Großer Andrang auf Ausflugsziele So verlief das Wochenende im Rhein-Sieg-Kreis nach den Lockerungen

Rhein-Sieg-Kreis · Es ist der erste Samstag, nachdem die Regierung die Corona-Einschränkungen gelockert hat. Viele Menschen zog es im Rhein-Sieg-Kreis gleich ins Freie: Zum Beispiel zum Drachenfels, ans Rheinufer oder auch in den Rheinbacher Freizeitpark. Ein Überblick.

 Ein touristischer Hotspot nach den Corona-Lockerungen: Der Drachenfels im Siebengebirge.

Ein touristischer Hotspot nach den Corona-Lockerungen: Der Drachenfels im Siebengebirge.

Foto: Frank Homann

Die allgemeine Freude war am ersten Wochenende der Corona-Lockerungen im Rhein-Sieg-Kreis regelrecht spürbar: Viele Menschen haben die Zeit genutzt, um Ausflüge in die Natur zu unternehmen. Ein Überblick, was in den Städten und Kreisen los war.

Viele Menschen in Troisdorf und Niederkassel unterwegs

Nach Wochen war der Spielplatz am Mondorfer Rheinufer nahe des Fähranlegers in Niederkassel wieder geöffnet. „Das Verhalten der Kinder hat sich in den Wochen zunehmend verändert. Es war sehr anstrengend“, berichtete etwa Adrian Tini, der mit seinen beiden Töchtern aus Troisdorf-Rotter See an den Rhein gekommen war.

Die Mädchen schaukelten fröhlich im Sonnenschein. Ein Stück weiter auf einer Bank sonnte sich mit Blick auf den Kinderwagen die Lohmarerin Heike Kunzendorf: „Für die Kinder ist das auf jeden Fall schön.“ Die Öffnung des Spielplatzes sei für ihre Familie eine Erleichterung, der Kontakt zu Gleichaltrigen habe den Kindern gefehlt. Die Troisdorferin Sandra Podgorski zeigte sich ebenfalls erleichtert: „Unsere Große war ziemlich schwierig.“

Großes Aufatmen also darüber, dass der Spielplatz wieder offen ist. Seit dem 9. April war nicht nur er, sondern auch der gesamte Bereich rund um die Mondorfer Fährstation für die Öffentlichkeit gesperrt. Damit hatte die Stadt Niederkassel auf zahlreiche Verstöße gegen die Corana-Regeln reagiert. Zum Beginn des Wochenendes konnte sie die generelle Zwangspause für Nah­erholungssuchende nun beenden.

Warnhinweise an den Zugängen zeugen indes davon, dass damit keineswegs die Normalität zurückgekehrt ist. So hat die Stadt etwa ein striktes Verzehrverbot auf den Terrassen und Wiesen am Rhein angeordnet. Doch daran hielten sich am Wochenende viele nicht. Unbekümmert saßen die Menschen in kleinen Gruppen in der Sonne. Sie blieben vom Ordnungsamt unbehelligt.

Am Imbiss ein paar Meter weiter freuten sich Sandro Orto und Dimi Zervas, dass wieder mehr Menschen kommen, um Würstchen und Pommes zu kaufen. Der Stand ist das zweite Standbein von Wirt Konstantinos Zervas, dem Betreiber des Wirtshauses „Zur Sieg“. „Sonst hätte es bitter ausgesehen“, sagte Sandro Orto. Als entspannt erlebte auch der Bonner Frank Michael die neue Atmosphäre rund um den Hafen: „Die hatten hier alles mit Gittern abgesperrt“. Sein Freund Peter Dinkelbach sagte, man könne, um Abstand zu halten, den Leuten hier gut ausweichen. „Ich persönlich achte sehr auf den Abstand“, sagte er.

Obwohl es das Wetter am Wochenende zugelassen hätte, war es im beliebten Hafengebiet nicht übermäßig voll. Beim Restaurant Schlimgen flatterten bis Sonntagabend im Biergarten weiterhin Absperrbänder: Thekenbetrieb im Einbahnsystem. Gastronom Klaus Hartfeld hatte in den Wochen zuvor mit seinem Team 950 Schutzmasken für die Mondorfer genäht. Einige sind noch zu haben. Der Erlös komme dem Troisdorfer Tierheim zugute, so Hartfeld.

