Wunschzettel aus der Jugend Ältere Menschen aus dem Vorgebirge und der Voreifel erinnern sich

Rhein-Sieg-Kreis · Spielkonsolen, Autos mit Fernbedienung, DVDs, aber auch Klassiker wie Lego-Bausteine und Puppen stehen heutzutage bei Kindern auf dem Wunschzettel. Was aber wünschte sich der Nachwuchs in der Kriegs- und Nachkriegszeit? Ältere Menschen aus Vorgebirge und Voreifel erinnern sich.

 Bescherung in den 30er Jahren: Eine Karte mit diesem Motiv schickte der Soldat Hans Koch seiner Familie zu Weihnachten 1940. Tochter Ilse Niemeyer lebt heute in Alfter-Impekoven.

Bescherung in den 30er Jahren: Eine Karte mit diesem Motiv schickte der Soldat Hans Koch seiner Familie zu Weihnachten 1940. Tochter Ilse Niemeyer lebt heute in Alfter-Impekoven.

Foto: privat
  • "Die Wünsche waren klein", fasst Engelbert Zimmermann aus Swisttal-Odendorf zusammen. "Weihnachten während des Zweiten Weltkriegs war weniger schlimm als die Jahre danach. Während des Krieges bekamen meine Schwestern und ich von unserer Mutter immerhin Pappteller mit selbst gebackenem Spritzgebäck, Printen und Marzipan sowie einen Apfel und eine Apfelsine", erinnert sich der 85-Jährige. Das wohl größte Geschenk seiner Kindheit war ein Fahrrad: "Zwei Jahre lang hat mein Patenonkel es mir in Aussicht gestellt, im dritten Jahr dann habe ich es von meiner Mutter bekommen. Sie musste es lange abbezahlen", weiß Zimmermann.
  • Auch Socken hätten schon mal unterm Baum gelegen - "noch mit Stricknadeln versehen, weil sie noch nicht fertig waren", erzählt Zimmermann, der mit 17 Jahren noch in den Krieg eingezogen wurde. "Nach dem Krieg mangelte es uns an allem, wir hatten keinen Garten. Mein größter Wunsch in den ersten Nachkriegsjahren wären Wäsche und Schuhe gewesen, ich war ja aus allem rausgewachsen." Bis zur Währungsreform aber sei an Weihnachtsgeschenke nicht zu denken gewesen. "Unsere Währung hieß Kaffee, Zigaretten, Schnaps und Schokolade.
  • Mit 18 Jahren habe ich Schnaps aus Zuckerrüben gebrannt." Erst in den 50er Jahren kam langsam Wohlstand für den kaufmännischen Angestellten auf. Leni Schäfer (80) aus Odendorf stammt aus Köln-Mülheim. "Vor dem Krieg gab es alles", erzählt sie. Sie habe als Kind Schokolade, Apfelsinen, eine Puppe und sogar einen Kaufladen vom Christkind bekommen. Damals sei die Bescherung am Ersten Weihnachtstag gewesen. Gerne erinnert sie sich auch an den Brauch in ihrem Viertel, dass in der Heiligen Nacht um punkt Mitternacht Trompeter durch die Straßen gingen und "Stille Nacht" spielten. "Im Krieg gab es dann nichts mehr", berichtet sie weiter. Zum ersten Weihnachtsfest nach dem Krieg habe ihre Mutter ihr aus einer Wolldecke einen Mantel genäht.
  • Bescheidenheit beim Wunschzettel galt auch den Zwillingen Margot und Doris Urmitzer aus Bornheim-Roisdorf als selbstverständliche Tugend. "Wir haben uns ja schon über den schön geschmückten Baum, über den Tannenduft und einen Gebäckteller so gefreut", begeistern sich die 71-jährigen Schwestern. "Unsere Oma hat den Engel gespielt, daran haben wir geglaubt", sagt Margot und schmunzelt. Der typische Wunschzettel ihrer Jugend sei mit Sternen verziert gewesen, verschwand über Nacht von der Fensterbank und listete zum Beispiel Puppen auf. Oder auch einen Puppenwagen, aber die Schwestern hatten Verständnis, wenn das Christkind so extravagante Wünsche nicht erfüllen konnte. Als die Zwillinge zehn Jahre alt waren, gab es zwei ganz besondere, große Puppen: "Da haben wir so genannte Schildkröt-Puppen bekommen, die saßen extra etwas versteckt unterm Baum, so dass wir sie erst zuletzt entdeckten. Sie waren gleich angezogen, und wir haben sie überall mit hingenommen", erinnert sich die Bankkauffrau an das besondere Fest. "Wir hatten immer schöne Weihnachten", sind die Schwestern einig.
  • Für Puppen konnte sich auch Maria Montenarh aus Alfter begeistern - auch wenn sie zumeist gebraucht waren oder erst mal zum Puppendoktor mussten. "Es wurde viel getauscht oder improvisiert bei den Geschenken", erinnert sich die 72-Jährige. Zum Beispiel beim Puppenhaus, das sie einmal bekam: "Eine Küche hatte es nicht, und da es gebraucht war, musste es erst einmal neu tapeziert werden. Die Tapete klebten meine Eltern mit Mehlkleister an - und den wiederum ließen sich die Mäuse auf dem Dachboden schmecken, wo das Puppenhaus bis zur Bescherung stand", erzählt Maria Montenarh von der "schönen Bescherung" vor vielen Jahrzehnten.
  • Ihr Mann Michael freute sich in seiner Jugend über hölzerne Lastwagen vom Schreiner und über die elektrische Eisenbahn, für die er jedes Jahr neues Zubehör bekam. "Heute spielen unsere Enkel damit, auch wenn viele Teile inzwischen erneuert werden mussten", nennt der 75-Jährige ein Beispiel für zeitlose Spielfreuden. Ansonsten aber interessieren sich die acht und elf Jahre alten Enkel eher für Computer, während zu Opas Zeit noch Roll- und Schlittschuhe hoch im Kurs standen
  • Schlittschuhe erfreuten einst auch Hermann-Josef Hausmann aus Rheinbach zum Fest - allerdings nicht lange: "Die mussten damals noch an die Schuhe geschraubt werden, und beim ersten Sturz war prompt die Sohle ab", sagt der 82-Jährige, für den Schuhe damals ein hohes Gut und ihre Beschädigung bitter waren. Längere Freude hatte er an selbst gegossenen Zinnsoldaten und an einer hölzernen Ritterburg. "Die wurde von Jahr zu Jahr renoviert und aufgestockt. Teils habe ich mit dem Laubsägebogen selbst dafür gebastelt, ich war handwerklich begabt." Der Gegensatz zur Geschenkekultur heute sei groß: "Unsere Enkel kommen in den Geschenken von uns Großeltern um", scherzt er.
  • Auch Agnes Fleischhauer aus Meckenheim hat die Weihnachtsfeste ihrer Jugend im Zeichen des Krieges und der Nachkriegszeit verbracht und resümiert: "Da war nicht viel. Wir wünschten uns Süßigkeiten - und gesund zu bleiben." Andererseits sei sie als einziges Kind ihrer Eltern dann doch "ein bisschen verwöhnt" worden, wie sie zugibt, im Rahmen der damaligen Möglichkeiten eben. So schwärmte die heute 84-jährige Meckenheimerin zum Beispiel für schöne Blusen und Kleider, insbesondere in blau. "Meine Mutter hat dafür gesorgt, dass mir das Christkind solche Wünsche erfüllte. Sie hat es mühsam vom Haushaltsgeld abgezwackt", weiß die Seniorin.
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort