Karnevalist Peter Brust aus Bockerath Eine Legende feiert 90. Geburtstag

BOCKEROTH/Bonn · Der Karnevalist Peter Brust nennt 2500 Orden und viele unbezahlbare Erinnerungen sein Eigen. Die stammen alle aus seinen 68 Jahren Bühnengeschichte. Nun feiert Brust seinen 90. Geburtstag.

Wer in dem Bockerother Haus die Wendeltreppe hinuntersteigt, der ist sofort mittendrin in der großen Zeit von Peter Brust. An den Wänden der Kellerbar hängen an die 2500 Karnevalsorden - eine Ausbeute aus 68 Jahren Bühnengeschichte. Alles begann mit den "Rhing Rollers", es folgten die "Vier Sterneburger" und schließlich "Die Zwei mit dem Dreh".

Motor der Mundart- und Musikgruppen, die in Bonn, Köln und außerhalb der fünften Jahreszeit auch bundesweit in der allerersten Liga spielten, war Frontmann Peter Brust. Am Mittwoch feiert er seinen 90. Geburtstag - in seinem Bockerother Partykeller. Dort zeugen neben den Abzeichen auch viele Fotos von der bewegten karnevalistischen Vergangenheit des geborenen Bonners. "Wir waren eine tolle Truppe mit einem tollen Zusammenhalt", sagt er. "Wir", das waren seine Freunde Emil Lohmer, Addi Waldmann, Rudi Morche, der bereits vor vielen Jahren starb, und eben der Jubilar selbst.

"Wir haben uns kennengelernt, nachdem wir 1945 aus der Kriegsgefangenschaft nach Bonn zurück gekommen waren. Mit der Tanzkapelle 'Rhing Rollers' verdienten wir unser erstes Geld. Noten lesen konnte keiner von uns, wir haben unsere Stücke einfach so gespielt", erzählt er. Sehr schnell lebte er auch sein Talent für politische Parodien aus. Mit der Gründung der "Vier Sterneburger", benannt nach einem Poppelsdorfer Kegelclub, begann 1954 der rasante Aufstieg der Truppe.

Das Quartett trat nicht nur in Bonn auf, sondern auch in den großen Kölner Sälen. "Das war schon etwas Besonderes für uns Bonner Jungs", berichtet Brust. Die ganz großen Karnevalsgesellschaften, wie die Roten Funken, buchten die Sterneburger über viele Jahre hinweg. Nebenher gingen die vier immer noch ihren normalen Berufen nach, der Frontmann etwa führte nacheinander zwei Kneipen in Bonn.

Treffen mit Konrad Adenauer und Fritz Walter

Ebenfalls in den 50ern kam es zum ersten Treffen mit dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Das Geburtstagskind erinnert sich: Er und seine Band spielten am Karnevalssamstag - es war schon spät - in Rhöndorf bei den Ziepches Jecken. Nach dem Auftritt wollte Brust als Chef der Combo noch schnell die Gage beim Schatzmeister der Karnevalsgesellschaft abholen. Da hörte er, wie jemand hinter ihm rief: "Ich habe Sie eben im Saal gehört, das war große Klasse. Würden Sie das meinem Vater vortragen?" Der begeisterte Zuhörer war Georg Adenauer, sein Vater Konrad Adenauer.

Also erschienen Brust und seine Freunde um 11.11 Uhr des Folgetages am "Faulen Berg", wo der Bundeskanzler in seinem Wohnhaus den Siebengebirgsprinzen empfing. Dort trugen sie eine Stunde lang ihre Lieder vor. Georg Adenauer erzählte seinem Vater, dass er die Musiker nachts um halb zwei auf der Straße engagiert habe. Und der Bundeskanzler antwortete seinem Sohn, so erinnert sich Brust: "Sehr schön gesungen, aber kannst du mir sagen, was du um diese Zeit noch auf der Straße zu suchen hattest?"

Von da an waren die "Vier Sterneburger" jedes Jahr in Adenauers Wohnhaus zu Gast. Ganz privat. "Wir haben ihn auch gerne auf die Schippe genommen", erzählt Brust. Zum Beispiel mit Liedzeilen wie diesen: "In janz Europa regiert nirgends so 'ne alte Opa, der mät op Bönnsche Art die janze Welt parat". Ärger habe es nie gegeben, dafür aber viel Gelächter. Ebenso wie bei späteren Zusammentreffen mit Willy Brandt, Helmut Schmidt und Helmut Kohl - alles festgehalten in Brusts Bildergalerie. Dort ist auch ein Treffen mit Fußballweltmeister Fritz Walter dokumentiert.

Brust: "Kaum noch Parodien oder bissige Reden"

Bei den Auftritten der "Vier Sterneburger" bekam auch CSU-Mann Franz Josef Strauß sein Fett weg: "Ich bin der Apoll von der Isar, Ihr Leute seht das endlich ein. Wenn mein bayerischer Kopf nicht so dick wär', könnt' ich längst auf 'ner Briefmarke sein." Genau solche Spitzen sind es, die Peter Brust im heutigen Karneval vermisst. "Es gibt kaum noch Parodien oder bissige Reden, sondern immer nur die gleichen Lieder", sagt er. Das alles sei ihm zu laut und zu sehr von Alkohol durchtränkt.

Die heutigen großen Karnevalssitzungen schaut er sich noch nicht einmal im Fernsehen an. Seine Zeit verbringt er lieber mit seiner Frau Marianne (80), mit der er seit den 70ern in Bockeroth wohnt, und einem kleinen bisschen Gartenarbeit. Und wenn er sich an seine bewegten karnevalistischen Zeiten erinnern will, dann steigt er einfach hinab in die Kellerbar, und sie sind ganz schnell wieder da.

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