Netzwerk "Frühe Hilfen" Wenn Mütter unglücklich werden

KÖNIGSWINTER · Das Netzwerk "Frühe Hilfen" Siebengebirge unterstützt Eltern mit postnataler Depression.

 Etwa jede zehnte Mutter entwickelt nach der Geburt des Babys eine postnatale Depression.

Etwa jede zehnte Mutter entwickelt nach der Geburt des Babys eine postnatale Depression.

Foto: dpa

Wenn das erste gemeinsame Kind kommt, wird für viele junge Eltern ein Traum wahr. Monatelange Vorfreude, wochenlange Vorbereitung - doch ist das Baby schließlich da, schwindet die Begeisterung manchmal so schnell, wie sie aufkam. Stattdessen machen sich Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit breit. Mutter und Vater erscheint die neue Verantwortung nicht selten viel zu groß, um sich über ihr Wunschkind freuen zu können.

Mutterglück kann auch unglücklich machen: Etwa jede zehnte Mutter entwickelt nach der Geburt eines Babys eine sogenannte postnatale Depression. Bei den Vätern sieht die Lage nicht besser aus: Alleine im Einzugsgebiet von Bad Honnef und Königswinter wird mit jährlich etwa 50 betroffenen Familien gerechnet.

Doch vor allem in den ersten Lebensmonaten gibt es für ein junges Kind nichts Prägenderes als das Verhältnis zu seinen Eltern: "Ist die Mutter-Kind-Bindung beeinträchtigt, kann das für das Baby später schwerwiegende Folgen haben", so Kinderärztin Beate Schaaf. "Wenn die Mutter nicht auf das Kleine eingehen kann, dann fehlt ein wesentlicher Punkt für den Start ins Leben."

Im Fall einer postnatalen Depression ist daher schnelle Hilfe geboten. Seit dem Inkrafttreten des neuen Bundeskinderschutzgesetzes im vergangenen Jahr sind die Kommunen dazu verpflichtet, "Frühe Hilfen" für werdende Eltern und Familien mit Kleinkindern anzubieten. Das bedeutet, möglichst aktiv familiären Fehlentwicklungen, darunter auch durch postnatale Depression, vorzubeugen und somit den Kindern ein sicheres, vertrauensvolles Umfeld garantieren zu können. Um die praktische Umsetzung dessen zu erleichtern, ist eine enge Vernetzung aller beteiligten Institutionen notwendig.

Das Netzwerk "Frühe Hilfen" im Siebengebirge befasst sich aktuell intensiv mit dem Thema "psychosoziale Betreuung rund um die Geburt". Die bestehenden Unterstützungsangebote miteinander zu verknüpfen, hat dabei Priorität. Ein flexibles Hilfesystem für Rat suchende Eltern soll aufgebaut werden - dazu hat das Netzwerk sich an zahlreiche Fachleute aus Bad Honnef und Königswinter gewandt. Die Vernetzung aller relevanten lokalen Vertreter soll betroffenen Familien eine bessere Begleitung sichern. "So können wir aus sämtlichen Kompetenzen schöpfen", erklärt Marion Kramer vom Jugendamt Bad Honnef.

Wer sich also nach der Geburt seines Kindes überfordert, demotiviert und niedergeschlagen fühlt, wird dazu aufgerufen, sich schnellstmöglich an den Ansprechpartner seiner Wahl zu wenden. Ein vertraulicher Umgang mit den Sorgen und Problemen wird garantiert.

Doch nur jede dritte Frau suche therapeutische Hilfen auf, so Rita Rixen-Willmann, Koordinatorin des Hallo-Baby-Sozialdienstes: "Die Angst, als Mutter versagt zu haben, ist oft zu groß. Viele denken sich 'Ich freue mich nicht über mein Kind, ich bin eine schlechte Mutter' - und vergessen dabei, dass nicht jede Mutter strahlen muss." Eine Schwangerschaftsdepression sei keine Seltenheit, so Rixen-Willmann. Es gebe keinen Grund, sich zu schämen. Doch auch die Beteiligung des Jugendamtes schreckt viele Betroffene ab. "Wir agieren nur im äußersten Fall intervenierend", erinnert Ute Berledt-Dörr vom Jugendamt Königswinter. Das Image von der Institution, die Eltern sofort ihre Kinder wegnähme, sei unbegründet: "Unser Fokus liegt auf der Prävention." Denn das fördere - viel eher als irgendwelche Eingriffe - das Wohl des Kindes.

Netzwerk "Frühe Hilfen"

Das Netzwerk "Frühe Hilfen" gibt es bereits seit 2008. Vier Mal im Jahr kommen zahlreiche Fachleute aus Bad Honnef und Königswinter unter der Organisation der beiden Jugendämter zusammen. Gemeinsam setzen sich Hebammen, Kinderärzte, soziale Berater, Kita-Leiter und Polizeimitarbeiter für einen aktiven und präventiven Kinderschutz im Siebengebirge ein. Die Angebote beinhalten unter anderem Elterncafés, das Projekt "Hallo Baby" und Marte-Meo-Kurse.

i Kontakt: Jugendamt Königswinter: 0 22 23/2 98 60;

Bad Honnef: [sym_tel] 0 22 24/18 42 76.

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