Feingefühl an der Kettensäge Kunst auf der Fußballgolf-Anlage in Vinxel

VINXEL · Drei Forstwirte und ein Arzt machen bei der Aktion in Vinxel aus Baumstämmen Kunstwerke. Das Ohr von Beethoven bekommt dabei besondere Aufmerksamkeit.

 Bildhauerei mit Gehörschutz: Meinolf Zavelbergs doppelköpfiger Drache (vorne) ist schon gut zu erkennen, im Hintergrund schält Stephan Leuwer (r.) einen Beethoven aus dem Holz.

Bildhauerei mit Gehörschutz: Meinolf Zavelbergs doppelköpfiger Drache (vorne) ist schon gut zu erkennen, im Hintergrund schält Stephan Leuwer (r.) einen Beethoven aus dem Holz.

Foto: Frank Homann

Hals-Nasen-Ohrenarzt Stephan Leuwer hat sich Beethovens Ohr vorgenommen. Nicht mit feinem OP-Besteck, sondern mit einer Kettensäge. Der 62-jährige Mediziner aus Heisterbacherrott schnitzt das Hörorgan des Komponisten in einen Baumstamm.

Leuwer ist einer von vier Kettensägenkünstlern, die auf der Fußballgolf-Anlage in Vinxel mit grobem Gerät die schönsten Figuren zaubern. „Wir wollen immer etwas Besonderes auf unserem Gelände machen“, sagt Hella Töllner, die den Hof mit ihrer Familie führt. Vor einigen Jahren entstand bei einer solchen Aktion ein Riesendrache. Vor dem anstehenden Beethovenjahr 2020 entsteht auf Wunsch der Chefin auch eine Beethovenskulptur.

Leuwer bearbeitet deshalb einen Teil der Esche, die schadhaft war und gefällt werden musste, zusammen mit Jörg Olbert (53), dem im Siebengebirge tätigen Forstwirtschaftsmeister, der wie Berufskollege Meinolf Zavelberg (62) und Forstwirt Michael Halft (29) zu dem ungewöhnlichen Künstlerteam zählt. „Ich bin handwerklich begabt. Für meine Kinder, die reiten, habe ich früher Hindernisse gebaut“, erläutert der Mediziner. Irgendwann verzierte er Oxer & Co. mit der Säge, mittlerweile fertigt er Tierskulpturen.

Und jetzt Beethoven. „Heute könnten wir ihm bestimmt mit einer Operation helfen“, sagt der Arzt. „Er soll ja eine Verkalkung der Gehörknöchelchen gehabt haben.“ Der Gehörverlust des großen Meisters aus Bonn, der trotz dieses Handicaps seine Kompositionsarbeit fortsetzte, legte nahe, die Skulptur mit einem Ohr zu versehen.

Was weg ist, ist weg

Und der Experte erkennt genau, wo er ansetzen muss, um dem überdimensionierten Lauscher aus Holz die akkurate Form zu geben: Ein Astloch im Stamm bietet den passenden Punkt. Beim Kettensägenschnitzen gilt wie bei jeder Bildhauerei: Was weg ist, ist weg. „Aber so richtig verschnitten habe ich noch nichts“, betont Leuwer. Er schält den gereckten Arm Beethovens mit dem Taktstock in der Hand aus dem Holzstamm, zuletzt auch den wilden Haarschopf.

Ein Stamm mit Ästen regte bei Michael Halft aus Eitorf die Fantasie an – er gestaltet eine Fußballgolf-Szene mit Spieler. Juniorchef Philipp Töllner hatte sich etwas aus der Sagenwelt des Siebengebirges gewünscht – und so macht sich Meinolf Zavelberg daran, aus einem Kirschholz-Stück einen Fabeldrachen mit zwei Köpfen zu sägen. Mit der Carvingsäge, einer speziellen Schneidgarnitur für die Feinheiten, bekommt der Drachenkopf das ausgeprägte Gebiss.

„Vor 20 Jahren kamen diese Sägen aus Nordamerika hierher“, erläutert Zavelberg. Für enge Radien brauche man eine Carving, deren Schwert spitz zuläuft. Eine Skizze wird eher selten vorher gefertigt, meist schneiden die Künstler frei, ohne Vorlage. Plastiktiere der Firma Schleich sind in manchen Fällen die Vorbilder.

Am Schluss werden die Skulpturen geflammt und abgeschliffen. So wie die Vögel, Uhus und all die anderen Werke der Kettensägenkünstler, die sich an diesem Tag in Vinxel über die Schultern schauen lassen und gleichzeitig fertige Werke präsentieren. Und wenn künftig bei Fußballgolf-Turnieren Gewinner geehrt werden, dann werden diese Trophäen überreicht.

Ganz schön viel Lärm macht dieses Hobby – was sagen denn die Nachbarn dazu? Zavelberg, der seit 20 Jahren in der Fortwirtschaft der Stadt Köln tätig ist und sich bei zahlreichen Schnitzertreffen auch bei den anderen Kniffe abgeschaut hat, hat mittlerweile ein abgelegenes Gärtchen in seinem Wohnort Oberdollendorf für seine laute Kunst zur Verfügung.

Und Ohrenarzt Leuwer kann sich mit seiner Motorsäge in ein Wäldchen im Siebengebirge verkriechen. Aber er vermutet: „Unser Sägen hätte sogar Beethoven noch gehört.“

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