Schullandschaft in Königswinter Heimkinder haben weite Schulwege

Königswinter · Die Heimeinrichtungen sind die Leidtragenden der Schulsituation in Königswinter. Der Probsthof in Niederdollendorf, der 92 stationäre Plätze hat, sucht für mehr als die Hälfte seiner Kinder und Jugendlichen meist vergeblich nach Plätzen an weiterführenden Schulen.

 Die engagierte Arbeit, wie hier beim „Mut-Projekt“ im Jugendwohnen Sankt Sebastian, stößt bei der Beschulung oft an Grenzen.

Die engagierte Arbeit, wie hier beim „Mut-Projekt“ im Jugendwohnen Sankt Sebastian, stößt bei der Beschulung oft an Grenzen.

Foto: Frank Homann

Beim Jugendwohnen Sankt Sebastian in Oberdollendorf betrifft das etwa zehn von 30 Jugendlichen. Laut Dietmar Willmann, dem Leiter des Jugendwohnens, ist in seiner Einrichtung bis jetzt „nur“ etwa ein Drittel betroffen, weil das Bonner Jugendamt Hauptbeleger ist und die meisten Jugendlichen bereits einen Platz an einer Bonner Schule haben. Das Problem bestehe nur für die Heimbewohner, die nicht aus der Region kommen und einen Schulplatz brauchen.

„Bisher hatten wir da überhaupt keine Schwierigkeiten, weil unsere Jugendlichen einen Platz an den Haupt- oder Realschulen in Königswinter oder Bad Honnef bekamen. Mit dem Auslaufen dieser Schulen bricht das schulische Angebot jedoch komplett weg“, sagt Willmann. Da die Gesamtschule voll belegt ist, kann sie während des Schuljahres keine Schüler aufnehmen, was auch für andere zugezogene Kinder gilt. Darauf sind die Heime jedoch angewiesen. Eine Zusammenarbeit mit der Gesamtschule finde daher bisher überhaupt nicht statt. „Keines unserer Kinder und Jugendlichen besucht diese Schule“, so Willmann.

Stattdessen würden den Jugendlichen Plätze durch die Schulaufsicht beim Rhein-Sieg-Kreis zugewiesen. Bis zu eine Stunde Fahrzeit gelte dabei als zumutbarer Schulweg. „Das kann Hennef, Niederpleis, das können aber auch Bonner Schulen sein.“ Gerade für seine Schützlinge sei es dabei besonders schwierig, Schulplätze zu finden.

„Die Konrad-Adenauer-Hauptschule (KaSch) in Bad Honnef oder die Realschule Oberpleis wussten, wie wir unsere Schüler betreuen, dass wir zuverlässig sind und den regelmäßigen Schulbesuch sicherstellen. Jetzt müssen wir jedes Mal neu schauen, was die Reintegration der Schüler deutlich erschwert“, so Willmann. Beim Probsthof liegt die Zahl der Kinder und Jugendlichen, für die ein Schulplatz gefunden werden muss, sogar bei deutlich über 50 Prozent.

Gesamtschule scheidet als Anlaufstelle aus

Das hat damit zu tun, dass das Kinder- und Jugendheim mit Jugendämtern zwischen Koblenz im Süden, Düren im Westen und Dormagen im Norden kooperiert und für die Kinder und Jugendlichen, die von dort kommen, mit dem Umzug nach Königswinter immer ein Schulwechsel verbunden ist. Auch hier scheidet die Gesamtschule als Anlaufstelle aus, weil sie während des Schuljahres keine Kinder aufnimmt.

„Wir bekommen ja ganzjährig Kinder, sodass wir einfach nicht planen können“, sagt Sabine Oppermann, die zusammen mit Knut Böhringer den stationären Bereich im Probsthof leitet. Beide sind voll des Lobes über die bisherige Zusammenarbeit mit der KaSch, der Realschule und der Hauptschule Oberpleis. „Da wurden auch Konflikte und kritische Dinge offen miteinander besprochen“, so Oppermann. Jetzt sei man darauf angewiesen, dass den Jugendlichen vom Kreis Schulen zugewiesen werden – mit den entsprechend weiten Schulwegen. „Es kann auch Fünft- oder Sechsklässler treffen, dass sie weit fahren müssen.“

Besonders ärgerlich ist die Situation im konkreten Fall einer Außenwohngruppe des Probsthofs in Oberpleis, für die das Gleiche gilt wie für zwei weitere Gruppen in Heisterbacherrott und Uthweiler. „Die meisten der Bewohner gehen nach Niederpleis zur Schule“, berichtet Knut Böhringer. Und das, obwohl die Gesamtschule nur wenige hundert Meter entfernt ist. Sie teilen damit das Schicksal der anderen Jugendlichen in den Heimen der Stadt Königswinter. Nur wer bereits eine Grundschule in der Stadt besucht, kann anschließend auf die Gesamtschule wechseln.

Sabine Oppermann ist immerhin froh, dass es an der Rheinschiene eine gute Kooperation mit dem Kreis Neuwied gibt. „So können wenigstens einige unserer 16- und 17-jährigen Jugendlichen die Regionalen Schulen in Unkel und Linz besuchen“, sagt sie. Dietmar Willmann beklagt die Situation: „Der Aufbau von Gesamtschulen sollte die Integration von Benachteiligten eigentlich fördern. Für unsere Kinder und Jugendlichen ist mit dem Aufbau der Gesamtschule Oberpleis das Gegenteil eingetreten, die schulische Versorgung hat sich massiv verschlechtert.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort