Spielfilm in Rheinbach Filmdreh im Gefängnis

GA-Mitarbeiter Paul Kieras hat als Statist bei einer ARD-Produktion mitgewirkt.

 In der Justizvollzugsanstalt Rheinbach ist eine Szene für den Film "Der Äthiopier" gedreht worden.

In der Justizvollzugsanstalt Rheinbach ist eine Szene für den Film "Der Äthiopier" gedreht worden.

Foto: Wolfgang Henry

Schauspieler Jürgen Vogel fuhr in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Rheinbach ein. Allerdings freiwillig, mit dem Privatwagen und nur für einen Tag. Und zwar zu Dreharbeiten für den Film "Der Äthiopier". In der ARD-Produktion mimt er den Schwerkriminellen Michalka, der irgendwann ganz unten landet, sein Leben aber wieder in den Griff bekommt, ehe er dann von einer weiteren Katastrophe heimgesucht wird. In Rheinbach wurde am Mittwoch unter anderem eine Szene gedreht, in der Michalka erneut im Knast landet und von den Mithäftlingen hämisch empfangen wird. Für diese Szene waren Statisten ausgesucht worden. Zu ihnen gehörte GA-Mitarbeiter Paul Kieras, der seine Erlebnisse vom Dreh schildert.

Treffpunkt für die "Knackis" ist der Parkplatz an der Münstereifeler Straße morgens um halb acht. Dort steht ein Bürowagen der Agentur, die mich einige Tage zuvor angerufen und sich nach meiner Zeit und Lust erkundigt hatte mitzuwirken. Ich hatte beides, denn bei früheren Einsätzen gab es immer viel Spaß. Nach Ausfüllen des Arbeitsvertrages geht es gleich ins "Kostüm": Ich werde mit der Original-Anstaltskleidung ausgestattet. In dünner Arbeitshose mit Hochwasser, schwarzen Halbschuhen, T-Shirt und leichtem Pullover darüber stehe ich dann in der Kälte, zitterte schneller als ich frieren kann. Dagegen hilft heißer Kaffee vom Catering-Wagen. Da taucht Jürgen Vogel plötzlich auf, reicht mir die Hand und wünscht "Moin". Netter Kerl, bodenständig, ganz normal.

So hab ich ihn schon bei einem früheren Dreh erlebt. Auch im Knast, damals in Wuppertal, aber genauso lausig kalt. Dann für einige Meter aufwärmen im eigenen Auto auf dem Weg zur JVA an der Aachener Straße. Ein "Kollege" fährt mit und erzählt, dass er selbst schon mal in U-Haft gesessen hat. Jugendsünde und so. Wir marschieren in unserer Anstaltskluft skeptisch beäugt von Nachbarn in Richtung JVA-Pforte, wo alle Komparsen ihre Ausweise abgeben und artig um Einlass bitten. Gemeinsam geht es quer über den Hof zu einem Trakt, in dem Zellen leer stehen und eine für den Dreh hergerichtet worden ist.

Aus mehreren Lastern schleppen Techniker Ausrüstung hin und her, installieren Kameras und Scheinwerfer. Währenddessen steh ich mit meinen neuen Kumpels, fast alles bis zum Hals tätowierte Kanten, gegen die ich wirke wie ein Buchhalter, etwas blöd rum und warte auf den Einsatz. Hier drinnen ist es richtig kalt und genau neben der Zelle, wo ich mich später positionieren soll, befindet sich eine Tür nach draußen, durch die jeder kommt und geht, der wichtig ist. Jedes Mal strömt sibirische Kälte herein.

Es folgt eine Einweisung mit zwei Probedurchläufen, dann ruft jemand "Ton läuft", ein anderer "Kamera läuft", die Regie "und fertig". Vogel wird eine Treppe heruntergeführt. Auf Höhe der mir gegenüberliegenden Zelle stehen zwei Komparsen am Essenswagen und teilen - echte - Erbsensuppe aus. Einer der Knacki-Statisten johlt: "Hey, Michalka, herzlich willkommen!" Den Satz werde ich noch gefühlte 40 Mal hören, denn die Szene wird immer und immer wieder aus allen möglichen Blick- und Richtungswinkeln gedreht. Ebenso die Sätze "Michalka, wieder zu Hause?

Hast du uns was Schönes mitgebracht?", die mit gehässigem Lachen untermalt von einem Stockwerk über uns schallen. Den Geruch von Erbsensuppe bekomme ich nicht mehr aus der Nase. Denn einige Einstellungen später steht der Kessel direkt vor mir, und ich soll laut Regieanweisung etwas sagen, was ist egal, es werden nur Hintergrund-Sprachgeräusche verlangt. Also sag ich: "Mensch, Erbsensuppe, toll!" Der Suppe ist genauso kalt wie mir, und sie hat mittlerweile die Konsistenz von frisch angerührtem Beton. Trotzdem sage ich: " Endlich Suppe, ich freu mich!"

Dann ist tatsächlich Mittagspause und in einem ehemaligen Schulungsraum wird Essen serviert. Warm ist es auch da nicht wirklich. Zurück zum Set. Gedreht wird jetzt hauptsächlich vor und in der Zelle von Jürgen Vogel, aber trotzdem weiter Suppe ausgeschenkt, und ich bin begeistert wie beim ersten Teller. Dann heißt es um 14 Uhr: "Abgedreht, die Komparsen haben Schluss." Ich bin nicht böse drum. Sieben Stunden für eine kurze Szene. Jetzt schnell zum "Kostüm", Kleidung abgeben und ab in die Heimat. Heizung auf Volltouren. Das waren 60 schwer verdiente Euro inklusive ordentlicher Erkältung. Aber der Vogel, der ist wirklich nett.

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