Kunsttage in Königswinter Kostüme, Kabarett und Künstler-Nachwuchs

SIEBENGEBIRGE · Die 15. Kunsttage Königswinter sind am Wochenende mit einem Marathon-Programm zu Ende gegangen. An insgesamt 19 Stationen in Königswinter sowie erstmals auch in Bad Honnef zeigten die Teilnehmer ihr Schaffen von Malerei über Bildhauerei bis zur Kostümbildnerei.

 Im kleinen, aber feinen Kleinkunstkeller „Hautnah“ begeistert Kabarettist Serhat Dogan das Publikum mit seinem Programm „Ein Türke sieht Schwarz-Rot-Gold“.

Im kleinen, aber feinen Kleinkunstkeller „Hautnah“ begeistert Kabarettist Serhat Dogan das Publikum mit seinem Programm „Ein Türke sieht Schwarz-Rot-Gold“.

Foto: Frank Homann

Ganz großes Kunst-Kino auch in Oberdollendorf. Gleich sieben von insgesamt 19 Stationen der 15. Kunsttage Königswinter waren dort angesiedelt. Von Malerei bis Bildhauerei konnten Besucher auf einem Streifzug durch den Weinort die verschiedensten Formen schöpferischen Wirkens ergründen.

Bei Beata Prochowska etwa stach sofort ein güldenes Kleid ins Auge. Sie hat es für eine Operninszenierung entworfen. Denn die Kostümbildnerin, die in ihrem Atelier an der Heisterbacher Straße Mode- und Textilentwürfe fertigt und sich erstmals an den Kunsttagen beteiligte, war nach einer Zeit als Hospitantin beim berühmten Intendanten und Theaterwissenschaftler Ivan Nagel in Stuttgart und als Regieassistentin bei Regisseur Arie Zinger und Intendant Peter Zadek am Schauspielhaus Hamburg viele Jahre für Gesamtausstattung und Kostüme, hauptsächlich bei den Ruhr-Festspielen und an der Folkwangschule in Essen, verantwortlich. „Ich hatte Glück, ich habe sehr viel Shakespeare gemacht.“

Seit 2007 hat sie ihr eigenes Atelier. Dort machten sich die Besucher der Kunsttage ein Bild von der Kreativität der aus Krakau stammenden Künstlerin. Sie hat eine Leidenschaft für alles, was mit Textilien zu tun hat. Ob das Kreieren von Wandtextilien, das Entwerfen von Kleidung und deren Anfertigung oder auch Schmuck – dann ist sie in ihrem Metier. Auch Recycling ist ein großes Thema. Aus gesammelten Knöpfen werden Ketten, die es mit Gold und Silber aufnehmen können.

Eine Kundin brachte Prochowska den Kaschmirpullover ihres Mannes, den ein Fettfleck „zierte“. Nicht mehr zu gebrauchen? Von wegen! Er wurde zu einer schicken Jacke für die Ehefrau. Ausrangierte Seidenkrawatten verwandelt Beata Prochowska in Jacken. „Das ist sehr aufwendig, aber das mache ich aus Respekt vor dem Material“, nennt sie ihre Intention.

Nicht getragen im eigentlichen Sinn werden die Ritterumhänge mit echten Wappen, die sich ganz streng am Original orientieren. Für solche Stücke wird Prochowska von Museen beauftragt.

Im Palastweiher war sozusagen „Buß-Tag“. Dort hat Tobias Buß, Kunstlehrer am Gymnasium am Oelberg in Oberpleis, sein Atelier. Und wie seine Künstlerkollegen, die in den oberen Etagen des Hauses schöpferisch wirken, öffnete auch er die Tür zum Schau-Marathon. Im Erdgeschoss stellte er Porträts aus. In einem Nachbarraum zeigten seine Schüler ihr Können. Denn erstmals beteiligten sich Schüler des Oberpleiser Gymnasiums an den Kunsttagen. Ein Besucher meinte beim Betrachten der Werke: „Um den Nachwuchs muss uns nicht bange sein.“

Da war etwa Camilla Görgen. „Ich male schon sehr lange“, meinte die 17-Jährige. Nicht nur in der Schule. Sie besuchte auch Workshops bei der Künstlerin Juliane Hunecke, ebenso wie Ronja Hochstätter (16). Der Zufall wollte es: Beide entschieden sich beim Nachmalen für das Motiv „Die Jagd“ aus einem Buch, bei dem ein Gepard einer Antilope nachjagt. Die beiden Bilder hingen nun nebeneinander und beeindruckten sehr.

Toll auch die Porträts einer Ägypterin und einer Japanerin von Camilla. Svenja Baehr (17) hatte sich mit ihren blauen Haaren selbst porträtiert. Pauline Pütz (16) zeigte das Stillleben „Winter in New York“, gemalt nach einem Foto – später hat sie die Brücke bei einer Reise angesehen. Das Original entsprach dem Bild.

Und noch eine Premiere bei dem erstmals von Franca Perschen vom „3K – Kreativ.Kontor.Königswinter“ organisierten Kunst-Marathon. Auch Bad Honnef wurde zur Spielstätte der Kunsttage – mit einer Ausstellung des Künstlers Ulrich Cremer und einer Veranstaltung im Kleinkunstkeller „Hautnah“, bei der Kabarettist Serhat Dogan mit seinem Programm „Ein Türke sieht Schwarz-Rot-Gold“ das Publikum begeisterte.

Seit 14 Jahren lebt Dogan in Deutschland, beherrscht die deutsche Sprache perfekt. Und es war höchst amüsant, wie er Verhaltensweisen verglich und aus seinem „Tagebuch“ über seine ersten Tage in Deutschland vorlas. „Wenn ein Deutscher in die Sonne will, geht er rein, wenn ein Türke in die Sonne will, geht er raus“, stellte Dogan fest, als er zum ersten Mal ein Sonnenstudio sah.

Herrlich, als er das Publikum zum Mitmachen aufforderte. Die Szene: Klassikkonzert! Klappe eins: Deutsche hören zu, diszipliniert, den Finger nachdenklich am Kinn, von leichtem Hüsteln und Räuspern aus Reihe zwei etwas gestört. Klappe zwei: Türken hören zu! Reihe eins quatscht. In Reihe zwei klingelt das Handy und in der dritten langweilen sich türkische Kinder lautstark. Serhat Dogan: „Deshalb gehen die Berliner Philharmoniker nicht auf Tournee durch die Türkei.“

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