Flüchtlingspaten in Bad Honnef Männliche Paten sind noch zu selten

Bad Honnef · Vier Ehrenamtliche aus Bad Honnef und Aegidienberg berichten über ihre Erfahrungen mit Flüchtlingen.

 Lotse im Behördendschungel: Klaus-Jürgen Hütten (r.) betreut ehrenamtlich Flüchtlinge.

Lotse im Behördendschungel: Klaus-Jürgen Hütten (r.) betreut ehrenamtlich Flüchtlinge.

Foto: Frank Homann

„Unsere Jungs“. Immer wieder fällt diese Formulierung, wenn Flüchtlingspatin Daniela Schulz über ihre Schützlinge spricht. Fürsorge klingt aus ihren Worten, ebenso große Verbundenheit. „Unsere Jungs“, das sind zwölf junge Männer, die von Daniela Schulz und einer weiteren Patin in Aegidienberg betreut werden. Wie viele andere Ehrenamtliche in Bad Honnef und Aegidienberg setzen sie sich dafür ein, Flüchtlingen das Ankommen im neuen Umfeld, in einem fremden Kulturkreis, zu erleichtern.

Sie säen nicht nur, sie ernten auch: Wie Daniela Schulz empfinden das auch der Aegidienberger Klaus-Jürgen Hütten sowie die Bad Honnefer Karin Südkamp und Christian Geuer. „Es ist so, dass man auch sehr viel gewinnt“, sagt Südkamp. Die vier Flüchtlingspaten berichten im Gespräch mit dem General-Anzeiger aus ihren Erfahrungen. Und wünschen sich, dass der Kreis der Paten weiter wächst.

„Ich habe diese Bilder gesehen und dachte, ich muss einfach etwas tun“, beschreibt Schulz ihre Triebfeder zu helfen – es waren Bilder von Krieg, Vertreibung, Flucht. Sie nahm Kontakt auf zum Internationalen Café Aegidienberg, zu dessen Kernteam sie heute gehört. Und war „überwältigt“ davon, was dort an praktischer Integrationsarbeit geleistet wird. Als Patin betreute sie zunächst eine albanische Familie, die aber wieder in die Heimat zog. Nun sind es „unsere Jungs“.

Der Bad Honnefer Christian Geuer betreut acht Syrer. Darunter sind vier junge Männer, die erst in Bad Honnef untergebracht waren, dann in eine Unterkunft in Aegidienberg umzogen. Das bedeutet mehr Aufwand für den Paten. Trotzdem betreut er sie weiter: „Es ist ein besonderes Verhältnis, das wollten weder sie noch ich brechen.“

„Ich wollte raus aus der theoretischen Diskussion“, sagt Klaus-Jürgen Hütten. Heute betreut er vier Einzelpersonen, eine Familie und ein junges Paar. Karin Südkamps erster Kontakt lief über das Café International im Tal. „Dort habe ich mein Patenkind kennengelernt“, sagt sie. Mit 16 Jahren gehört die junge Frau aus Damaskus zu den „unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen“. Südkamp nahm das Mädchen auf, übernahm die Vormundschaft. Und scheute keinen Weg, um der jungen Frau den ersehnten Schulbesuch – mit dem Ziel Abitur – zu ermöglichen. „Gerade für Jugendliche jenseits der Schulpflicht fehlt es hier an Lösungen“, sagt sie.

Auf die Frage, wie der Paten-Einsatz mit dem Beruf vereinbar ist, denn bis auf Südkamp sind alle berufstätig, sagt Hütten: „Jeder kann tun, was und wie viel er möchte. Jeder hat andere Stärken, und jeder noch so kleine Beitrag hilft.“ Schulz: „Im Zusammenspiel deckt man sehr viel ab.“ Wichtig sei die Vernetzung untereinander, damit immer ein Ansprechpartner da sei und Dinge auch nicht doppelt laufen. Unterschiedlich sei, wie weit sich die Paten im Privaten abgrenzen. Während einige schon Flüchtlinge bei sich zu Hause bewirteten, schotten andere ihr Privatleben ab – auch aus Selbstschutz, so Geuer: „Wenn jemand intensiv einsteigt, kann er auch intensiv enttäuscht werden.“

Reibungslos ist der Einsatz nicht. Die Bürokratie hat manchen Paten schon Nerven gekostet, obwohl es auch in Behörden „viele Engagierte“ gibt, wie Südkamp sagt. Es gebe Überforderung halt auf vielen Ebenen. „Und der Papierkram ist unglaublich“, ergänzt Geuer. Die Paten hofften auf einen Masterplan, der die Dinge transparenter machen soll.

