Baugebiet oder Biotop? Königswinterer Politik ist uneins zum Bebauungsplan Sumpfweg

Königswinter · Der Stadtrat ist in der Zwickmühle: Ob er am umstrittenen Bebauungsplan nachbessert oder ihn aufhebt - so oder so droht der Stadt ein Rechtsstreit.

Am Dienstag, 29. Januar, findet die Sondersitzung des Planungs- und Umweltausschusses zum Thema Sumpfweg statt. Im Anschluss sind Sitzungen des Haupt-, Personal- und Finanzausschusses sowie des Stadtrates angesetzt. Allerdings hat sich die Fraktionsvorsitzendenrunde bereits darauf geeinigt, dass nur die Beratungen stattfinden und noch keine Beschlüsse gefasst werden.

Die BPD Immobilienentwicklung GmbH möchte bekanntlich auf dem Gelände zwischen Johannes-Albers-Allee, Sumpfweg und Hauptstraße in Niederdollendorf 13 Gebäude mit 155 Wohneinheiten errichten. Doch das Projekt steht auf der Kippe. Mehrere Nachbarn haben Klage eingereicht.

Und der Bebauungsplan ist nach Einschätzung sowohl der von der Stadt beauftragten Kanzlei für Verwaltungsrecht als auch der Anwälte der Anwohner, der Kanzlei Köhler & Klett, wegen formeller und etwaiger materieller Mängel unwirksam. Die Kanzlei Jeromin & Kerkmann schlägt der Politik als Alternativen entweder die Heilung der formellen und etwaiger materieller Fehler oder die Aufhebung des Bebauungsplans vor.

Köwis wollen ökologisch wertvolle Fläche erhalten

Nachdem sich die SPD-Fraktion bereits vor einiger Zeit für die Aufhebung ausgesprochen hatte, ist nun auch die Königswinterer Wählerinitiative für diesen Weg. Dazu gibt es einen einstimmigen Fraktionsbeschluss. Bei einem Pressegespräch begründete Fraktionschef Lutz Wagner dies mit dem hohen ökologischen Wert des Geländes und dem überschaubaren Schaden für die Stadt.

„Entscheidend für unsere Fraktion ist, dass Herr Kerkmann ausgeführt hat, dass Planschadensansprüche aus dem Baugesetzbuch nicht geltend gemacht werden können“, so Wagner. Forderungen könnten höchstens durch Vertrauenstatbestände aus den letzten Beschlüssen entstehen.

2008, damals noch als Grüne, habe man den Bebauungsplan gemeinsam mit der SPD aufheben wollen, sei aber an der CDU/FDP-Mehrheit im Stadtrat gescheitert. „Bis Sommer 2018 sind wir von einem rechtsverbindlichen Bebauungsplan ausgegangen und dass es keine Möglichkeit gibt, den Plan entschädigungsfrei aufzuheben.“ Man habe der Stadt nicht schaden wollen.

Nun aber müsse der Rat sich entscheiden. „Wollen wir die letzte Auenlandschaft in der Umgebung mit ihrer sehr hohen Bedeutung für Hochwasser-, Arten- und Biotopschutz zubauen oder wollen wir sie für die Natur und die Erholung suchenden Menschen erhalten?“, fragte Wagner. Man werde die Aufhebung des Bebauungsplans als Fraktion entweder selbst beantragen oder sich einem der Bürgeranträge anschließen.

Artenreicher Raum mit hohem Potenzial

Der Landschaftsökologe Andrée Hamm von der landwirtschaftlichen Fakultät der Bonner Universität stellte die besondere Bedeutung der Fläche heraus, die hohes Potenzial habe, wenn sie entsprechend entwickelt werde. „Das ist viel mehr als eine grüne Wiese. Das Areal ist von hohem ökologischen Wert. Es handelt sich um eine Aue mit einer extrem hohen Dynamik.“

Ähnlich artenreiche Räume mit mosaikartigen, verschiedenen Lebensraumtypen fänden sich an der Oder, im Elbtal oder am Oberrhein, auch wenn es sich hier um eine eher kleine Fläche handele. Hamm empfiehlt naturschutzfachliche und ornithologische Gutachten. Es handele sich um ein Trittsteinbiotop, in dem auch die eine oder andere Rote-Liste-Art zu finden sein dürfte. Wenn die Fläche künftig verstärkt zum Brut- oder Nist-Habitat werde, müsste die Nutzung als Hundewiese natürlich eingeschränkt werden.

Die nächsten größeren Grünflächen fänden sich rheinaufwärts bei Sinzig und rheinabwärts bei Ramersdorf, wobei die Rheinaue weit weniger wertvoll sei. Die Fläche am Sumpfweg könnte einen hohen Naherholungs- und Erlebniswert haben, wenn die Aktivitäten entsprechend gelenkt und bestimmte Bereiche freigehalten würden.

CDU-Fraktionschef Josef Griese kündigte auf Nachfrage an, dass das Thema am Montag noch einmal intensiv in der Fraktion beraten werde. „Die Tendenz bei uns geht jedoch dahin, den Bebauungsplan zu heilen.“ Jede Entscheidung berge Risiken, auch die Aufhebung des Bebauungsplans. In diesem Falle könne der Investor Ansprüche gegen die Stadt geltend machen. „Irgendwann werden die Gerichte entscheiden, egal was wir beschließen.“

Er könne in dem Areal keine ökologisch hochwertige Fläche erkennen. Über all das werde man am Montag sprechen, wenn man sowohl Professor Kerkmann als auch den Projektentwickler zu Gast habe. „Wir wollen seine Meinung hören. Eventuell wird er sich ja an den Planungskosten beteiligen.“ In keinem Fall falle am Dienstag eine Entscheidung.

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