Wegen des 50 Meter Gebots kämen etliche Gäste an die Theke, ließen sich ihr Bier zapfen und drehten eine Runde ums Grundstück. Einer drehte stolze 15 Runden, schmunzelte Hartfeld. Die Abstandsregel wurde nun um die Hälfte auf 25 Meter reduziert. Für einige Mondorfer avancierte die Mauer vor dem Biergarten am Samstagnachmittag daher zum Treffpunkt. Dietmar Schiewek freute sich: „Wir haben uns hier zufällig getroffen. Das miteinander Sprechen hat sehr gefehlt.“

Johanna Schneider aus Mondorf ist froh, wenn diese außergewöhnliche Zeit ein Ende hat. Gemeinsam mit einer Freundin genoss sie am Wochenende das Rheinpanorama. Am anderen Ende der Parkbank hatte die Troisdorferin Gertrud Steinbach Platz genommen: „Für uns ist das ein Aufatmen.“

 Auch die Insel Grafenwerth war gut besucht.

Auch die Insel Grafenwerth war gut besucht.

Foto: Frank Homann

Einen Kilometer weiter an der Siegfähre in Troisdorf-Bergheim herrschte reges Treiben am Strand. Fährmann Gabriel Gaic mit Maske war in seinen Worten freundlich, aber knapp: „Abstand! Statt 20 nur sechs Leute!“ Oberhalb im Restaurant gab es Außerhausverkauf. Wirt Alexander Adscheid hatte nach der Winterpause seine 20 Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken müssen. Am Sonntag bereitete sich seine Mannschaft mit einer Hygieneschulung auf die Wiederinbetriebnahme vor. Öffnen wird das beliebte Ausflugslokal am Mittwoch.

„Normalerweise haben wir hier bei schönem Wetter bis zu 400 Gäste“, sagte Adscheid. Doch er ist besorgt: „Man weiß nicht, was auf einen zukommt. Ich habe Angst vor einem zweiten Shutdown.“ Am Wochenende stemmte er den mageren Betrieb noch mit Ehefrau Petra, Sohn Marlon und Tochter Alina allein. Eisverkauf für die Badegäste am Kiesstrand. Der war proppenvoll. Auch die Parkplätze ringsum. Rund um die Siegmündung jedenfalls zeigte sich das Leben am Wochenende von einer schönen Seite.

Besucher der Drachenburg lassen nicht auf sich warten

Schloss Drachenburg durfte nach der Corona-Pause wieder öffnen – und die Besucher ließen am Wochenende nicht auf sich warten. Überhaupt: Der Drachenfels war gut bevölkert. Viele pilgerten den Eselsweg hinauf, um vom Plateau oder auch von der Burgruine aus die Aussicht ins Rheintal zu genießen. Andere Familien oder Paare machten am Schloss Station, erkundeten das Gebäude oder spazierten im Park.

„Es ist traumhaft hier am Drachenfels“, sagte eine Bonnerin, die sich am Samstag nach den Corona-Lockerungen bei herrlichem Sonnenschein den Schlossbesuch gönnen wollte. „Homeoffice, die Kinderbeschulung – heute kümmert sich mein Mann zu Hause um alles. Ich habe frei, ein vorgezogenes Muttertagsgeschenk“, sagt sie, während sie sich den steilen Hang hochkämpft. „Die Drachenfelsbahn fährt leider noch nicht.“

An der Rheinpromenade spazierten Sonnenhungrige und schleckten ein Eis. Das Königswinterer Fahrgastschiff „Theresia“ war noch an der Anlegestelle vertäut. „Wir hängen noch in der Luft“, meinte Kapitän Franz Schmitz von der Personenschifffahrt Schmitz Königswinter. „Wir haben Glück, dass wir auf unserem Schiff lose Tische haben, die wir verschieben können, um den Abstand einzuhalten. Wir hoffen, dass wir am Vatertag loslegen können.“ Bisher dürften auch die Reisebusse nicht fahren, sodass ihm auch Fahrgäste fehlen, berichtet er. Einige Anfragen gäbe es dennoch bereits.

