Nächtliche Führung durch Schloss Drachenburg Willkommen zur Geisterstunde

KÖNIGSWINTER · Wenn um Mitternacht die Turmuhr zwölf Mal schlägt, beginnt die Geisterstunde. Allerdings halten sich nicht alle Gruselwesen unbedingt an die für sie vorgesehene Uhrzeit. Auf Schloss Drachenburg zum Beispiel wird es schon geisterhaft, sobald die Sonne hinter dem Horizont verschwunden ist und die Dunkelheit hereinbricht.

 Hereinspaziert: Zu später Stunde geben sich die unheimlichen Schlossbewohner zu erkennen.

Hereinspaziert: Zu später Stunde geben sich die unheimlichen Schlossbewohner zu erkennen.

Foto: Frank Homann

Samstagabend, 20.30 Uhr Uhr: Der Himmel über dem Schloss leuchtet in der Abenddämmerung in gespenstischem Orangerot. Längst haben sich die Tore hinter den Besuchern geschlossen - hinter allen, außer dem kleinen Grüppchen "Geisterjäger", die sich gemeinsam mit Peter Wendland auf eine nächtliche Führung begeben werden, um das Schloss und seine unheimlichen Bewohner kennenzulernen.

Wie viele Geister wir wohl zu Gesicht bekommen, möchte ich wissen. Wendland zuckt mit den Schultern: "Man kann vorher nie sagen, wie viele sich blicken lassen". Noch wird gescherzt und gekichert in der Runde; viele Paare sind dabei und eine echte Braut: Sabrina, die mit Freundinnen ihren Junggesellenabschied feiert. Am Eingang verteilt unser Schlossführer kleine Laternen. Die Spannung steigt. Ich fühle mich ein bisschen wie vor der Fahrt in einer Geisterbahn.

Am Fuße der mächtigen Holztreppe im Erdgeschoss beginnt Wendland vom Schloss und seiner Geschichte zu erzählen. Doch was ist das? Im fahlen Licht der Laterne erkenne ich, dass sich über dem Pärchen mir gegenüber eine dicke Spinne mit haarigen Beinen abseilt. Die beiden merken nichts, bis einer Frau ein erschrockenes "Iiieh" entfährt. Wie von Geisterhand klettert die Spinne den Faden wieder empor. Ich meine, irgendwo Orgelklänge zu vernehmen und Schritte, die über alte Holzdielen schlurfen.

Auch Türknarzen zählt zu den unheimlichen Geräuschen, die uns in den nächsten zweieinhalb Stunden immer wieder begegnen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich Schloss Drachenburg besuche, doch im Licht bunter Scheinwerfer dezent illuminiert, haben die Räume etwas Mythisches - ebenso wie die Geschichte, die unser Schlossführer uns erzählt. Auch wenn sich die Geister bislang noch nicht direkt haben blicken lassen, ihre Anwesenheit ist förmlich zu spüren. So wirklich wohl ist keinem von uns, als Wendland uns auffordert, jeweils zu zweit durch einen dunklen Gang zu gehen - ohne Laterne wohlgemerkt.

"Immer geradeaus gehen, ganz egal was passiert", lautet der letzte Tipp, bevor die mächtige Holztür hinter uns ins Schloss fällt. Es ist stockfinster. Mir klopft das Herz bis zum Hals. Die ersten Schritte setzen wir noch zögerlich, dann immer schneller. Ich erwarte jeden Augenblick, eine knochige Hand auf meiner Schulter zu spüren.

Hat mich da nicht gerade ein kalter Atemhauch gestreift? Meine Begleiterin kreischt und schiebt mich in die Richtung, in der sie die Tür vermutet. Bloß raus hier. Wir haben es geschafft und atmen auf. Im Nachhinein müssen wir lachen. Ich bin froh, nicht auch noch zu den Auserwählten zu zählen, die Extraaufgaben zu bewältigen haben und zum Beispiel in einem dunklen Raum eine kleine Schatulle finden müssen.

Immer wieder lassen sich nun auch unheimliche Gestalten blicken - selten vor versammelter Mannschaft, sondern immer dann, wenn man nicht damit rechnet: So grinst mir beim Blick aus dem Fenster unversehens eine grässliche Fratze entgegen - der Schreck fährt mir durch Mark und Bein. Im Nibelungenzimmer gibt Wendland die Geschichte von Brunhild und Kriemhild zum Besten - am Ende fliegt, von Geisterhand geworfen, der abgehackte Kopf von Hagen von Tronje durch den Raum.

Zum Abschluss der Führung wird es dann zur Abwechslung ganz romantisch. Wir klettern auf den Nordturm und genießen in der Stille den traumhaften Blick über das nächtliche Rheintal. Auf dem Rückweg werfe ich einen letzten Blick hoch zum Schloss: Zwischen den Zinnen steht regungslos eine schwarze Gestalt mit Zylinder. Ihr fahles weißes Gesicht leuchtet im Licht des Mondes. Ein letzter Gruß der unheimlichen Bewohner von Schloss Drachenburg.

Die nächste Geisterstunde findet am Freitag, 22. Mai, um 21 Uhr statt. Weitere Termine unter www.schloss-drachenburg.de. Die Führung kostet 22 Euro für Erwachsene und 16,50 Euro für Jugendliche. Tickets sind an der Schlosskasse oder über den Online-Shop erhältlich.

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