Das Eis, auf dem sich die oft traumatisierten Flüchtlinge bewegen, ist zugleich sehr dünn. „Alleine das Gerücht in einer Unterkunft, dass einer seinen Pass bekommen hat, kann für größte Unruhe sorgen“, weiß Hütten. Die enge Unterbringung unterschiedlichster Nationalitäten und Religionszugehörigkeiten, und das ohne Privatsphäre, berge Probleme. Geuer berichtet von Drohungen und Schlimmerem: „Konflikte werden da anders ausgetragen.“

Auch hier sind die Paten gefragt: Sie bilden Vertrauen, werden als eine Art menschliche Instanz akzeptiert. Südkamp: „Dann muss man halt auch sagen: Wir sind tolerant euch gegenüber, dann seid es zu uns und untereinander.“ Hütten: „Ich habe schon erlebt, dass ein Familienvater sagte: Deutsch lernen? Meine Frau braucht das nicht.“ In solchen Situationen habe ein männlicher Pate – und davon gebe es leider zu wenig – ein anderes Standing. „Wenn dann noch ein Landsmann dabei ist, der schon länger hier ist, hilft das sehr.“

Deutsch zu lernen sei das A und O, betont Hütten. „Ich bin schon enttäuscht, wenn die Angebote nicht angenommen werden. Ich bringe sehr viel ein.“ Als Gegenleistung sollten sich die Ankommenden ebenfalls bemühen. Auch Geuer meint: „Wenn man fördert, muss man auch fordern. Mir fehlt es da manchmal an Verbindlichkeit.“

Wenn einer klage, dass er keinen Ein-Euro-Job bekomme, entgegne sie: „Euer Job ist es, Deutsch zu lernen“, sagt Schulz. „Wir haben eine Tafel besorgt für die Unterkunft, und jetzt unterrichten sich die Jungs nach dem Kursus gegenseitig.“ Laptops seien Mangelware, zugleich aber perfekt, um Deutsch zu lernen.

Nachlassen in ihrem Engagement wollen die vier keineswegs. „Ich bin von dem Patensystem absolut überzeugt“, sagt Geuer. „Und dümmer geworden bin ich dadurch auch nicht“,sagt Schulz und berichtet von langen Gesprächen mit „ihren Jungs“, etwa über Islam und Christentum, über die alte Heimat in der Ferne und die neue Heimat hier. Hütten: „Das ist gelebte Integration.“

Infos

Der erste Kontakt mit der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe wird oft bei den regelmäßigen Treffen geknüpft: Das Café International im Honnefer Tal findet donnerstags von 16 bis 19 Uhr im evangelischen Gemeindezentrum, Luisenstraße 13, statt, das Pendant in Aegidienberg freitags von 16 bis 19 Uhr im evangelischen Gemeindezentrum, Friedensstraße 11 bis 15.

Derzeit engagieren sich in Bad Honnef rund 120 Ehrenamtliche in der Erstbegleitung oder als Paten für die Flüchtlinge. Hinzu kommen zahlreiche Helfer, die sich etwa um die Sachspenden kümmern, die den Ankommenden zur Verfügung gestellt werden können.

Umfangreiche Informationen zum Runden Tisch Asyl, zu Initiativen wie den Internationalen Cafés oder der Nähstube sowie zu allen Ansprechpartnern gibt es im Internet auf der Homepage der Stadt Bad Honnef unter www.bad-honnef.de. Wer helfen möchte, findet dort ein Kontaktformular, über das er mit dem Fachdienst Asyl in Verbindung treten kann.

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