Von Caesarius und seinen Geschichten lernen Vortrag von Helmut Herles im Siebengebirgsmuseum

KÖNIGSWINTER · Interessanter Dreiklang: Ein Glas Wein, ein Gang durch die Sonderausstellung „Zisterzienser in Heisterbach“ und vor allem die Fragestellung, was ein mittelalterlicher Mönch dem modernen Medienmenschen sagen kann.

 Helmut Herles in der Zisterzienser-Ausstellung im Siebengebirgsmuseum in der Königswinterer Altstadt.

Helmut Herles in der Zisterzienser-Ausstellung im Siebengebirgsmuseum in der Königswinterer Altstadt.

Foto: Frank Homann

Und er überraschte das Publikum gleich zu Beginn seines Vortrags, als er durchaus Parallelen zwischen Caesarius (1189-1240) und der Neuzeit sah: „Caesarius von Heisterbach kann mit seinen Wundergeschichten – und das klingt widersprüchlich – gerade kritischen Journalisten helfen. Denn kritischer Journalismus muss unterscheiden. Er darf und soll nicht nur wie Caesarius das Böse darstellen, er muss auch das Gute und die Sensation des Guten suchen und verbreiten.“

Beides unternehme dieser rheinische Mensch und Mönch aus Köln, wobei er durchaus wie ein Journalist manche seiner Quellen schütze, sich aber vor allem dann auf Zeugen berufe, wenn er sich seiner Sache nicht sicher sei, so Herles.

Der Autor des Lesebuchs „Von Geheimnissen und Wundern des Caesarius von Heisterbach“ erzählte, wie er Caesarius auf die Spur gekommen war. Als er bei der täglichen Fahrt zum Dienst das Kloster Heisterbach passierte, regte sich die Neugier. Und als er Ende der 80er Jahre für ein Erntedankfest in Vinxel mit Hilfe des Caesarius und seiner Naturgeschichten eine Laienpredigt halten wollte, entdeckte er keine Literatur über den Mönch.

So machte er sich „auf die Socken“, besuchte die Schauplätze, nach Heisterbach die Abtei Himmerod und das Tochterkloster Marienstatt – und er schrieb selbst ein Buch. Mit seinen „Ortsbesichtigungen“ geht Herles darin die zisterziensischen Wege dieses Reformordens des Bernhard von Clairvaux von Frankreich nach Deutschland nach.

"Caesarius sei ein Grimmelshausen"

„Wenn ich alles erzählen wollte, was zu meiner Zeit Wunder war, das heißt, gegen den gewohnten Lauf sich zugetragen hat, mir würde eher die Zeit fehlen als der Stoff.“ – so habe Caesarius von Heisterbach vor 800 Jahren seine geheimnisvollen Geschichten von den Wundern und der Wirklichkeit der Menschen im Mittelalter, von Sündern und Narren, Heiligen und Dämonen selbst charakterisiert und als Dialog zwischen Mönch und Novize in zwölf Bücher gegliedert.

„Es ist eine ferne Welt, und doch erkennt sich manchmal der moderne Mensch plötzlich in ihr wieder.“ Das Merkwürdige bei der Lektüre des Caesarius: „Zuerst ist da eine ferne, fremde oder gar versunkene Welt, und dann sieht man in diesem Spiegel plötzlich sich selbst.

Zuerst wundert man sich beim Lesen, dass jemand gesehen habe, wie zwei Dämonen mit einer armen Seele Ball gespielt haben, bis einem klar wird, dass man selbst oft zu einem von fremden Kräften hin und her geworfenen Spielball zu werden droht.“ Caesarius sei ein Grimmelshausen und ein Umberto Eco des Mittelalters, so Herles.

Herles: „Auch das können Journalisten von Cesarius lernen: Oft schont er den Namen von Personen, um Menschen nicht zu verletzen, um ihnen die Möglichkeit zur Besserung und Umkehr zu geben. Er nimmt es ernst mit dem auch heute für Journalisten in ihrem selbst aufgestellten Pressekodex garantierten Persönlichkeitsschutz, wägt dann aber wie ein moderner Journalist zwischen dem Recht der Öffentlichkeit auf Information und dem von der Sache her unterschiedlichen Schutz der Persönlichkeit eines Fürsten oder Politikers und eines privaten Menschen ab.“

Herles zitierte Caesarius: „Wenn ich über solche kläglichen Dinge rede oder schreibe, nenne ich nicht gerne die Orte und Personen, um nicht frommen Leuten dadurch Beschämung zu bereiten.“

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