Zwischen Neubau und Null-Lösung Wie in Königswinter das zentrale Rathaus geplant wird

Königswinter · Der Stadt steht die nächste große Entscheidung bevor: Zieht sie ihre Verwaltungsstellen in einem neuen Rathaus in Oberpleis zusammen? Oder bleibt alles beim Alten? Die Verwaltung hat erste Berechnungen angestellt.

Kaum ist die Bäderfrage entschieden, steht Königswinter die nächste große Diskussion ins Haus. Nachdem die Stadtverwaltung in der letzten Ratssitzung des Jahres eine erste Wirtschaftlichkeitsberechnung für den Bau eines zentralen Rathauses vorgelegt hat, dürfte das Thema die Politik im kommenden Jahr intensiv beschäftigen.

Dabei stellte Martin Gautsch von der städtischen Kämmerei die Kosten bei einer weiteren Nutzung der bestehenden Gebäude („Null-Lösung“) den Kosten eines neu zu errichtenden Verwaltungsgebäudes gegenüber. Bei einem Neubau ging die Stadt davon aus, dass das Gelände des städtischen Bauhofs in Oberpleis Standort würde. Vorteil: Es wäre kein Grundstückskauf notwendig.

Das Ergebnis der Prüfung: Beim Barwert ergibt sich über einen Betrachtungszeitraum von 30 Jahren zwischen den Varianten nur ein minimaler Unterschied in Höhe von 0,6 Prozent. 31,1 Millionen Euro für die „Null-Lösung“ stehen 32,3 Millionen Euro für einen Neubau gegenüber. Wobei beim Neubau die Verkaufserlöse der Altstandorte mit 2,1 Millionen Euro und Personaleinsparungen mit 257 000 Euro kalkuliert wurden.

Viel größer – nämlich 45,8 Prozent – ist der Unterschied, wenn man die Restbuchwerte beider Varianten betrachtet. Bei einem Neubau schlagen 15,5 Millionen Euro, bei der „Null-Lösung“ nur 1,1 Millionen Euro zu Buche. Somit beträgt der Ressourcenverbrauch beim Neubau 16,8 Millionen Euro, bei der „Null-Lösung“ jedoch 31 Millionen Euro.

Berechnung berücksichtigt viele Parameter

Bei den Bestandsgebäuden hat man sich laut Gautsch nicht nur die bisher von der Verwaltung genutzten Bauten angeschaut, sondern zum Beispiel auch die ehemalige Paul-Moor-Schule, die die Stadt vor zwei Jahren dem Rhein-Sieg-Kreis abgekauft hatte und die zurzeit als Flüchtlingsunterkunft und von den Stadtratsfraktionen genutzt wird. Bei den Unterhaltungsaufwendungen wurde nicht nur von einem Jahr, sondern von den durchschnittlichen Kosten der Jahre 2011 bis 2016 ausgegangen. Für die Zukunft wurde eine zweiprozentige Preissteigerung eingerechnet.

Die Erhaltungsaufwendungen wurden nach dem Gutachten der VBD Beratungsgesellschaft für Behörden mbH aus dem Jahr 2010 berechnet unter der Annahme, dass alle mittel- und langfristigen Maßnahmen innerhalb von 15 Jahren durchgeführt werden. Nach Ablauf der 15 Jahre wurden 1,5 Prozent des Wiederbeschaffungswerts angesetzt. Beim Neubau ging die Stadt von einem Platzbedarf pro Mitarbeiter von 25 Quadratmetern aus, wobei Nebenflächen wie Toiletten oder Flure, aber auch Besprechungsräume und der Ratssaal mitgerechnet wurden. Bei den Baukosten wurde der Index von 2017 zugrunde gelegt und ein Risikozuschlag von zehn Prozent angenommen.

Bei den Unterhaltungsaufwendungen für Gas, Strom und Wasser ging die Stadt von Einsparungen durch eine energetische Bauweise aus, bei den Heizkosten zum Beispiel 25 Prozent. Auch wurde davon ausgegangen, dass der Neubau neue Möbel erhält. Eine weitere Annahme ist, dass Bestandsgebäude wie das Haus Bachem, das Alte Kutscherhaus und die Büros der Erziehungsberatungsstelle im Haus Schützenstraße 4 weitergeführt werden.

Neubau würde theoretisch 80 Jahre genutzt

Bei den Verkaufserlösen legte die Kalkulation in der Altstadt den Bodenrichtwert mit einem Quadratmeterpreis von 300 Euro zugrunde. Die Planungs- und Bauphase wurde bis Ende 2021 angesetzt. Bei der Nutzungsdauer des Neubaus wurden 80 Jahre angenommen.

Als „Denkanstoß, nicht mehr und nicht weniger“ bezeichnete Bürgermeister Peter Wirtz die Grobuntersuchung. Dabei habe man sich dem Thema sehr konservativ genähert. Bei den Verkaufserlösen der Altstandorte seien sehr niedrige Erlöse angesetzt worden. Wirtz geht auch davon aus, dass das Haus Bachem, in dem er zurzeit seinen Dienstsitz hat, künftig als zentrale Anlaufstelle für gesellschaftliche Ereignisse auch bei einem Rathaus-Neubau weiter gebraucht werde. „Es kann dann dieselbe Rolle spielen wie zum Beispiel das Alte Rathaus in Bonn.“

Das Interesse der Politiker an der ersten Untersuchung war groß. Die Koalitionsparteien im Stadtrat hatten das zentrale Rathaus bei der Unterzeichnung ihres neuen Koalitionsvertrages im Mai neben der Haushaltssanierung als großes Thema der kommenden Jahre bezeichnet. „Das wird es nicht mehr geben, dass wir erst die bestehenden Standorte vermarktet haben wollen. Das belastet das ganze Verfahren“, hatte CDU-Fraktionschef Josef Griese damals gesagt.

Vor Jahren waren die Pläne für einen zentralen Verwaltungsstandort zu den Akten gelegt worden, weil sich damals keine Käufer für die Gebäude in der Altstadt, in Oberpleis und Thomasberg gefunden hatten. Die Gemeindeprüfungsanstalt hatte den Stein im vergangenen Jahr wieder ins Rollen gebracht: Sie erkennt in einem zentralen Rathaus ein erhebliches Einsparpotenzial.

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