Festival der Reformatorinnen Frauen lassen in Heisterbacherrott Lutherzeit aufleben

HEISTERBACHERROTT · Von Katharina von Bora bis Elisabeth Cruciger: Beim „Festival der Reformatorinnen“ in der Emmauskirche in Heisterbacherrott schlüpften rund ein Dutzend Frauen in die Rolle historischer Figuren der Lutherzeit.

Von der Liederdichterin bis zur Pfarrfrau: In der Emmauskirche verkörperten Frauen historische Persönlichkeiten der Reformation.

Von der Liederdichterin bis zur Pfarrfrau: In der Emmauskirche verkörperten Frauen historische Persönlichkeiten der Reformation.

Foto: Frank Homann

Es muss ja nicht immer Luther sein. Auch Frau Luther – Katharina von Bora – hat eine Menge zu bieten. Und mit ihr eine Reihe weiterer Frauen aus der Reformationszeit. In der Emmauskirche in Heisterbacherrott führte ein Theaterensemble das Stück „Festival der Reformatorinnen“ auf. Und die Zuschauer tauchten ab in eine andere Welt.

Die Verwandlung gelang den zeitgemäß herausgeputzten Damen perfekt. Obwohl nur eine echte Schauspielerin der Truppe angehörte, vermochten die Frauen mit ihren darstellerischen Leistungen zu überzeugen. Die Idee, sich im Luther-Jahr aus Sicht der Frauen der Reformationszeit zu nähern, hatten Sabine Cornelissen, Frauenbeauftragte des Kirchenkreises Bad Godesberg-Voreifel, und Dagmar Gruß, Pfarrerin und Synodalbeauftragte für Frauenfragen des Evangelischen Kirchenkreises Bonn.

Die Akteure hatten bereits im Mai beim Deutschen Kirchentag in Berlin ihr Publikum begeistert. Und ebenfalls in Heisterbacherrott wurden sie gefeiert. Mit Christine Hammer und Brita Larenz hatten die Zuschauer sogar zwei Schauspielerinnen aus der eigenen Gemeinde dabei. Sie standen natürlich unter „Sonderbeobachtung“ und zeigten, dass sie auch auf der Bühne eine gute Figur machen.

Aber: In diesem Falle genügte es nicht, eine Rolle auswendig zu lernen. Die Frauen hatten sich vielmehr durch intensives Quellenstudium selbst der jeweiligen Reformatorin genähert. Unter der Regie von Heike Werntgen wurden die Reformatorinnen zusammengeführt, in einem Wirtshaus als Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Hier hielt die Tochter des Schankwirts – gespielt von Schauspielerin Simone Silberzahn – als fiktive Figur die Fäden zusammen. Sie kommentierte die Gespräche ihrer Gäste, missbilligte sie bisweilen und brachte so Schwung und wohldosierten Witz ins Stück.

Hexenverbrennung und schwarze Pest

„Ich will nicht ins Fegefeuer. Da könnt ihr schon allein hingehen“, sagt die Wirtin etwa, die im Verlauf der Geschichte Ursula von Münsterberg versteckt und träumt, als Hexe verbrannt zu werden. Eine durchaus berechtigte Sorge in dieser Zeit. Ebenso berechtigt war die Furcht vor der schwarzen Pest. Dann überlegten selbst eifrige Reformatorinnen wie Wibrandis Rosenblatt, ob für das Seelenheil des toten Kindes nicht doch ein Ablass gekauft wird.

Negative Facetten der Protagonistinnen wurden nicht ausgeblendet. So ließ zum Beispiel Elisabeth Fürstin von Calenberg (Helga Boese) die Geliebte ihres Mannes als Hexe verfolgen.

Erschöpft war Katharina von Bora (Sabine Cornelissen) häufiger Gast der Schankwirtschaft. Schließlich führte sie selbst ein großes Haus mit vielen Gästen und einer eigenen Brauerei. Als sie zunächst der Wirtin einen Aufschub für die Bezahlung des gelieferten Bieres verweigerte, argumentierte sie: „Nächstenliebe? Nein, ich verlange Bezahlung!“ Die junge Frau antwortete: „Dann stimmt es doch, was man sich erzählt: Die Mönchshure regiert mit eiserner Hand!“

Denn die Verbindung zwischen Luther und der aus dem Kloster weggelaufenen Katharina galt vielen Zeitgenossen als Teufelswerk. Katharina von Bora klärte die Zuschauer auf: „Ohne Unterstützung der Frauen hätte es die Reformation nicht gegeben.“ Alle kamen sie im Stück vor – ob Katharinas enge Freundin, die frühere Nonne und erste Liederdichterin des Protestantismus Elisabeth Cruciger (Judith Weichsel), oder die feministische Theologin Katharina Schütz Zell (Dagmar Gruß), die den Zölibatsbruch ihres Mannes rechtfertigte sowie Elisabeth Hecklerin (Christine Hammer), die sich der Täuferbewegung anschloss, oder Wibrandis Rosenblatt (Brita Larenz), die gleich mehrere Reformatoren heiratete.

Caritas Pirckheimer (Wibke Janssen), die Äbtissin in Nürnberg, lehnte die lutherische Lehre allerdings ab: „Im Kloster gibt es mehr Bildung, mehr Freiheit und mehr Gemeinschaft.“ Weitere Figuren waren Argula von Grumbach (Stefanie Graner), Magdalena Heymair (Maria Wilmink), Olympia Fulvia Morata (Gudrun Schlösser), Ursula von Münsterberg (Ursula Bihler) oder Anna Stolberg (Sonja Muth) und Ursula Weyda (Claudia Curtius). Die zeitgenössische Musik lieferte das Ensemble AndererSaits.

In der Pause ging es mittelalterlich weiter. Es gab Hähnchenschenkel, Erbspüree, Linsensalat, Wurzelgemüse und Roggenbrot mit Schmalz. Kartoffeln kannten die Menschen zu Zeiten der Reformation ja noch nicht. Und in diese Ära tauchten die Besucher auch beim gemeinsamen Mahl mit Genuss ein.

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