"Hüterin" der Nibelungenhalle am Drachenfels Marlies Blumenthal spricht über Aufgaben und Sanierung

Königswinter · Am Mittwoch vor 200 Jahren kam Richard Wagner zur Welt. Aus Anlass seines 100. Geburtstages entstand am Drachenfels die Nibelungenhalle. Nicht ganz pünktlich, am 28. Juni 1913, wurde dieser walhallaartige Ruhmestempel durch die Richard-Wagner-Gesellschaft eingeweiht.

Gemälde von Ideengeber und Bauherr Hermann Hendrich spiegeln die mystische Geschichte der Nibelungensaga ebenso wider wie die Stein- und Kunstschmiedearbeiten des Bauwerks mit den Göttern Wotan und Loki, den Riesen Fasolt und Fafner sowie den Helden Hagen und Siegfried, mit den Zwergen, die das Nibelungengold verarbeiten, mit Schlangen und Drachen. Aus diesem Stoff webte Richard Wagner seinen Opernzyklus "Ring des Nibelungen". Mit der Inhaberin der Halle, Marlies Blumenthal, sprach Roswitha Oschmann.

Wird man automatisch Wagnerianerin, wenn man wie Sie jeden Tag in der dem Komponisten gewidmeten Gedächtnishalle verbringt?
Marlies Blumenthal: Ich liebe Wagner. Mit zunehmendem Alter habe ich gelernt, ihn besser zu verstehen.

Wie sind Sie denn eigentlich "Hüterin" der Nibelungenhalle geworden?
Blumenthal: So etwas erbt man. Meine Eltern, Elisabeth und Bernhard Juchmann, haben die Halle 1931 zuerst als Pächter übernommen und später gekauft.

Was bedeutet Ihnen diese Aufgabe?
Blumenthal: Alles. Das ist mein Leben. Ich bin in Königswinter geboren, aufgewachsen, in den Betrieb reingewachsen, und ich hätte es am liebsten, wenn meine Tochter später meine Asche zwischen den Rosen im Vorgarten der Nibelungenhalle verstreuen dürfte.

Hat sich schon einmal einer von den Wagners aus Bayreuth hier blicken lassen oder tun echte Wagnerianer das hier als Rummel am Drachenfels ab?
Blumenthal: Bayreuther haben wir hier noch nicht gesehen. Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier haben eine Einladung zu unserem Jubiläumsfest Ende Juni erhalten, mussten aber absagen. Dafür habe ich Verständnis. Die haben ja selbst Jubiläumsjahr.

Sie wohnen auch hier?
Blumenthal: Ja, im Souterrain der Nibelungenhalle, mit den gleichen dicken Mauern. Das ist so sehr mein Zuhause, dass ich mir nie etwas anderes gewünscht habe. Wo liegt Wohn- und Arbeitsplatz so eng beieinander wie ausgerechnet hier? Morgens um 7 Uhr beginne ich mit der Reinigung der Terrarien. Ab 10 Uhr mache ich Kassendienst bis 18 Uhr, und abends wird gefüttert, wenn alle Gäste weg sind.

Würden Sie die Reptilien als so etwas wie Ihre "Haustiere" bezeichnen?
Blumenthal: Das sind ja meine Haustiere, wenn sie auch im Nebengebäude untergebracht sind. Letzten Endes sind die Tiere das, was die Touristen am Drachenfels hauptsächlich sehen möchten. Einige kommen regelmäßig. Die schauen dann, ob es den dicken Heinrich und seine Partnerin Alice immer noch gibt. Der Dicke ist gerade 58 Jahre alt geworden. Die beiden sind Mississippi-Alligatoren. Vor einigen Tagen haben die Tiere ihre Freianlage bezogen.

Bereits 1931 wurde eine Sanierung der Halle angemahnt. Jetzt kommt sie endlich zustande.
Blumenthal: Darüber bin ich sehr froh. Die Projektleitung übernimmt Aegidus Strack, ohne den die Umsetzung des Projektes sicher gar nicht möglich geworden wäre. Dafür danke ich ihm von ganzem Herzen. Durch den Ersten Weltkrieg war es nicht mehr möglich, das geplante Kupferdach aufzubringen. Das führte zu Folgeschäden.

Was bedeutet die Renovierung für die Besucher?
Blumenthal: Wir haben das Schlagwort von Schloss Drachenburg übernommen: "Wegen Sanierung geöffnet!". Die Besucher können also kommen. Die Kuppelsanierung soll bis Ende 2014 abgeschlossen sein. Alles andere folgt.

Fast 70 Jahre am Drachenfels. Gab's da besondere Erlebnisse?
Blumenthal: Erst jüngst. Eckhart von Hirschhausen wurde hier für seine "Humor-hilft-Heilen-Benefizgala" im Drachenteich fotografiert. Sein Dankeschön: zwei Eintrittskarten.

Hand aufs Herz: Hat sich die Siegfriedsaga nun wirklich hier am Drachenfels abgespielt?
Blumenthal: Saga mit drei dicken Ausrufezeichen!!!

Zur Person:

Marlies Blumenthal (69) ist in Königswinter geboren und aufgewachsen, ging hier zur Schule. Nach dem Tod ihrer Mutter 1990 übernahm sie das Unternehmen. Der Vater verstarb zehn Jahre früher. Marlies erlernte alles rund um Wagner, die Nibelungen und Reptilien von der Pike auf.

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