Pfarrerin geht nach Lissabon Pfarrstelle in Königswinter bis Sommer 2020 unbesetzt

SIEBENGEBIRGE · Pfarrerin Christina Gelhaar verlässt im August die evangelische Kirchengemeinde Königswinter. Ihre Stelle teilen sich dann Kollegen aus Nachbargemeinden. Ist grenzübergreifende Kooperation ein Zukunftsmodell für die Kirche?

Die Nachricht hat viele in der Evangelischen Kirchengemeinde Königswinter überrascht und verunsichert: Pfarrerin Christina Gelhaar übernimmt ab 1. September eine Pfarrstelle der Deutschen Evangelischen Kirche in Lissabon. Gelhaar hatte im Januar 2016 die Nachfolge ihrer Vorgängerin Dorothee Demond angetreten, die mehr als 30 Jahre in der Gemeinde tätig gewesen war. Auswirkungen hat Gelhaars Weggang auch über Gemeindegrenzen hinweg bis nach Aegidienberg.

„Wir gratulieren Christina Gelhaar, dass ihre Bewerbung auf die attraktive Stelle erfolgreich war, und sind auch ein wenig stolz, dass unsere Gemeinde ein 'Sprungbrett' für diesen Erfolg war“, schrieb Kirchmeister Thomas Metzner im Gemeindebrief. „Ihren Wegzug aus Königswinter bedauern wir dennoch sehr.“ „Wie ein Erdbeben“ hätten einige Gemeindemitglieder diese Neuigkeit empfunden, heißt es an anderer Stelle im Gemeindebrief, „denn noch immer seien Nachbeben spürbar“. Schließlich falle die Ankündigung in eine Zeit des Umbruchs und der Neuordnung der evangelischen Gemeinden in der Region.

„Wie wird es weitergehen?“, lautete eine der Fragen, die die rund 50 Besucher bei der jüngsten Gemeindeversammlung in der Königswinterer Altstadt beschäftigte – gerade mit Blick auf sinkende Mitgliederzahlen und Kirchensteuereinnahmen sowie drohende Pfarrstellenkürzungen. Almut van Niekerk, Pfarrerin der Kirchengemeinde Sankt Augustin Niederpleis und Mülldorf sowie Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises An Sieg und Rhein, versuchte, die Gemüter zu beruhigen. „Man kann nicht sagen, es bleibt alles so, wie es ist“, sagte sie. „Aber die allermeisten Akteure bleiben – auch in der pfarrerlosen Zeit, die nun erst einmal kommen wird.“ Gottesdienste sollen nicht ausfallen.

Demonds Stelle war bei der Amtsübernahme von Christina Gelhaar 2016 auf 75 Prozent reduziert worden. Nun wird aus ihrer vakanten Pfarrerstelle eine 50-Prozent-Stelle: Pfarrerin Anne Kathrin Quaas von der Evangelischen Kirchengemeinde Oberkassel/Dollendorf und Pfarrer Stefan Bergner von der Evangelischen Kirchengemeinde Aegidienberg stocken ihre Stellen um je ein Viertel auf Vollzeitstellen auf und übernehmen die Vakanzvertretung in Königswinter-Altstadt beziehungsweise Ittenbach.

Auch Jugendleiterin Lisa Scharfenstein werde aufstocken. Annette Hirzel, Pfarrerin im Schulpfarrdienst, wird anstelle Gelhaars ehrenamtlich die Leitung des Presbyteriums übernehmen. Als notwendige Mentorin steht die Bad Honnefer Pfarrerin Britta Beuscher aktuell dem Prädikanten bei seiner Ausbildung zu einer Art Laienpriester zur Seite, der danach ebenfalls Aufgaben übernimmt.

„Wir haben eine unglaubliche, kollegiale Hilfe von Pfarrerinnen und Pfarrern aus Nachbargemeinden“, sagte van Niekerk. Die Zusammenarbeit über Gemeindegrenzen hinweg gelinge bereits jetzt etwa bei der Jugendarbeit, der Kirchenmusik und dem Konfirmandenunterricht. Davon hätte sie sich auch bei der Visitation ein Bild gemacht, deren Ende die Gemeindeversammlung bildete. Der Besuch habe nichts mit dem Weggang Gelhaars zu tun, da er bereits vor einem Dreivierteljahr geplant worden sei, sagte die Superintendentin. Die Besucher hätten sich die Arbeitsfelder in der Gemeinde angeschaut. Ergebnisse gebe es aber noch nicht, genauso wenig konkrete Vorhaben in Sachen Neuordnung der Gemeinden. Van Niekerk: „Es gibt keinen Plan, der schon alles festlegt oder sagt: Es muss etwas Bestimmtes rauskommen.“

Anders als andere Kirchen ordne die evangelische Kirche keine Strukturprozesse an oder stülpe diese „von oben“ über. „In der evangelischen Kirche haben die Kirchengemeinden die Macht“, betont die Superintendentin. Sie verwies auf die Synode des Kirchenkreises im Juni 2018. Dort wurde beschlossen, sich bis zur Sommersynode 2020 Zeit zu nehmen und in jeder Gemeinde zu überlegen, „ob das, was wir und wie wir es bisher gemacht haben“, innerhalb der Gemeindegrenzen so fortgeführt werden soll, oder ob mehr Kooperation zwischen den Gemeinden sinnvoll ist.

Die Superintendentin stellte fest: „Königswinter ist gerade in einem Klärungsprozess. Die ganze Region ist in einem Klärungsprozess.“ Sie könne nicht sagen, was in einem Jahr sein werde, „aber die Situation ist offen und gestaltbar“. Die Beteiligung und Mitwirkung der Gemeindemitglieder sei ausdrücklich erwünscht.

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