Patenschaftsprogramm für Migrantenkinder Kinder nehmen einander an die Hand

Stieldorf · Hannah und Sajad stehen in der Mitte des Stuhlkreises. Die Fußspitzen gegeneinander, mit ihren Händen fassen sie die Unterarme des Partners und bauen Körperspannung auf. Beide halten einander, jeder würde ohne den anderen fallen. Dafür gibt es von den anderen 30 Kindern in der Aula der Grundschule am Lauterbach einen Riesenapplaus.

 Maja (Mitte) mit Emilija (links) und Kujtesa in der Grundschule Stieldorf bei einer Übung, die Vertrauen schaffen soll.

Maja (Mitte) mit Emilija (links) und Kujtesa in der Grundschule Stieldorf bei einer Übung, die Vertrauen schaffen soll.

Foto: Frank Homann

Vertrauen schaffen, sich auf den anderen verlassen können – eine der Übungen beim Projekt „Ausgesprochen verbunden“, an der in diesem Schuljahr neben der Stieldorfer Grundschule auch die Johann-Lemmerz-Grundschule in der Altstadt und die Realschule Oberpleis teilnehmen.

Das Projekt, das auf zwei Tage angelegt ist, wird aus nicht in Anspruch genommenen Mitteln des Bildungs- und Teilhabe-Pakets 2015 vom Rhein-Sieg-Kreis finanziert und ist eine Kooperation zwischen dem Servicebereich Kinder-, Jugend- und Familienhilfe der Stadt Königswinter, den drei Schulen und der Initiative für Sozial- und Wirtschaftskompetenz Köln (ISWK), die solche Projekte anbietet. Es richtet sich an Schülerinnen und Schüler, die die Verantwortung für Kinder übernehmen, die neu in Deutschland und an der Schule sind, unter ihnen auch viele Flüchtlingskinder. An der Lemmerzschule nehmen rund 40 Kinder teil, an der Realschule Oberpleis und an der Grundschule in Stieldorf sind es jeweils rund 30.

Schulleiterin Dagmar Exius hat für die 16 Kinder, die die Sprachfördergruppe an der Stieldorfer Grundschule besuchen, in Fächern wie Musik und Sport aber am normalen Unterricht teilnehmen, jeweils einen Paten oder eine Patin gesucht. „Wir haben einfach in den Klassen gefragt, wer gerne Pate werden möchte. Dann haben wir noch die Eltern um ihr Einverständnis gebeten“, berichtet sie. Hannah zum Beispiel ist eine der Patinnen, die Verantwortung für ihr „Patenkind“ Sajad übernimmt.

Beim ersten Projekttag am Donnerstag erfahren die Kinder im Stuhlkreis von zwei netten jungen Männern von der Kölner Initiative, was sie zu tun haben. Martin Albers und Thomas Kirschbaum lassen sie erst einmal eine abgewandelte Form des Klassikers „Die Reise nach Jerusalem“ spielen. „Alle Kinder wechseln den Platz, die gerne Eis essen“, verstehen alle Kinder, ganz gleich, ob sie aus Afghanistan, Griechenland, dem Kosovo, Polen, Portugal, Serbien, der Türkei, Syrien, Ungarn oder Deutschland kommen. Diese Nationalitäten sind allesamt in Stieldorf vertreten.

„Wir begleiten viele Schulen im Themenfeld soziale Kompetenzen – auch schon vor der Flüchtlingswelle“, berichtet Martin Albers. Er und seine Kollegen würden dabei versuchen, die Kinder in emotionale Situationen zu bringen. Durch Spiele und Bewegung wolle man sich Zugang zu den Kindern verschaffen, egal aus welchem Teil der Welt sie kämen. „Es muss nicht immer die Sprache sein“, sagt Albers. In dem speziellen Projekt gehe es darum, dass Kinder sich gegenseitig unterstützen und für den anderen da sind. Die Paten sollen sensibel in eine Rolle gebracht werden, in der sie dann Verantwortung für ein anderes Kind übernehmen.

Auch wenn das Projekt nur aus zwei Tagen – der zweite findet in Stieldorf am 2. Februar 2017 statt – besteht, soll es sich darauf natürlich nicht beschränken. „Im Idealfall verabreden sich Pate und Patenkind weiterhin, um einmal in der Woche miteinander zu spielen“, sagt Albers. Das hänge letztlich auch davon ab, wie gut die jeweilige Schule das Projekt anschließend in den Schulalltag integriere.

Diesen Wunsch brachte auch Königswinters Dezernentin Heike Jüngling als Beobachterin zum Ausdruck. „Ich bin begeistert von den Kindern und dem Programm“, sagte sie. „Es ist sicher wichtig, dass es nicht bei dem Projekttag bleibt. Dann ist mehr an Integration möglich, als acht Stunden bewirken können.“

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