auch der Zwei-zu-eins-Verkehr, bei dem sich die Zweispurigkeit abwechselt, wie auf der B 49 (zwischen Limburg und Wetzlar), hat seinen Charme, weil der Flächenverbrauch wesentlich geringer ist ebenso wie die Radien der Straße. Und es wäre eine andere Linienführung möglich. Bei diesem Thema gibt es nicht nur Schwarz und Weiß.

Wie groß ist überhaupt der Einfluss der Stadt, zum Beispiel an der Linienführung der Straße etwas zu ändern?

Vehreschild: Ebenso wie die Städte Köln, Troisdorf, Wesseling oder der Rhein-Sieg-Kreis sind wir kein Entscheidungsgremium, versuchen aber auf die Entscheidungsträger und Planer im Gespräch einzuwirken, denn es ist wichtig, zu einem Gesamtkonzept zu kommen. Köln plant im Süden große Wohnbauprojekte, dazu ist die Erschließung gegebenenfalls mit neuen Landstraßen nötig. Unsere L 274 würde nach den derzeitigen Skizzen genau den gleichen Anschluss an die A 59 nutzen wie die Autobahn. Das alles muss in ein Gesamtkonzept integriert werden.

Sie wünschen sich einen eine Kombilösung für die Brücke mit Straße und Schiene. Geht es dabei auch um Güter- und Fernverkehr?

Vehreschild: Das eine schließt das andere nicht aus, es kommt immer auf die Kostenträger an. Überlegungen dieser Art gibt es beim Bund derzeit nicht, deshalb muss auch dieser Gedanke jetzt transportiert werden – nicht erst wenn die Linienführung fertig ist. Unser Traum wäre eine direkte S-Bahn-Linie von Bonn über die neue Brücke zum Flughafen an die S 13, mit einem Haltepunkt im Niederkasseler Norden. Das ist auch überregional von Bedeutung und hat damit Relevanz für den Bundesverkehrswegeplan.

Welche Vorteile und Chancen wird die Brücke den Niederkasselern bringen?

Vehreschild: Die Stärkung der eigenen Infrastruktur für unsere Wirtschaft und die Bevölkerung hätte mit der Brücke einen wesentlich besseren Zugang zum Fernstraßennetz, denn der ist ja bei uns mehr als suboptimal.

Wie ist die Reaktion aus der Bevölkerung auf die Rheinbrücke?

Vehreschild: Es ist naturgegeben, dass wir vor allem die negativen Stimmen hören. Am ehesten betroffen sind die Lülsdorfer und die Ranzeler. Sie stellen nicht die Brücke als solche unbedingt in Frage, befürchten jedoch, dass sie zu ihren Lasten geht. Sie muss deshalb so gebaut werden, dass die Anwohner von Belastungen weitgehend befreit sind. Ich denke da an Lärmschutz, Flüsterasphalt, Geschwindigkeitsbeschränkungen oder die Überlegung der Tunnellösung, die kurz vor dem Rhein auf die Brücke übergeht, so wie in Düsseldorf.

Wann, glauben Sie, wird das erste Auto über die neue Rheinbrücke fahren?

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