Im Garten des Siebengebirgsmuseums suchte eine Kunsthistorikerin aus Bad Honnef den Schatten auf einer der Steinbänke am Brunnen, bevor sie sich die Sonderausstellung über die Grand Tour des 19. Jahrhunderts anschaute. „Ich habe Sehnsucht nach Museen, ich kenne das Siebengebirgsmuseum von früheren Besuchen her. Die Grand Tour ist ein wunderschönes Thema, das den Rhein und Italien verbindet.“ Museumsleiterin Sigrid Lange: „Heute sind schon einige Besucher dagewesen. Ich freue mich, dass es losgeht.“

Auch über die Insel Grafenwerth spazierten die Sonnen- und Bewegungshungrigen. Manch einer wäre gerne ins idyllische Freizeitbad gegangen. Das machte bereits einen einladenden Eindruck, ist aber wegen der Corona-Pandemie vorläufig geschlossen. Die Tennisplätze des TC Rot-Weiß auf der Insel Grafenwerth präsentierten sich gut hergerichtet, zwei Plätze wurden mit Wasser besprengt, während auf anderen Spielflächen bereits die ersten Bälle flogen. „Ich betrachte es als schönes Geschenk, dass wir nun wieder auf den Platz dürfen“, meinte Bonita Hoss-Saal aus Sankt Katharina nach einem ersten Trainingsmatch mit Daniela Christmann aus Königswinter. Die beiden Tennisspielerinnen gehören dem Team Damen 40 an, das in der Oberliga vertreten ist.

„Unsere Mannschaftsmitglieder treffen sich neben dem Training normalerweise einmal im Monat zum Essen. Stattdessen haben wir wegen Corona vor drei Wochen einen Videochat durchgeführt, damit wir den Kontakt nicht verlieren.“ Christmann: „Dabei ging es darum, ob wir gesund sind, wie es um die Spielsaison steht. Hinter dem Starttermin der Medenspiele am 14. Juni steht noch ein Fragezeichen.“ Einige Mannschaftsmitglieder haben bereits signalisiert, dass sie eigentlich lieber die Saison abhaken würden. „Ihnen fehlt das Miteinander, denn wir müssen Abstand halten, es gibt keine Zuschauer.“

Lutz Stader hatte eine Radtour gemacht und sich prophylaktisch einen Schläger auf den Rücken geschnallt. „Mal schauen, ob ich zufällig einen Spielpartner finde“, meinte der Bad Honnefer. „Auf einer App können wir uns für ein Spiel anmelden. Einige Buchungen gibt es bereits“, meinte er mit Blick auf sein Handy.

Da der TC Rot-Weiß mit dem Rheinbreitbacher Tennisverein kooperiert, dürfen die Spieler auch dort trainieren; in Rheinland-Pfalz war das bereits ab 20. April wieder möglich. Stader: „Hier auf der Insel haben wir aber auch Gastronomie, das ist sehr schön.“ Das Clubhaus-Wirtspaar Maximilian Fuhrmann und Christina Klein bot zum Saisonauftakt zwar schon Speisen und Getränke an – aber nur „to go“. Christina Klein: „Die Terrasse ist noch bis zum 12. Mai gesperrt. Wir hoffen, dass es bald wieder richtig losgeht.“ Gestern riefen auch die Kirchen wieder zu Gottesdiensten, Teilnahme – mit Maske, ohne Gesang und Abendmahl.

Viel Betrieb in Rheinbacher Freizeitpark

Für viele Besucher aus der näheren und weiteren Umgebung ist der Rheinbacher Freizeitpark das lang ersehnte Ziel. In der 1979 eröffneten weitläufigen Anlage mit ihren über 15 Hektar geschlossener Freizeitlandschaft sind die kostenlosen Angebote für alle Altersgruppen endlich wieder geöffnet.

Am Parkplatz ist gerade eine vierköpfige Gruppe Biker von einer ersten gemeinsamen Ausfahrt nach den Lockerungen zurückgekehrt. Sie sind extra aus Kempen am Niederrhein angereist. Dort könne man zwar auch Radfahren, aber ständig nur im Flachen sei das langweilig, sind sie sich einig. In der Umgebung Rheinbachs sei es attraktiver: 55 Kilometer bei tausend Höhenmetern hätten sie zurückgelegt.

