829 Corona-Fälle im Rhein-Sieg-Kreis Kreis ist gegen eine schnelle Aufhebung des Kontaktverbots

Rhein-Sieg-Kreis · Kreisgesundheitsamtsleiter Rainer Meilicke hat in der täglichen Pressekonferenz des Kreises zur Corona-Krise vor einer Lockerung der Kontaktsperre gewarnt. Er befürchte dann eine zweite Infektions-Welle.

Der Rhein-Sieg-Kreis hält eine schnelle Lockerung der Kontaktsperre, die derzeit von den Ordnungsämtern kontrolliert wird, nicht für sinnvoll.

Der Rhein-Sieg-Kreis hält eine schnelle Lockerung der Kontaktsperre, die derzeit von den Ordnungsämtern kontrolliert wird, nicht für sinnvoll.

Foto: Alf Kaufmann

„Das ist ein Spiel mit dem Feuer.“ Die Einstellung von Rainer Meilicke, Leiter des Kreisgesundheitsamts, zu einer denkbaren Lockerung der Kontaktsperre oder gar einer Rückkehr zum Normalmodus ist eindeutig: Wenn Politiker darüber nachdächten, ob der 19. April ein Wende- oder Endpunkt für die derzeitigen Maßnahmen sein könnte, sei das aus seiner Sicht völlig abwegig. Für Meilicke steht nach wie vor das oberste Ziel: die Verbreitung des Coronavirus radikal zu verlangsamen.

Selbst eine Lockerung ab 1. Juni sieht er eher kritisch. „Dann müssen wir mit einer zweiten Welle rechnen“, sagte Meilicke am Dienstag bei der täglichen Pressekonferenz des Rhein-Sieg-Kreises. Meilicke verwies auf eine Berechnung der Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, die ein Szenario beschrieben habe, nach der die Zahl der Corona-Fälle wieder so klein werden müsse, dass die Gesundheitsämter alle Fälle überblicken und nachverfolgen könnten.

Den Shutdown weiter durchhalten

„Sie hat damit völlig Recht. Nur so lassen sich gezielte Maßnahmen für die Infizierten und mögliche Kontaktpersonen durchsetzen. Wir müssen den Shutdown durchhalten.“ Und genau das treibt auch Landrat Sebastian Schuster um. „Wir fahren nach wie vor im hochgefahrenen Modus“, sagte er. Und das Thema der Nachverfolgung werde angesichts der hohen Zahlen von Infektionen immer schwieriger.

Um dem Erlass zu weiteren kontaktreduzierenden Maßnahmen des NRW-Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) nachkommen zu können, bräuchte der Kreis noch zusätzliche 150 Mitarbeiter, sagte er. Ziel ist es, Infektionsketten auch dann noch engmaschig verfolgen zu können, wenn die Zahlen der Coronavirus-Infektionen weiter steigen und die aktuellen, Kontakte einschränkenden Maßnahmen reduziert oder aufgehoben werden.

Bürgermeister sagen Hilfe zu

Bei einer Telefonkonferenz mit den 19 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern des Rhein-Sieg-Kreises am Dienstagmorgen sei genau das Thema gewesen. Und seine Kolleginnen und Kollegen hätten ihm ihre Unterstützung zugesichert. Jede Kommune werde pro 10.000 Einwohner einen Verwaltungsmitarbeiter abstellen, der den Kreis bei der Nachverfolgung von Infektionsketten unterstützt.

„Das ist ein klarer Ausdruck von interkommunaler Zusammenarbeit“, sagte der Landrat sichtlich erleichtert. „So groß die Herausforderungen der Corona-Krise auch sind, sie belegen einmal mehr, dass wir im Rhein-Sieg-Kreis eine starke kommunale Gemeinschaft sind, die auch in schwierigen Zeiten geschlossen agiert.“

Inzwischen zwölf Tote im Kreis durch Covid-19

Im Rhein-Sieg-Kreis sind insgesamt 829 Personen positiv auf Sars-CoV-2 getestet worden (Stand Dienstag, 17 Uhr). Die Ergebnisse von 367 Proben der Abstrichzentren stehen aber noch aus. Zwölf Tote sind im Kreis zu beklagen, genesen sind 268 Personen. An aktuellen Fällen führt der Kreis 549 auf. Mehr als 3000 Personen befinden sich in häuslicher Absonderung.

Boris Johnson ist ein typischer Fall

Großbritanniens Premier Boris Johnson, der zurzeit intensivmedizinisch betreut wird, sei ein typischer Fall, sagte Meilicke: männlich und mittelalt. Tatsächlich seien 56 Prozent aller Infizierten männlich und im Schnitt 48 Jahre alt.

Männer bewegten sich in der Regel häufiger ungeschützt in der Öffentlichkeit als Frauen. Und auch Johnsons Krankheitsverlauf sei als typisch zu bezeichnen, meint der Kreisgesundheitsamtsleiter. Nach der Inkubationszeit von etwa fünf Tagen sei Johnson positiv getestet worden und hatte zunächst keine Symptome, dann leichte, bis er ein Fall für die Notfallmedizin wurde.

Die Verläufe dauerten etwa 17 bis 21 Tage, erklärte Meilicke. Und er kenne keinen Fall eines Genesenen, der ohne Schädigungen der Lungenfunktion aus der Krankheit gekommen sei.

Altenheime sind prädestiniert für schnelle Virenverbreitung

Nach wie vor bleibt es bei den fünf von Corona-Infektionen betroffenen Altenheimen im Kreis, sagte Meilicke, wobei es in einem nur noch einen Einzelfall gebe. Betroffen seien rund 60 Heimbewohner und 30 Mitarbeiter.

Altenheime seien als geschlossene Räume prädestiniert dafür, dass sich dort Viren entwickeln und weitergereicht würden. Trotz Besucherstopps gebe es ja immer noch Kontakte, beispielsweise zu Pflegepersonal, Therapeuten, Fußpflegern und anderen, die Dienste anbieten.

Er halte es für ausgeschlossen, dass das Virus etwa durch Angehörige eingeschleppt worden sei, die ihre im Sterben liegenden Verwandten besuchten. Meilicke: „Diese Sonderfälle gibt es. Sie erfolgen unter strengen, ganz klaren Schutzmaßnahmen.“

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