Modernisierung bei der Bahn Der Mann an der Schranke

KÖNIGSWINTER · Es gibt ja diese Tage, da steht man an der Bahnschranke, zum Beispiel an der Drachenfelsstraße in Königswinter. Ein Zug kommt vorbei. Noch einer. Und noch einer. Und noch ein wenig später noch einer. Eine halbe Stunde kann man auf diese Weise schon mal verbringen.

 Der Zug rast vorbei, aber im Schrankenhäuschen an der Drachenfelsstraße scheint die Zeit still zu stehen. Selcuk Sener sitzt auf dem bald letzten bemannten Schrankenposten im Rechtshreinischen.

Der Zug rast vorbei, aber im Schrankenhäuschen an der Drachenfelsstraße scheint die Zeit still zu stehen. Selcuk Sener sitzt auf dem bald letzten bemannten Schrankenposten im Rechtshreinischen.

Foto: Frank Homann

Man schaut zu dem Mann da oben in dem Wärterhäuschen, das aussieht wie ein umgedrehtes L: Will der einen ärgern? Warum macht der nichts? Er kann nicht. Selcuk Sener ist einer von acht Kollegen, die auf dem Schrankenposten am Fuße des Drachenfels arbeiten, seit acht Jahren.

Und er macht kein Hehl daraus, dass seine Einflussmöglichkeiten begrenzt sind. Hat er per lang anhaltendem Pieps vom Fahrdienstleiter am Bahnhof in Rhöndorf oder Niederdollendorf einen Sperrauftrag erhalten und erst einmal einen Knopf an dem mittleren von drei Apparaten gedrückt, die vor ihm auf einem Tisch stehen, dann kann er die Schranken nicht mehr öffnen, bevor der Zug durchgefahren ist.

Oder nur noch in Ausnahmefällen wie etwa bei technischen Schäden. Aber dann wird dieser Vorgang in einem aufwendigen Prozedere dokumentiert. Also: Auch wenn ihm das manche böse Blicke und wohl auch Worte einbringt - ändern wird dies nichts. "Wenn die Zugführung unglücklich ist, kann es passieren, dass ich für 20 bis 30 Minuten Sperraufträge habe", sagt Sener. "Dann bleiben die Bahnübergänge zu."

Selcuk Sener und seine sieben Kollegen werden in Kürze die letzten Schrankenwärter auf der rechtsrheinischen Bahnstrecke zwischen Deutz und Höhe Koblenz sein. Weil der Übergang Drachenfelsstraße bis circa 2016 ohnehin durch eine Fußgängerunterführung ersetzt wird, hätte eine teure Umstellung der Schranken auf elektronische Stellwerke, wie sie künftig sonst überall auf der Strecke im Einsatz sind, nicht mehr gelohnt.

Selcuk Sener nimmt's gelassen. Was in fünf Jahren ist, "das sieht man dann", und so lange kommt er eben noch jeden Arbeitstag aus Opladen, mal mit dem Zug, mal mit dem Auto, und tritt seinen Dienst auf circa zwölf Quadratmetern Linoleumboden an, die mit Sicherheit schon einige Jahrzehnte auf dem Buckel haben.

Fällt die Konzentration schon mal schwer, langweilt er sich mitunter? Sener kann mit diesen Fragen nicht viel anfangen, er macht seine Arbeit. Einmal, erinnert er sich, hat ein Betrunkener einfach die Schrankenbäume nach oben gedrückt und ist unter dem Applaus der Wartenden über die Gleise gelaufen. Anschließend waren beide Anlagen gestört, und es war überhaupt kein Durchkommen mehr. "Da hat niemand mehr geklatscht."

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