Kultur- und Bildungszentrum Haus Schlesien in Heisterbacherrott wird 40

Heisterbacherrott · Erinnerungen wachhalten und weitergeben: Das ist seit vier Jahrzehnten das Motto des Vereins und gleichnamiger Anlage "Haus Schlesien". Geburtstag feiert das heutige Kultur- und Bildungszentrum beim Sommerfest.

Das Haus Schlesien.

Das Haus Schlesien.

Foto: Haus Schlesien

40 Jahre wird Haus Schlesien in diesem Jahr alt: 1978 erwarb der gemeinnützige private Verein „Haus Schlesien“ die verfallene Hofanlage von der Stadt Königswinter und errichtete in den vergangenen Jahrzehnten das heutige Kultur- und Bildungszentrum samt Tagungs- und Begegnungsstätte, einer Bibliothek sowie Gastronomie und Gästezimmern. Mit dem diesjährigen Sommerfest soll auch der Geburtstag gefeiert werden.

Der Verein wurde 1973 gegründet, „um die Erinnerungen an die Vertreibung und die Kultur wachzuhalten und sie an die kommenden Generationen weiterzugeben“, erklärt Nicola Remig, Leiterin des Dokumentations- und Informationszentrums. Nach der Vertreibung und der Flucht aus ihrer Heimat nach dem Zweiten Weltkrieg bauten sich die Schlesier eine neue Existenz auf.

Und es entstand die Idee, ein solch Begegnungszentrum für alle Schlesier zu errichten. Eine Idee, die im ehemaligen Fronhof in Heisterbacherrott schließlich verwirklicht wurde, so Remig. In Eigenarbeit wurde das heruntergekommene Gelände über die Jahre renoviert. „Es war und ist ein Prozess, den man nicht in einem Rutsch leisten kann“, so die Leiterin.

Feste und Ausstellungen

Wo früher Hofbetrieb herrschte und Scheunen standen, können heute Besucher untergebracht, Ausstellungen besucht und Feste gefeiert werden. Ein Gebäude wurde unterkellert, um das Archiv einzurichten. Das Erscheinungsbild des Grundstücks veränderte sich ebenso wie die Struktur des Vereins. An die 1000 Mitglieder hat der Verein heute, zu Spitzenzeiten waren es mal rund 3500. „Die Menschen sterben uns seit Jahren weg“, bedauert Remig. Heute sind es vor allem die Kindergenerationen der Vertriebenen oder auch Tagungsgäste, die neu in den Verein eintreten.

Aber: „Es sind nicht mehr die Massen.“ Eine Untergrenze an Mitgliedern, ab wann der Verein nicht mehr tragfähig sei, gibt es nicht. „Der Betrieb ist gesichert“, sagt Vereinspräsident Professor Michael Pietsch. Um sich tragen zu können, wurde ein Wirtschaftsbetrieb eingerichtet. Kommunionsfeiern, Tagungen, Firmungen, aber auch andere Feiern und Feste können dort ausgerichtet werden. In den 39 Gästezimmern gibt es Übernachtungsmöglichkeiten, im Restaurant und dem Biergarten werden verschiedene Speisen und Getränke angeboten. Rund 20 Angestellte halten den Betrieb am Laufen, dazu kommen weitere Ehrenamtliche. 9452 Übernachtungsgäste zählte das Haus im vergangenen Jahr.

40 Jahre Haus Schlesien
6 Bilder

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Die Geschichte Schlesiens

Die Geschichte und die Erinnerung an Schlesien sind auf dem gesamten Gelände spürbar. In der Remise im Garten steht ein Wagen, mit dem Schlesier vor der russischen Armee flüchteten, einige Meter weiter erinnert eine Skulptur an den Lyriker und Schriftsteller Joseph von Eichendorff. Im Museum stehen verschiedene Erinnerungsstücke, der volkskundliche Bereich erinnert an Rübezahl, den Bergbau und die Textilwerkstatt, in der Ausstellung können Kunstwerke und das Kunsthandwerk bewundert werden.

Themen der Werke sind immer wieder Ankommen und Heimatlosigkeit. „Themen, die auch heute noch en vogue sind“, meint Nicola Remig mit Blick auf die Menschen, die aus ihrer Heimat in Richtung Europa flüchten. Auch wenn für Michael Pietsch die Vertreibung der Schlesier nicht direkt mit der heutigen Flüchtlingsbewegung zu vergleichen sei, ein Aspekt sei jedoch ähnlich: „Mit der Verpflichtung, die damit einhergeht, ist das schon vergleichbar.“

Neben den Mitgliederbeiträgen, Spenden, Eintrittsgeldern aus dem Museum und der Ausstellung sowie Erträgen aus dem Wirtschaftsbetrieb wird das Haus auch vom Bund gefördert. 205.000 Euro sind das jährlich, sagt Remig. Dazu kommen weitere 10.000 Euro an Projektgeldern vom Land NRW. Mindestens 5000 bis 6000 Besucher besuchen jährlich das Museum und die Ausstellung. Pietsch: „Wenn es gut läuft, sind es 10.000.“ Den Spitzenwert erreichte das Haus mit einer Schau zu Käthe-Kruse-Puppen, die 20.000 Menschen anlockte.

Vernetzen und weiterentwickeln

Wichtig für das Haus ist neben der Verwurzelung und Verbundenheit in der Region auch die europäische Vernetzung, sagen die Verantwortlichen. Im Museum in Breslau sind Leihgaben von Haus Schlesien zu sehen, ein weiterer bedeutender Partner ist das die ehemalige Zisterzienserabtei Kloster Leubus nordöstlich von Breslau. Wo Breslau oder überhaupt Schlesien liegt, ist einigen heute längst nicht mehr bewusst. „Früher wussten die Leute, was mit Schlesien zu verbinden ist. Heute sieht das teilweise anders aus“, sagt Remig.

Auch deswegen müsse sich das Haus ständig weiterentwickeln. „Die Räumlichkeiten wurden komplett renoviert“, erklärt Pietsch und nennt den großen und bereits für eine anstehende Feier festlich gedeckten Eichendorffsaal als Beispiel, der mit neuer Technik ausgestattet wurde. Was nun ansteht, ist die Modernisierung der Gästezimmer. Mit Blick auf eine neue Ausstellung, die es geben soll, aber auch die Maßnahmen auf dem Gelände sagt Remig: „Jede Woche gibt es neue Baustellen.“ Schließlich soll das Kultur- und Bildungszentrum aber auch noch einige Jahre bestehen – um in 40 Jahren dann den 80. Geburtstag zu feiern.

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