Kurzfilm "Polaroid" Schloss Drachenburg diente als Filmkulisse

KÖNIGSWINTER · Das junge Brautpaar sitzt vor der Standesbeamtin und tauscht tiefe Blicke aus - liebevoll, aber nicht innig genug. Jungregisseur Philip Becker jedenfalls ist noch nicht ganz zufrieden mit Braut und Bräutigam: "Hallo, ihr seid verliebt", lautet die Regieanweisung, woraufhin die Schauspieler vertraut die Köpfe aneinanderschmiegen.

 Regisseur Philip Becker (2.von rechts) gibt den Schauspielern Anweisungen.

Regisseur Philip Becker (2.von rechts) gibt den Schauspielern Anweisungen.

Foto: Frank Homann

Das Filmteam, das die Szene im Nebenraum auf einem kleinen Bildschirm verfolgt, schmunzelt amüsiert: "Wie beim König der Löwen", lautet ein scherzhafter Kommentar. Die Stimmung ist trotz der bereits seit mehreren Stunden andauernden Dreharbeiten locker - es darf auch mal gelacht werden an diesem Drehtag im Schloss Drachenburg.

Das altehrwürdige Gemäuer diente als Kulisse für eine Szene des Kurzfilms "Polaroid". Der Musikraum auf der zweiten Etage wurde als Trauzimmer hergerichtet, im Flur stehen riesige Scheinwerfer, im Nachbarraum liegen Kabel und technische Apparaturen. "Seitdem ich privat einmal mit einem Freund zu Besuch hier war, war es mein Wunsch, hier etwas zu machen", erzählt der Regisseur, warum er sich Schloss Drachenburg als "Location" ausgesucht hat.

Zunächst sollte die Hochzeitsszene in einer Kirche gedreht werden, "doch dann hätten wir für die Genehmigung bis zum Erzbischof gehen müssen". Ein derartiger bürokratischer Aufwand war für die für ein romantisches Hochzeitsszenario nicht minder attraktive Drachenburg nicht nötig, dafür hieß es hier "schleppen": Fünf Wagenladungen an technischem Material, Requisiten und Kostüme musste das 20-köpfige Filmteam ins obere Stockwerk der Drachenburg befördern.

Und nicht nur in den Räumen des Schlosses wurde gedreht, eine kleine Sequenz spielt auch in den weitläufigen Außenanlagen. Der Kurzfilm "Polaroid" ist erst die zweite Regiearbeit von Jungregisseur Becker, der auch das Drehbuch geschrieben hat. Inspirieren lassen hat er sich dafür von einem Projekt von Filmproduzent Roland Emmerich zur Frage, was das Leben lebenswert macht.

"Diese Grundidee hat uns fasziniert", erklärt Regieassistent Thomas Trierweiler. Der Tenor: "Es sind die kleinen Momente im Leben, die zählen." Der Film handelt von einer Frau, die im Sterben liegt. Ein Besucher zeigt ihr Polaroid-Bilder mit den wichtigsten Stationen ihres Lebens: die Einschulung, der Abiball, die Hochzeit.

Die Szene auf Schoss Drachenburg ist für Regisseur Becker dabei die wichtigste des Films: "Ich habe mit vielen Kollegen gesprochen, und alle haben übereinstimmend gesagt, dass die Hochzeit das wichtigste Ereignis in ihrem Leben war." "Insgesamt ist der Film wie eine große Rückblende", erläutert Trierweiler. Demnach gibt es auch keine bedeutsamen Dialoge, es zählen die Bilder, die Mimik und Gestik, mit denen die Schauspieler ihre Gefühle ausdrücken. "Geplant ist, nahezu ohne Ton zu arbeiten."

In der Nachbearbeitung soll entschieden werden, inwiefern zum Beispiel noch Filmmusik zum Einsatz kommt. Der Aufwand für den Kurzfilm ist enorm: Vier lange Drehtage und insgesamt ein Vierteljahr Vorbereitungszeit werden sich am Ende auf nur rund sieben bis acht Filmminuten summieren. Vorgestellt werden soll "Polaroid" bei Filmfestivals und Kurzfilmabenden.

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