Tag des offenen Denkmals im Siebengebirge Kirche in Rekordzeit erbaut

OBERPLEIS · Erstmals hat sich am Sonntag die evangelische Kirchengemeinde Oberpleis am Tag des offenen Denkmals beteiligt und dabei ihre Notkirche vorgestellt. Das Gotteshaus steht seit 31 Jahren unter Denkmalschutz.

 Eine Rarität: Fotografien und Dokumente aus der Historie der Notkirche in Oberpleis schaute sich am Sonntag auch Bürgermeister Peter Wirtz (3.v.r.) an.

Eine Rarität: Fotografien und Dokumente aus der Historie der Notkirche in Oberpleis schaute sich am Sonntag auch Bürgermeister Peter Wirtz (3.v.r.) an.

Foto: Frank Homann

Sie heißt nicht Erlöserkirche, nicht Friedenskirche, sie heißt schlicht „Evangelische Kirche Oberpleis“. Am Sonntag war sie der Star. Denn: Die evangelische Kirchengemeinde in Oberpleis stellte erstmals am Tag des offenen Denkmals ihre Kirche vor und erweiterte so das Programm im Siebengebirgsraum – mit beispielsweise Adenauer-Haus und Waldfriedhof in Rhöndorf und der Nikolauskapelle in Heisterbacherrott – um ein ganz besonderes Bauwerk. Presbyter Kai Zielke und Kunsthistoriker Holger Simon hatten zu mehreren Führungen eingeladen und zeigten zudem Fotografien und Dokumente. Und auch Bürgermeister Peter Wirtz war gekommen. Unter dem Aspekt des Denkmals hatten viele Besucher dieses Gotteshaus wohl noch nie betrachtet.

Dabei steht die Kirche bereits seit 31 Jahren unter Denkmalschutz, obwohl sie vor noch gar nicht allzu vielen Jahren errichtet wurde. Sie wurde gewissermaßen aus der Not geboren. Denn zu den etwa 150 alteingesessenen evangelischen Christen dieser Landgemeinde kamen nach dem Zweiten Weltkrieg Hunderte Vertriebene aus dem Osten hinzu. Zudem stieg ihre Zahl durch die Bediensteten aus den Ministerien. Damals gingen die Gläubigen zum Gottesdienst ins Kino. Im Saal predigte sonntags Pfarrer Walter Lubrich, der mit einem Motorroller aus britischen Armeebeständen anrollte. Und auch am Tag der Weihe, am 11. Dezember 1949, versammelten sich die Teilnehmer zunächst im Kino zu einer ersten Andacht, um dann auf das damals noch freie Feld hinaufzuwandern.

In Rekordzeit war die Kirche entstanden: Am 27. Juli 1949 erfolgte der erste Spatenstich, am 14. Oktober die Grundsteinlegung. Schon bald war Richtfest, denn es handelte sich bei dieser Kirche um ein Holzständerwerk. Genauer: Es war eine „Notkirche Typ D – Gemeindezentrum“.

Der bedeutende Architekt Otto Bartning hatte drei Typen von sogenannten Bartning-Notkirchen entworfen. Damals hatte die Bauabteilung des Evangelischen Hilfswerkes mit Unterstützung ausländischer Kirchen Bauprogramme aufgelegt. Bartning reiste in jenen Jahren zu allen Orten, um sich über die Gegebenheiten zu informieren. Manchmal wurden die Kirchen in und aus Trümmern errichtet. In Oberpleis wurde auf freies Feld gebaut.

Das Werk beflügelte die Christen. Die alten Fotos zeigen, wie sie mächtig anpackten, erst Fundament und Kellergeschoss aus eigenen Mitteln und Kräften errichteten. Und dann ihre Kirche quasi wie einen „Stabilobaukasten“ aufbauten. Eine raffinierte, praktische Konstruktion. Mit wenigen Handgriffen konnte aus der Kirche ein Gemeindesaal gezaubert werden. Denn: Bartning hatte für den Altar eine Nische vorgesehen; der Altartisch konnte zurückgeschoben und mit Flügeltüren verschlossen werden. Das Besondere: Die Oberpleiser haben das nie geändert.

Ebenfalls erhalten geblieben ist das sogenannte Sängerpodium, auf dem heute statt Harmonium die Orgel steht. Auf diese Weise kann die Kirche für Konzerte und andere Aktivitäten genutzt werden. Ebenso rissen die Oberpleiser im Gegensatz zu den meisten anderen den Pfarrhaus-Anbau nicht ab. Ihre Notkirche Typ D ist deshalb eine echte Rarität.

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