Projekte und Aufbruch Rundgang durch die Altstadt von Königswinter

Königswinter · Ein Rundgang durch das Herz von Königswinter lässt viele positive Entwicklungen erkennen. Ins Café Europa soll beispielsweise noch in diesem Herbst neue Leben einziehen. Dennoch bleibt viel zu tun - ein Überblick des aktuellen Stands.

Aufregung bei den Einzelhändlern in der Altstadt. Der Betonmischer für den Königswinterer Hof wird vom Ordnungsamt der Fußgängerzone verwiesen. Andreas Pätz und Holger Matissek von der Wirtschaftsförderungs- und Wohnungsbaugesellschaft (WWG) sind gerade vor Ort und kümmern sich sofort. Ein Anruf bei der Stadtverwaltung bringt Klarheit: Der Fahrer hat sich nicht an die vorgeschriebenen Zeiten gehalten und behindert am Morgen den Lieferverkehr. Am Mittag darf er jedoch zurückkehren und seine Ladung abliefern.

Der Vorfall zeigt: Die Stimmung in dem Stadtteil, der eigentlich das Herz von Königswinter ist, aber gelegentlich eher als Stiefmütterchen gesehen wird, ist angespannt. Und der Königswinterer Hof, das ehemalige Stadttheater, in dem einst Grethe Weiser auftrat, ist ein Vorzeigeprojekt, das für den Aufbruch in bessere Zeiten steht.

Ein Blick in das Gebäude an der Hauptstraße zeigt: Die alte Pracht ist bereits wieder erkennbar. Die Bühne, die hinter einer Wand mit Rundbogenfenstern verschwunden war, ist freigelegt. Gerade sind Arbeiter damit beschäftigt, den früheren Boden im Saal aus Holzdielen wiederherzustellen. Im Herbst ist die Eröffnung geplant. Dann soll der Saal mit seiner Empore für private Feiern, aber auch für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung stehen.

Arbeiten am Café Europa

Ähnlich große Freude bereitet Pätz und Matissek, dass das Café Europa an der Schnittstelle von Hauptstraße und Drachenfelsstraße noch in diesem Herbst eröffnet werden soll. Zurzeit herrsche dort reger Handwerkerbetrieb. Das Café Europa ist für viele Kritiker symbolisch für den Stillstand, der nach ihrer Meinung weiterhin in der Altstadt herrscht. Die Herren von der WWG hingegen sehen vielmehr das Positive: So sei der Konzertsaal des Cafés im ersten Obergeschoss einschließlich der Bestuhlung fertiggestellt. Im Erdgeschoss werde an der Weinstube noch gearbeitet.

Rundgang durch die Königswinterer Altstadt
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Ein Schild mit der Aufschrift „Hotel Bon(n)ito Weinstube“, umgeben von reicher Blumenpracht, weist schon auf die Eröffnung hin. Im August 2017 hatte die Stadt die Baustelle zum wiederholten Male stillgelegt, weil Eigentümer Mohamed Rizk Unterlagen nicht beigebracht hatte. Bereits im Dezember 2012 und noch einmal genau ein Jahr später hatte die Stadt das Gebäude versiegeln lassen. Rizk selbst gibt sich daher auch sehr zurückhaltend. „Wenn alles fertig ist, lade ich ein“, sagt er nur.

Überhaupt nicht voran geht es bei den Königswinterer Stuben auf der Hauptstraße. Christian Leve, der seit 2014 das Gourmet-Restaurant Petit Lion im Hotel Krone betreibt, würde dort gerne die Hotelzimmer für seine Gäste unterbringen. Eine türkische Familie, die in Frechen lebt, hatte die Stuben bei einer Zwangsversteigerung erworben, scheint jedoch kein besonderes Interesse an einer Nutzung des Gebäudes zu haben. „Dabei suchen die Leute nach Übernachtungsmöglichkeiten“, sagt Leve. Sein Hotel Krone bietet 18 Zimmer. Weitere 14 Zimmer in den Königswinterer Stuben wären da sehr willkommen. „Es ist einfach schade, dass bei den Eigentümern offensichtlich keine Bereitschaft besteht, darüber zu reden“, sagt er.