Zu seinen Erfahrungen im Lockdown sagt Gruppenmitglied Frank Köhler: „Man fühlte sich schon eingeschränkt. Aber das waren Freiheiten, auf die man sechs Wochen lang auch mal verzichten konnte.“ Anders als etwa in Frankreich habe man rausgehen und Radfahren können, wenn auch allein.

Am anderen Rand des Parkplatzes üben jugendliche und junggebliebene Skater auf der wieder offenen Anlage Tricks wie Ollies, Slides oder Grinds. Unter ihnen ist der 32-jährige Philip Middelhoff. Er sei seit 19 Jahren leidenschaftlicher Skateboarder und freue sich riesig, zum ersten Mal die wieder freigegebene Anlage nutzen zu können. In der Zeit des Lockdowns habe er versucht, alleine überall, wo irgend möglich, zu skaten – zum Beispiel in Industriegebieten, wo man abends niemanden gestört habe, erzählt er.

Dass es die Einschränkungen gab, beurteilt Middelhoff positiv: „Es war ein richtiger Schritt, alles zuzumachen“, sagt er. Als Mitarbeiter eines Bonner Touristikunternehmens, das stark von der Krise betroffen sei, sei er zu hundert Prozent in Kurzarbeit gewesen. „Das ist dann zwar besonders schwierig, wenn man seinen Sport nicht ausüben kann. Aber umso größer ist die Freude, wenn die Anlage jetzt wieder auf ist“, sagt Middelhoff.

Darüber freut sich auch der 15-jährige Niclas. In der Zeit der Corona-Einschränkungen hatte er für seinen Skatesport nur einen eher ungewöhnlichen Ort zur Verfügung: die elterliche Garage. Was zwar besser gewesen sei als gar nichts, aber doch nicht so toll, wie auf der Anlage zu fahren. Als Schüler habe er die gestellten Aufgaben immer sofort erledigt, wie er sagt. Auf diese Weise habe es schon einen Unterschied gemacht, als dann Osterferien waren: „Es hat sich schon voll wie Ferien angefühlt.“

Groß war auch die Freude von Ursula und Hans-Eberhard Peters: Zum ersten Mal nach sechs Wochen konnten sie wieder einen ganzen Tag mit ihren beiden Enkeln Jona (5) und Merle (3) verbringen. Die Dreijährige weiß schon genau, was es in Zeiten von Corona zu beachten gibt. „Aber Abstand halten“, habe Merle zu ihr gesagt, als sich Großeltern und Enkelkinder zum ersten Mal wiedergetroffen hatten, erzählte die 66-jährige Ursula Peters.

Zuletzt hatte das Ehepaar die Enkel nur „im Garten“ mit viel Abstand gesehen. Die Einkäufe habe er in den vergangenen Wochen komplett seiner Frau überlassen, die als die Jüngere das kleinere Risiko gehabt habe, sagt der 74-jährige Hans-Eberhard Peters. Ihr Wander-Hobby hatte das Ehepaar während des Lockdowns fortsetzen können.

Allerdings hätten sie außer ihren Enkeln noch etwas vermisst: Ursula Peters die Bücherei und beide, über ihre Wanderungen im Internet zu schreiben. „Das war die größte Beeinträchtigung in dieser Zeit, dass wir keine Wanderberichte einstellen konnten. Wir wollten vermeiden, dass zu viele Leute diese Wanderungen gleichzeitig unternehmen“, sagt Hans-Eberhard Peters.

Ihr fünfjähriger Enkel Jona freundete sich im Freizeitpark mit dem sechsjährigen Beniamino aus Köln an. Beniamino, sein Vater Marco (45) und Lissy (38), die nur ihre Vornamen in der Zeitung lesen wollen, hatten den Freizeitpark zufällig nach einem Fahrradkauf in Rheinbach entdeckt. „Es ist richtig befreiend, wieder raus zu dürfen“, sagte Vater Marco. Dies vor allem nach den „ziemlich anspruchsvollen Wochen“, in denen er für den Heimunterricht ebenso wie für die Gestaltung der Freizeit seines Sohns rund um die Uhr der einzige Ansprechpartner gewesen sei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort