Tafeln im Siebengebirge Ehrenamtliche organisieren Gutscheine für Bedürftige

Siebengebirge · Während die Tafel in Bad Honnef wieder geöffnet ist, organisieren Ehrenamtliche in Königswinter kreative Lösungen für Bedürfige. Sie sollen Einkaufsgutscheine für einen Supermarkt bekommen.

 Das Bild zeigt Ehrenamtliche der Tafel 2014 bei der Sortierung von Lebensmitteln in Bad Honnef.

Das Bild zeigt Ehrenamtliche der Tafel 2014 bei der Sortierung von Lebensmitteln in Bad Honnef.

Foto: Frank Homann

Die Not in der Corona-Krise macht auch die Tafeln erfinderisch. Damit die Bedürftigen unter dem Ausnahmezustand nicht noch mehr leiden müssen, hat die Einrichtung in Bad Honnef am Montag nach drei Wochen unter veränderten Bedingungen ihren Betrieb wieder aufgenommen.

Für die Kunden der weiter geschlossenen Königswinterer Tafel haben die beiden Evangelischen Kirchengemeinden Königswinter und Oberkassel-Dollendorf, die Stadt Königswinter und die Arbeiterwohlfahrt, die Träger der beiden Tafeln im Siebengebirge ist, eine Spendenaktion mit Einkaufsgutscheinen für einen Supermarkt organisiert.

„Wir haben darüber nachgedacht, was mit den bedürftigen Menschen passiert, wenn die Tafel geschlossen hat“, sagt Maren Stauber-Damann. Die Dollendorfer Presbyterin ist eine der Initiatoren der Spendenaktion. Zunächst habe man an Ostertüten gedacht, doch da habe das Ordnungsamt wegen des Infektionsschutzes sein Veto eingelegt.

Schließlich habe Iris Hanusch, Sozialarbeiterin in Diensten der Kirchengemeinde, die Idee mit den Einkaufsgutscheinen gehabt. „Es werden 295 Menschen von uns bedacht“, sagt Stauber-Damann. Empfänger sind die Tafelkunden, die einen Berechtigungsschein der Sozialverwaltung haben. Sie bekommen die Gutscheine mit der Post. Das Verschicken übernehme das Sozialamt.

Unterstützung für 295 Menschen

Die Spenden kommen von den beiden Kirchengemeinden, den Kleiderstuben der Evangelischen Kirchengemeinde Oberkassel-Dollendorf, „Textilien, Topf und Tasse“ und der in Königswinter, dem Awo-Ortsverband Königswinter, der Stadt Königswinter und Privatleuten. „Die Aktion läuft seit einer knappen Woche und wir sind zuversichtlich, dass wir die 6000 Euro, die wir brauchen, zusammenbekommen werden“, berichtet Stauber-Damann. Der Überschuss fließe an „Brot für die Welt“. Dem Hilfswerk sollten eigentlich die Kollekten an den Ostertagen zugutekommen. Die Aktion sei auch von den beiden Pfarrerinnen Sophia Döllscher und Anne-Kathrin Quaas und der Königswinterer Presbyterin Ute Bott stark unterstützt worden.

In Bad Honnef hatte die Tafel am Montag erstmals wieder geöffnet. Rund 100 Haushalte mit 250 Personen habe man unterstützen können. „Unseren älteren Tafelkunden haben wir die Waren gebracht“, sagt Peter Sieler vom Awo-Kreisverband Bonn/Rhein-Sieg, dem Träger der Tafel. In Aegidienberg habe man die Tüten vom Auto aus, sozusagen fliegend, verteilt.

Die anderen Kunden seien nach einem vorgegebenen Zeitplan zu unterschiedlichen Zeiten zur Ausgabestelle gekommen. Dort habe es auch Abstandsmarkierungen gegeben. Außerdem seien bei der Ausgabe bevorzugt jüngere Helfer, die ihre Unterstützung angeboten hätten, eingesetzt worden, um die vielen älteren ehrenamtlichen Kräften vor einer möglichen Ansteckung zu schützen.

Problem mit dem Warennachschub

Ein Problem sei auch der Warennachschub. „Wir haben sie am Montag aus unserer Reserve genommen. Aber wenn Sie bedenken, dass ein Tag etwa ein Drittel unserer Reserven verschlingt, können Sie sich vorstellen, dass wir das nicht lange durchhalten“, so Sieler. Deshalb werde darüber nachgedacht, auch die Abholung der Waren wieder aufzunehmen. Da wisse man aber noch nicht, was einen erwarte.

„Wir leben eigentlich von unserer Tagesware. Aber den Normalbetrieb werden wir sicher nicht so schnell wieder herstellen können.“ Wann die Arbeiterwohlfahrt die seit dem 20. März geschlossene Tafel in Königswinter wieder öffnen könne, dazu möchte Sieler keine Prognose abgeben.

„Wir versuchen dort auch mit einem veränderten Handlungskonzept wieder an den Start zu kommen“, sagt er. Er könne sich jedoch vorstellen, dass die älteren Mitarbeiter statt bei der Ausgabe eher bei der Vorbereitung mithelfen. „Das hat in Bad Honnef ganz gut geklappt.“

Bundesweites Problem

Laut der Internetseite der Tafel Deutschland e.V. stellt die Corona-Pandemie die Tafeln in Deutschland vor große Herausforderungen. Die Unterstützung der 1,65 Millionen Tafel-Kunden könne aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus in der herkömmlichen Form nicht aufrechterhalten werden. Mehr als 400 Tafeln im Bundesgebiet hätten ihren Betrieb vorübergehend eingestellt – zum Schutz ihrer Mitarbeiter sowie der Kunden.

Andere Tafeln organisierten ihren Betrieb um, sodass die Ausgabe der Lebensmittel möglichst kontaktarm umgesetzt werden könne. Die Schließungen seien zu einem großen Teil präventiv. Rund 90 Prozent der 60 000 Ehrenamtlichen sowie mehr als ein Viertel der Tafel-Kunden gehörten zu den älteren Menschen und damit zur schützenswerten Gruppe.

Häufig finde die Ausgabe in teils engen Räumlichkeiten statt, in denen die Abstandsregeln nicht eingehalten werden könnten. Zudem seien die Warenspenden bei vielen Tafeln deutlich zurückgegangen. Aufgrund einer großen Hilfsbereitschaft aus Teilen der Bevölkerung könnten jedoch immer mehr der derzeit geschlossenen Tafeln neue Konzepte der Lebensmittelausgabe erarbeiten und so den Betrieb kurz- bis mittelfristig wiederaufnehmen.

Insbesondere auf die Unterstützung jüngerer Menschen seien die Tafeln angewiesen, um die auftretende Lücke im Ehrenamt zu schließen.

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