Leerstand in der Hauptstraße

Es ist nicht der einzige Leerstand in der Hauptstraße. Auf den 240 Metern von der Drachenfelsstraße bis zur Villa Leonhart sind sechs bis sieben Geschäfte oder gastronomische Objekte verwaist (siehe Infokasten). „Nur“, sagt Pätz. Schließlich lag der traurige Rekord vor einigen Jahren bei insgesamt 36 leer stehenden Immobilien auf Haupt-, Drachenfels- und Bahnhofstraße zusammen. Vor zwei Jahren waren es noch 22. Pätz sieht daher einen eindeutigen Aufwärtstrend in der Altstadt.

Dabei könnten sie als Wirtschaftsförderer zwar helfen, indem sie zum Beispiel immer wieder mit den Eigentümern über realistische Mietpreise reden. Das Problem in der Altstadt sei jedoch – zum Beispiel im Vergleich zu Bad Honnef – die kleinen Ladenflächen, die im Durchschnitt bei nur 45 Quadratmetern liegen. Hinzu komme, dass die Altstadt gerade mal 5100 Einwohner in 3500 Haushalten habe und über Teile der Hauptstraße und Drachenfelsstraße der Verkehr fließe. „Da braucht es Leute, die Fantasie haben und an den Standort glauben“, sagt er.

Dazu zählen zweifellos Ulrich Keinath und Hans-Helmut Schild. Sie hatten 2013 das Kontor und Kaffeehaus an der Hauptstraße erworben und saniert. 2014 wurde es eröffnet. Nachdem zwei Pächter aufhörten, soll es ab dem 15. September wieder Gäste empfangen. Der im Frühjahr 2017 eröffnete Kaufmannsladen an der Drachenfelsstraße bietet neuerdings sogar eine Außengastronomie an und sorgt für einen echten Farbfleck. Im liebevoll restaurierten Hotel Wenzel an der Hauptstraße, das ebenfalls Keinath gehört, wohnen Studenten. „Wir sind nach wie vor kräftige Streiter für die Altstadt“, sagt er.

"Der normale Einzelhandel hat keine Chance"

Das wäre Sonja Schmiedel gerne auch. Ihre Eltern hatten das Fachwerkhaus an der Hauptstraße 395 gekauft und liebevoll restauriert. Ein echtes Schmuckstück. Im Dezember 2015 eröffnete die Tochter hier ihren Laden „Rosalie's schöne Dinge“ für Geschenkartikel, Spielwaren und Bücher. „Aber das hat nicht wirklich jemanden interessiert. Der normale Einzelhandel hat keine Chance“, sagt sie. Die Leute würden nur kaufen, was sie für den täglichen Bedarf benötigen.

Ende 2017 hat sie den Laden geschlossen und verkauft jetzt nur noch ein paar Second-Hand-Artikel. Ihre Einzelhandelskarriere wird sie demnächst gegen eine Betreuerstelle in der Offenen Ganztagsschule an der Lemmerzschule eintauschen. Ab dem Jahresende soll in ihrem bisherigen Laden Kunsthandwerk verkauft werden. Die Eltern haben mit der Nachfolgerin einen Mietvertrag geschlossen. „Das geht nur für jemanden, der davon nicht existieren muss“, sagt Sonja Schmiedel. Sie will aber auf jeden Fall in ihrem schmucken Haus wohnen bleiben. „Das ist doch unser Herzstück“, sagt sie.

Unternehmen verlassen die Altstadt

Zwei weitere große Unternehmen werden im kommenden Jahr die Altstadt verlassen. Die Zera zieht mit ihren 120 Mitarbeitern nach Oberpleis um. Zwischen Hauptstraße, Kellerstraße und Klotzstraße werden dadurch knapp 5000 Quadratmeter in insgesamt sechs Gebäuden an Produktionsfläche und Büros frei. „Das sind Menschen, die in der Stadt Mittagessen und einkaufen gehen“, sagt Pätz. Die WWG lege daher sehr viel Wert darauf, dass an dieser Stelle kein reines Wohnquartier, sondern eine Mischung aus Wohnen und Arbeiten entsteht. Auch die Kreissparkasse gibt im kommenden Frühjahr ihre Filiale in der Bahnhofstraße auf. Hier ist die Nachnutzung noch offen.

Aber es gibt immer auch besondere Erfolgserlebnisse. So ist nach zehn Jahren Leerstand in dem ehemaligen Friseursalon an der Drachenfelsstraße 24 nach unzähligen Gesprächen der WWG mit der Eigentümerin und Interessenten jetzt wieder Leben in Form einer Eventagentur eingezogen.

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