Silberzeit im Siebengebirgsmuseum Ein Tannenbaum wie vor 100 Jahren läutet die Weihnachtszeit ein

Königswinter · So glänzend Weihnachtskugeln zu Beginn des 20. Jahrhunderts gewesen sind, so ungesund waren sie für die Glasbläser. Sie atmeten beim Blasen Blei oder Quecksilber ein, deren Dämpfe nicht nur gesundheitsschädlich waren.

 Überraschung: Es wundern sich (v. l.) Piet Becker, Peter Wirtz, Irma Becker, Elmar Scheuren und Gisela Henze.

Überraschung: Es wundern sich (v. l.) Piet Becker, Peter Wirtz, Irma Becker, Elmar Scheuren und Gisela Henze.

Foto: Homann

Sie färbten auch die Haut schwarz. In mühsamer Handarbeit fertigten sie diese Kunstwerke an, die nun bis zum 6. Januar den Tannenbaum im Siebengebirgsmuseum schmücken.

Allerdings sind es keine Originale, mit denen Irma und Piet Becker im mittlerweile fünften Jahr die Zweige behangen haben. Es sind neuzeitliche Kugeln, die Thüringer Glasbläserwerkstätten in historischen Formen oder entsprechenden Nachgüssen hergestellt haben.

Die Beckers führten lange "Fräulein Ernas Weihnachtshaus" in Königswinter, sind also Christbaumexperten. Die Blautanne im Museum zieren Reflexornamente. Sie werden an einer oder mehreren Stellen eingedrückt und spiegeln das Kerzenlicht auf besondere Weise.

Dazwischen hängt Lametta. Die Spitze ist kunstvoll geformt und mit einer Perlenkette ausgestattet. Hinter einer gläsernen Schutzwand können die Museumsbesucher neben der Tanne Originale aus der "Silberzeit" zwischen 1900 und 1920 begutachten. Dort ist Schmuck aus Gänsefedern zu sehen.

"Heute völlig unerschwinglich", erklärte Piet Becker. Einen besonders imposanten Eindruck hinterlässt ein glänzender Baumständer. Er dreht nicht nur den Baum, sondern spielt dazu drei verschiedene Weihnachtslieder. Bürgermeister Peter Wirtz war "ganz angetan von dem klassischen Weihnachtsschmuck".

Er löste eine Zeit des Glasschmucks und der mit Naturalien behangenen Christbäume ab. Die Mode mit Silberschmuck, schimmernden Wolken und Engelshaar führten zum Jahrhundertwechsel wohl eher junge Familien ein, sagte Irma Becker. Das Blendende und Glitzernde kehrte also Schritt für Schritt in die bürgerlichen Stuben ein.

Für das Überraschende sorgen im Siebengebirgsmuseum erstmals Wundertüten. Museumsmitarbeiter und Ehrenamtliche haben 50 dieser in mühevoller Kleinarbeit gefertigten Überraschungspakete in Zusammenarbeit mit dem Kunstforum Palastweiher gefüllt. Es gibt sie in fünf verschiedenen Farben und Versionen. "Vor einem Jahr kamen wir auf die Idee, weil wir über Origami gesprochen haben", erzählte Museumsmitarbeiterin Gisela Henze.

In den Tüten befinden sich unter anderem filigran gefaltete Sterne, Anleitungen für die Herstellung einer "Königswinterer Krone", Schachteln aus alten Museumsbroschüren oder ein Esel, der als Kühlschrankmagnet dienen kann. Die Tüten kosten sechs Euro pro Stück. Der Erlös kommt der Museumsarbeit zugute. Elmar Scheuren, Leiter des Hauses, weist darauf hin, dass man für 18 Euro eine Jahreskarte fürs Museum dazu kaufen kann. Das wären dann also, den Blick auf den Weihnachtsbaum hinzugerechnet, drei Überraschungen auf einmal.

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