Podiumsdiskussion in der Christophorus-Schule Lebendige Debatte über Flüchtlinge

KÖNIGSWINTER · Da sag mal einer, die Jugend von heute sei nicht mehr politisch unterwegs. Der Satz hat so wahrscheinlich noch nie gestimmt. Aber in der Aula der Königswinterer Christophorusschule traten am Freitagmorgen die Oberstufenschüler der zehnten bis zwölften Klassen den Beweis an, dass sie durchaus mitreden wollen und das auch äußerst tiefgründig können, wenn es um das Thema Flüchtlinge geht.

 Volles Haus: Die Aula war gut gefüllt. Für die Oberstufenschüler der zehnten bis zwölften Klassen gehörte die Podiumsdiskussion mit anschließender Fragerunde zum Pflichtprogramm. FOTOS: FRANK HOMANN

Volles Haus: Die Aula war gut gefüllt. Für die Oberstufenschüler der zehnten bis zwölften Klassen gehörte die Podiumsdiskussion mit anschließender Fragerunde zum Pflichtprogramm. FOTOS: FRANK HOMANN

Die Veranstaltung war da nur Höhepunkt einer sich schon in den Wochen zuvor abzeichnenden Debatte. Die Schülervertretung hatte die Podiumsdiskussion ursprünglich nur mit der CDU-Landtagsabgeordneten Andrea Milz und der Königswinterer Sozialdezernentin Heike Jüngling (ebenfalls CDU) organisieren wollen, um nach moderierter Runde den Schülern die Möglichkeit zu geben, ihre unter den Nägeln brennenden Fragen zu stellen.

Daraufhin hatte eine linke Strömung in der Schülerschaft die einseitige Auswahl der geladenen Gäste kritisiert. Und wiederum eine andere Bewegung befürchtete, die Runde könne unter der Hand zur Werbeveranstaltung linksgerichteter Gruppierungen geraten. Kurzum: Es war ordentlich was gebacken im CJD.

Das Ringen um die richtige Besetzung und den neutralen Rahmen führte dann gestern zu folgendem Ergebnis: Neben Milz und Jüngling nahmen dort mit CJD-Schülerin Solveig Abel von der Bonner Jugendbewegung und Nils Jansen vom Bündnis "Bonn stellt sich quer" zwei eher links orientierte und engagierte Jugendliche auf dem Podium Platz. Ansonsten blieb die Bühne plakatefrei, und Handzettelchen mit linken Sprüchen gab es auch keine.

Was das Vorgeplänkel mit Flüchtlingen in der Welt, der Europäischen Union, in Deutschland und Königswinter zu tun hat? Es war eben ein Vorgeschmack auf die komplexe Debatte, die da folgen sollte und von der stellvertretenden Schülersprecherin Lisa Neunkirchen moderiert wurde. Die Fragen aus der Schülerschaft sprangen hin und her. Sie streiften kommunalpolitische, bundespolitische und bürgerliche Aufgaben und die eigenen Möglichkeiten, um, wie es einer der Schüler sagte, "unserer Pflicht nachzukommen, jedem Menschen zu helfen".

Aus diesem kaum durchschaubaren Dickicht berichtete Sozialdezernentin Heike Jüngling, wie manche Flüchtlinge mit Flipflops an den Füßen im Rathaus stehen und um Hilfe ersuchen. Wie schwierig es sei, Termine in den Bundesämtern für Asylbewerberanträge zu bekommen. Sie kämpfe darum, dass auch die Kommunen in die Lage versetzt werden, solche Anträge aufzunehmen. Vor allem, wandte sie sich an die Schüler, "kommt es auf die Bürger an. Was diese Menschen brauchen, sind Begegnungen mit Ihnen im Alltag". Jemand wollte wissen, ob die Flüchtlinge Fahrräder zur Verfügung hätten. "Es gibt Räder, aber wir müssen zuvor schauen, ob die Menschen überhaupt fahren können."

Die Landtagsabgeordnete Andrea Milz erklärte aus ihrer Sicht, warum die EU derzeit so unkoordiniert wirkt. "Wir brauchen Kontingente, auf die sich alle Mitgliedsstaaten verständigen können. Politik braucht aber immer auch Zeit." Für die Städte und Gemeinden müssten dringend sozialer Wohnraum, Kindergarten- und Schulplätze her und die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden.

Milz hatte auch einen Rat für die Schüler parat, was aufkeimende Proteste von Rechtsextremen anbelangt. "Zeigen Sie Gesicht! Es hat noch nie etwas gebracht, sich wegzuducken." Damit schnitt sie ein Anliegen von Solveig Abel und Nils Jansen an: den aktiven Widerstand gegenüber Rechtsradikalen. "Eine erfolgreiche Blockade", sagte Abel, "ist eine Ordnungswidrigkeit, wie bei Rot über die Straße zu gehen." Nils Jansen hält rechtsextreme Kundgebungen gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik wie kürzlich in der Altstadt für nicht vereinbar mit dem Gesetz.

Rassismus sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. "Wir sollten das Heft selbst in die Hand nehmen, auf friedliche Art und Weise", sprach er die Schüler im Publikum an. Die Darstellung von Nazis als Dreck, den man von der Straße kehren müsse, fände er in Ordnung, antwortete Jansen auf die Frage eines Schülers. Der war anderer Meinung und zitierte den Artikel 1 des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Das gelte selbst für Neonazis. Ein Beleg dafür, wie differenziert es im CJD zuging.

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