Neustart im Vereinsleben Chöre im Rhein-Sieg-Kreis proben mit Abstand

Rhein-Sieg-Kreis · Ungewohnte Distanz: Sänger und Chorleiter im Linksrheinischen üben während der Corona-Pandemie auf Abstand.

 Mit reichlich Abstand probt Chorleiter René Breuer derzeit im katholischen Pfarrzentrum in Oedekoven.

Mit reichlich Abstand probt Chorleiter René Breuer derzeit im katholischen Pfarrzentrum in Oedekoven.

Foto: Matthias Kehrein

Drei Meter Mindestabstand, vier Meter in  die „Ausstoßrichtung“, zehn Quadratmeter Raum pro Person und eine gute Durchlüftung der Innenräume: Die Auflagen des Landes NRW für Chorproben sind in Corona-Zeiten auch nach der Modifizierung der Schutzverordnung Ende Mai immer noch sehr streng. Grund ist der große Aerosolausstoß (kleinste Partikelchen eines heterogenen Gemisches aus festen oder flüssigen Schwebeteilchen) beim Singen.

Nach dem Beginn der Einschränkungen Mitte März durfte auch im Rhein-Sieg-Kreis in der Gemeinschaft nicht mehr gesungen werden. Um auf ihr Hobby nicht gänzlich zu verzichten, haben Chöre jetzt neue Wege des gemeinsamen und individuellen Singens  gefunden. Andere proben schon seit Mitte Mai in kleinen Gruppen.

Mit dem Maßband hatte schon vor rund drei Wochen René Breuer den Pfarrsaal der katholischen Kirchengemeinde St. Mariä Himmelfahrt in Oedekoven vermessen. Zur Abstandssicherung zwischen den Sängern stehen in jeder Ecke Stühle und Tische, für getrennte Ein- und Ausgänge ist donnerstags und freitags gesorgt. Denn dann proben stundenlang jeweils fünf bis sechs Sänger aus dem Jugend- und Kirchenchor Oedekoven sowie dem Kinderchor der Alfterer Mittelgemeinden Stücke aus ihren bisherigen Repertoires.

Ab und zu werden auch neue Songs erarbeitet. Das Interesse an den Proben ist groß. Aber auch für den 52-jährigen Chorleiter sind die regelmäßigen Treffen ausgesprochen wichtig, denn „es geht dabei um die Freude am Singen und um den Zusammenhalt des Chores“, findet er. Während Breuer mit dem Kirchenchor einzelne Passagen aus Mozarts Messe „Piccolomini“ gesanglich verfeinert – die abgesagte Aufführung soll nachgeholt werden – stehen bei den Kindern und Jugendlichen Pop- und Rocksongs auf dem Programm.

Videos zum Einsingen auf Youtube

Stolz auf die Online-Proben der „Missa Brevis“ von Robert Jones ist dagegen der Pfarr-Cäcilien-Chor St. Petrus und Paulus Odendorf. Mühevoll hat der 19-jährige Chorleiter Benjamin Bosbach die einzelnen Stimmen auf verschiedenen Dateien eingespielt, damit die Sänger parallel zu seiner Stimme ihre Parts einüben können. Um den Damen und Herren zwischen 30 und 86 Jahren auch ein wenig Probenalltag zu vermitteln, bietet der junge Chorchef außerdem auf Youtube die Möglichkeit zum Einsingen an. Das nicht gelistete Video visualisiert körperliche sowie stimmliche Lockerungsübungen mit Höhen und Tiefen, denn die Stimmen sollen auch in Corona-Zeiten gut „geölt“ bleiben.

Onlineproben werden für die Swisttaler auch in den nächsten Wochen noch das Thema sein. Denn die erste gemeinsame Chorprobe ist nach einer Entscheidung der Pfarreiengemeinschaft Swisttal erst nach den Sommerferien angedacht. „Dann werden wir uns zunächst in kleinen Gruppen zu Stimmproben treffen. Denn wir möchten schon gerne nach langer Pause im Gottesdienst Ende September/Anfang Oktober auftreten“, berichtete Bosbach.

Virtuell geht es seit Wochen auch bei den Swisttaler Chören Joy`n´Glory und Bella Musica zu. Im Zuge der Pandemie sind sowohl der Gospel- als auch der Frauenchor mit Hilfe der Videoplattform Zoom nicht nur komplett von Präsenz- auf Distanzproben umgestiegen, sondern sie erstellen in  Ergänzung zu den wöchentlichen Proben zum ersten Mal auch Gesangsvideos – eine gemeinsame Entscheidung von Sängerin und Chorleiterin. Dabei spielt Schneider-Henseler die einzelnen Stimmen jedes Songs ein.

Die Sänger filmen sich beim Singen per  Handy oder Kamera selber – für die meisten eine Premiere. Anschließend schicken sie ihre Videos zurück, so dass diese am PC zusammengeschnitten werden können. Ein spezielles Programm trennt Stimmen und Gesichter und legt sie so aufeinander, „dass wir am Ende ein Gesamtbild des Chores haben“, sagte die Chorchefin. Einige der fertiggestellten Clips sind jetzt in eigens eingerichteten Youtube Kanälen zu sehen und zu hören. „Die Produktion ist zeitaufwändig, aber für die Sänger und Fans unserer Musik wichtig – als eine Art Ersatz für die ausgefallenen Konzerte.“

Weder Präsenz- noch virtuelle Proben gibt es beim Männergesangverein „Rheingold“ Witterschlick, denn der Probenraum in der Gaststätte Lambertushof ist nicht groß genug. „Wir sitzen die Krise aus. Für den Chor ist das die längste Zwangspause seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte Vorsitzender Karl-Josef Nolden. Er und vor allem Chorleiter Jan Groth können das gemeinsame Singen nach Corona kaum erwarten. In der Zwischenzeit treffen sich die Herren zum Stammtisch „Ne Schwaadlappe“ – immer mittwochs um 10 Uhr auf dem Dorfplatz.

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