Einblicke zu Halloween Gruseln im Siebengebirge

Siebengebirge · Der Ittenbacher Marian Lehnberg finanziert sein Studium als Gespenst bei Geisterführungen im Siebengebirge. Passend zu Halloween gibt er einen Einblick in die Kunst des Erschreckens.

 Halloween steht vor der Tür: Auf Marian Lehnberg kommt in den nächsten Tagen viel Arbeit zu.

Halloween steht vor der Tür: Auf Marian Lehnberg kommt in den nächsten Tagen viel Arbeit zu.

Foto: Katrin Janßen

Gestatten: Marian Lehnberg, 20 Jahre alt und von Beruf Gespenst. Als professionelle Spukgestalt hat der junge Ittenbacher einen der kuriosesten und spannendsten Jobs der Region: Tagsüber studiert er Medizin an der Universität zu Köln, nachts verdient er sein Geld mit gespenstischem Schabernack. Insbesondere Gruselführungen für Erwachsene gehören seit rund vier Jahren zu seiner Spezialität.

Exklusiv zu Halloween lüftet das Profi-Gespenst nun manches Berufsgeheimnis und gibt einen Einblick in die Kunst des gekonnten Erschreckens – denn dazu gehört weit mehr als bloß ein unheimliches Outfit. Aber: Natürlich wird nicht gleich alles ausgeplaudert, der Spaß am gepflegten Gruseln soll schließlich erhalten bleiben. Wann und wo genau Lehnberg sein nächtliches Unwesen treibt, wird deshalb nicht verraten.

Gruselfaktor Nummer eins: ein gutes Konzept

Führungsgäste live zu erschrecken, unterscheide sich im Grunde nicht allzu sehr vom Dreh eines spannenden Horrorfilms. „Man braucht einen durchdachten Spannungsbogen“, meint Lehnberg, „das muss man ganz pragmatisch denken“. Der Nervenkitzel dürfe im Verlauf der Führung nicht abfallen, zugleich sollten die Gäste der Gruseleinlagen auch nicht überdrüssig werden.

Ein Dauerbombardement an Schockmomenten sei deshalb tabu – „denn wenn man die Besucher zu häufig piesackt, verliert das am Ende für alle den besonderen Reiz“. Nie übertreiben, lautet daher die Devise: Stattdessen müsse man als Gespenst taktisch agieren und auf klug gesetzte Gruselpointen setzen. Klasse statt Masse, sozusagen.

Zweitens: Ungewissheit

„Man muss den Besuchern die Illusion vermitteln, dass immer und überall etwas Unheimliches lauern könnte und sie darüber im Unklaren lassen, womit sie es genau zu tun haben“, so Lehnberg. Was den Gästen daher verschwiegen wird: Grundsätzlich ist das Spuken eine Ein-Mann-Mission. Während der Moderator auf festgelegter Route durch das Gebäude führt, huscht ein einsames Gespenst im Hintergrund durch die Gänge und ist für das schaurige Begleitprogramm zuständig. Ein gerissener Geist setze dabei alles daran, dass sein exakter Standort nie lokalisierbar sei, erklärt Lehnberg: Mal in den Tiefen des Gebäudes eine Tür laut ins Schloss knallen, dann schnell weiter, um plötzlich direkt nebenan sachte die Dielen knarren zu lassen. Die seltenen Anlässe, zu denen die Geister tatsächlich einmal im Doppelpack mit von der Partie seien, erinnert sich Lehnberg und muss schmunzeln, „die sind für die Besucher natürlich besonders fies“.

Drittens: das Spiel mit Erwartungen

Lehnberg: „Wenn auf einen Spannungsaufbau immer zuverlässig ein Schockmoment folgt, dann wird das Muster irgendwann berechenbar.“ Und Berechenbarkeit, klar, die sei langweilig. Neben dem Einsatz sämtlicher Gespenster-Utensilien – darunter Masken, Umhänge, Ketten und Wasserpistolen – sei es daher für das professionelle Geisterhandwerk ebenso essenziell, die Gruselatmosphäre gelegentlich unaufgelöst im Raum stehen zu lassen.

„Dann verstecke ich mich etwa hinter einem Vorhang, aber kurz bevor er dann gelüftet wird, verschwinde ich wieder.“ Wichtig sei auch, hin und wieder einen Gang zurückzuschalten: „Wenn alle gerade in die Führung vertieft sind, darf man die Gäste zur Abwechslung in Sicherheit wiegen. Der Moderator umgarnt die Besucher dann ein paar Minuten lang, und das Gespenst hat eine Verschnaufpause.“ Stets unerwartet sein, so lautet das Zauberwort.

Viertens: alle Sinne ansprechen

Jeder Raum wird im Vorfeld mit LED-Scheinwerfern atmosphärisch ausgeleuchtet, mal werden sogar dezente Duftakzente gesetzt. Besonders hinterhältig: „Wenn sich Leute von der Gruppe getrennt im stockfinsteren Zimmer zurechtfinden und ein Rätsel lösen müssen“, erklärt Lehnberg, „dann ist das für mich als Gespenst ein gefundenes Fressen“.

Während die Besucher noch blind umher tapsen, habe er sich selbst längst an die Dunkelheit gewöhnt und könne genüsslich mit Geräuschen spielen, um seine Opfer langsam zur Verzweiflung zu treiben. Zu intim werden dürfe es aber nicht: Ein respektvolles Gespenst halte stets Abstand und kitzle etwa lieber mit einer langen Pfauenfeder den Nacken seiner Opfer – „das fühlt sich an wie Spinnweben“.

Klar: Schiefgehen, wirft Lehnberg ein, könne trotz sorgfältiger Planung immer etwas. Sich unfreiwillig zu erkennen geben, den Ablauf durcheinanderbringen und die eklige Riesenspinne aus Kunststoff zu früh auf den Kopf eines Besuchers plumpsen lassen – „das kann vorkommen“. Hauptsache aber, die Mischung aus Erschrecken und Lachen komme gut an: „Wenn am Ende alle sagen, 'Wir hatten total viel Spaß', dann ist das auch für mich als Gespenst ein tolles Lob.“

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