Waffen im Rhein-Sieg-Kreis Immer mehr Bürger haben kleine Waffenscheine

Siegburg · Die Polizei verzeichnet einen drastischer Anstieg um 789 Prozent im rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis. 2015 stellten die Beamten 167 kleine Waffenscheine für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen aus, 2016 waren es 1318.

Grund ist Angst vor Terror und Gewalt. Die brutale Vergewaltigung einer 23-Jährigen in der Siegaue zwischen Bonn und Troisdorf stand bundesweit in den Schlagzeilen. In Zeiten der sozialen Medien wie Facebook sorgte sie zudem für hitzige Diskussionen. Nicht seltener Tenor dort: Unbewaffnet trauen sich viele Menschen nicht mehr aus dem Haus. Ob nur Parole oder tatsächlich wahr – das sei dahingestellt.

Eine deutliche Sprache spricht jedoch die steigende Anzahl derer, die einen kleinen Waffenschein besitzen und damit berechtigt sind, Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen außerhalb der eigenen Wohnung, der Geschäftsräume, des eigenen befriedeten Besitztums oder einer Schießstätte zu führen. Dabei handelt es sich um Waffen mit dem Prüfsiegel der Physikalisch-Technischen-Bundesanstalt, so genannte PTB-Waffen. Bei Veranstaltungen und Versammlungen ist das Mitführen dieser Waffen übrigens verboten.

Allein die Siegburger Polizei erteilte für den rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis – ausgenommen Königswinter und Bad Honnef – für das vergangene Jahr 1318 kleine Waffenscheine. Das bedeutet einen Anstieg von rund 789 Prozent gegenüber 2015, wo es 167 waren. Im laufenden Jahr stellte die Polizei bis jetzt 251 kleine Waffenscheine aus. Nicht darunter: das sogenannte Pfefferspray, für dessen Besitz kein kleiner Waffenschein nötig ist. „Die starke Zunahme 2016 resultiert aus der Verunsicherung in Teilen der Bevölkerung nach den Anschlägen in Frankreich im Herbst 2015 und anderen Terroraktivitäten sowie aus den Vorfällen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln“, sagte Polizeisprecher Burkhard Rick.

Gebrauch unter strengen Regeln

Der Gebrauch der Waffen unterliegt strengen Regelungen. „Er beschränkt sich letztlich auf die gesetzlich geregelten Fälle der Notwehr und der Nothilfe“, so Rick. Werden die Waffen anderweitig eingesetzt, droht eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro. Führt man eine PTB-Waffe mit sich, ohne den kleinen Waffenschein zu besitzen, so stellt dies laut Polizei eine Straftat dar, die eine Geldstrafe oder auch Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren nach sich ziehen kann. Wer eine PTB-Waffe erwirbt oder besitzt, aber noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet hat, hat mit einer Geldstrafe zu rechnen. Denn um den kleinen Waffenschein beantragen zu können, muss das 18. Lebensjahr vollendet sein. Ein Verstoß gegen die Aufbewahrungsvorschriften der PTB-Waffen kann den Widerruf der Erlaubnis zur Folge haben.

Immer wieder muss die Polizei auch Waffen sicherstellen. Beispielsweise dann, wenn jemand eine Waffe ohne zugehörige Erlaubnis besitzt oder „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Waffen missbräuchlich verwendet oder von einem Nichtberechtigten erworben werden sollen“. Die Kreispolizeibehörde in Siegburg hat im vergangenen Jahr 507 Waffen sichergestellt. Im laufenden Jahr sind es bereits 99. Einmal sichergestellte Waffen werden nicht mehr in Gebrauch genommen. „Sie werden zur Vernichtung an eine zentrale Stelle in Wuppertal abgegeben“, sagte Rick.

Oft werden Waffen bei Erbe abgegeben

Nicht immer müssen Waffen allerdings von der Polizei sichergestellt werden. Oft werden sie auch dort abgegeben. Etwa dann, wenn sie geerbt werden, die Erben sie aber nicht behalten wollen. Ein weiterer, nicht unerheblicher Faktor: die Kosten. „Angehörige, die scharfe Waffen erben und behalten wollen, müssen einen Nachweis über vorgeschriebene technische Veränderungen erbringen, die die Waffen funktionsunfähig machen. Die Kosten dieser Maßnahmen durch eine anerkannte Waffenwerkstatt übersteigen meist den materiellen Wert der Waffen“, so Burkhard Rick.

Wer im übrigen Waffen führen möchte, die über den kleinen Waffenschein hinausgehen – beispielsweise Schuss- oder CO2-Waffen –, benötigt einen Waffenschein und muss allerlei Voraussetzungen erfüllen. Unter anderem muss man laut Polizei ein Bedürfnis glaubhaft machen. Das heißt, der Bewerber muss darstellen, weshalb man eine Schusswaffe außerhalb seiner Wohnung mit sich nehmen möchte. Das könnte etwa ein Leibwächter sein. Der Waffenschein ist darüber hinaus auf drei Jahre befristet, kann zwei Mal verlängert werden und wird durch die Waffenbehörde ausgestellt. 2016 wurden vier Waffenscheine ausgestellt oder verlängert.

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