Ratswahl in Siegburg CDU muss sich arrangieren

SIEGBURG · Die Zeit ist knapp: Schon in gut zwei Wochen, am Donnerstag, 12. Juni, 18 Uhr soll sich der neue Siegburger Stadtrat konstituieren. Wenn die Vertreter der politischen Parteien dann ebenso schnell sind wie am Sonntagabend die Wahlhelfer in Siegburg, dürfte es für die Ratsmitglieder kein Problem werden, pünktlich zum Anstoß des Eröffnungsspiels der Fußballweltmeisterschaft um 21 Uhr fertig zu sein.

Nach einer verhältnismäßig kurzen Wahlnacht begannen gestern dann auch sofort die Auslese und, wenn auch noch indirekt, ein erstes Abtasten der Parteien. Unter Zugzwang steht jetzt in erster Linie die CDU, die erstmals seit der Kommunalwahl 1989 ihre absolute Ratsmehrheit verlor. Mit 22 Mandaten plus dem des wiedergewählten Bürgermeisters Franz Huhn im neuen, von 44 auf 46 Sitze aufgestockten Rat müssen sich die Christdemokraten nun einen Partner suchen, mit dem sie in den kommenden sechs Jahren die Siegburger Politik gestalten wollen.

CDU-Fraktionschef Jürgen Becker sieht seine Partei auch als "Opfer der Tatsache, dass die SPD sich in der großen Koalition im Bund bisher mehr profiliert hat", wie er dem GA sagte. Die Siegburger CDU müsse nun "zusehen, wie wir mit den neuen Verhältnissen umgehen", so Becker. Man wolle mit allen Parteien sprechen.

Mit einem deutlichen Plus von sechs Prozent bei der Ratswahl und einem Bürgermeisterkandidaten Stefan Rosemann, der aus dem Stand mehr als 40 Prozent der Stimmen holte, drängt sich die SPD als möglicher Bündnispartner geradezu auf. Elf Plätze wird sie im neuen Stadtrat besetzen. Rosemann zeigte sich selbstbewusst und überzeugt davon, dass sein "sehr, sehr gutes Ergebnis zum Teil auch als Protest gegen die bisherige Siegburger Politik" zu verstehen ist.

Diese Ansicht teilt auch Hans-Werner Müller, Fraktionsgeschäftsführer der Grünen, die zwar leicht verloren, aber ihre sechs Sitze im Rat halten konnten. "Wir fühlen uns als Gewinner", meinte Müller gestern folgerichtig. Das oberste Wahlziel der Grünen, die CDU-Mehrheit zu brechen, sei erreicht. "Jetzt sind wir gespannt, was dabei rauskommt", sagte Müller. Die Grünen stünden für Gespräche zur Verfügung. "In den kommenden sechs Jahren besteht die Chance, in Siegburg mehr Transparenz und demokratische Teilhabe zu ermöglichen."

Gewinner ist auch Die Linke, die sich auf fast fünf Prozent verbesserte und zwei Mitglieder in den Rat schickt. "Wie die CDU 2010 in der Diskussion um Rathausabriss und ECE-Einkaufszentrum mit den Bürgern umgegangen ist - das hat Spuren hinterlassen", analysierte Michael Otter, der bisher mit Margret Werner (früher FDP) die Fraktion SLB/Die Linke bildete. Werner selbst trat nicht mehr an.

Ebenfalls zwei Sitze holte die Alternative für Deutschland (AfD), die erstmals in den Rat einzieht. Ihr Spitzenkandidat Ralph Wesse, der früher bei der SPD war, sagte dem GA, er habe schon mit mehreren Parteivertretern im Vorfeld ausgelotet, dass man nach der Wahl Gespräche führen werde. "Wir sehen das ganz entspannt und für uns noch Luft nach oben", sagte Wesse.

Entspannung ist bei der FDP, die im Vergleich zu 2009 die Hälfte ihrer Anteile einbüßte und auf zwei Sitze kommt, nicht angesagt. Fraktionschef Jürgen Peter gab sich dennoch kämpferisch: "Positiv ist, dass die absolute Mehrheit gekippt ist." Er gehe fest davon aus, von der CDU angesprochen zu werden. Im Wahlkampf hatte sich die FDP mit am deutlichsten von der bisherigen Mehrheitsfraktion abgegrenzt. "Wir werden wohl nicht die erste Wahl sein", vermutete Peter deshalb. Er gehe stattdessen von einem schwarz-grünen Bündnis im Siegburger Rat aus.

Ob es so kommt, wird sich bis zum 12. Juni zeigen. Viel Zeit bleibt nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort