Juniorakademie am CJD Königswinter Blick über den Tellerrand

KÖNIGSWINTER · 54 Spitzenschüler aus Nordrhein Westfalen nehmen an der Juniorakademie in der Jugenddorf Christophorusschule Königswinter teil. Eigenständiger Wissenserwerb und forschendes Lernen stehen im Vordergrund.

 Wie baue ich ein Mikroskop? Die Teilnehmer an der Juniorakademie im CJD wissen die Antwort.

Wie baue ich ein Mikroskop? Die Teilnehmer an der Juniorakademie im CJD wissen die Antwort.

Foto: Frank Homann

Tatortbegehungen, Leichenschauen, Blutspritzanalysen – die Arbeit von Forensikern ist nichts für Zartbesaitete und übt dennoch eine heimliche Faszination aus, wenn man abends auf dem Sofa sitzt und Krimis im Fernsehen anschaut. Das geht auch Svenja und Noah nicht anders. Ein Grund, weshalb die beiden 15-jährigen Schüler aus Brühl und Menden nun in den Sommerferien zehn Tage rechtsmedizinische Untersuchungen durchführen und dabei lernen, wie man Blutspuren sichtbar macht oder was Blutspritzmuster über einen Tathergang verraten.

Gemeinsam mit weiteren Jugendlichen nehmen die beiden am Forensik-Kursus der diesjährigen Juniorakademie des Landes Nordrhein-Westfalen teil. Insgesamt 54 besonders begabte Schüler der achten und neunten Klassen haben derzeit an der Jugenddorf Christophorusschule (CJD) Königswinter Gelegenheit, über den schulischen Tellerrand hinaus zu blicken und sich Themen zu widmen, die nicht auf dem normalen Lehrplan stehen.

„Bodyfarmen“ sind schauerliche Orte: Wissenschaftler führen in diesen Open-Air-Laboren Studien über den Verwesungsprozess von Leichen unter unterschiedlichen Bedingungen durch. Bislang gibt es lediglich in den USA eine Handvoll dieser Bodyfarmen – und seit neuestem eine weitere auf dem Gelände des CJD in Königswinter. In einer abgeschirmten Ecke ist dort ein ähnliches Gruselkabinett im Kleinformat entstanden.

Natürlich werden hier keine menschlichen Leichen untersucht, sondern tote Ratten. „Im Prinzip simulieren wir genau das, was Rechtsmediziner finden, wenn sie zu einer Leiche gerufen werden“, erläutert Noah. „Im Fernsehen sieht man ja oft Rechtsmediziner bei der Arbeit, da stellt man sich als junger Mensch schon die Frage, wie Ermittler in Wirklichkeit Fakten herausfinden“, erläutert der Schüler, weshalb er sich für den Kursus entschieden hat. „Im Fernsehen geht das ja auch alles unheimlich schnell“, ergänzt Svenja: „Wir wissen aber jetzt, dass das eine unglaublich aufwendige Arbeit ist.“

Um den wissensdurstigen Nachwuchs mit noch mehr Informationen zu füttern, wird auch Mark Benecke, einer der prominentesten Forensiker schlechthin, in der Juniorakademie zu Gast sein. Wissenschaftlich gearbeitet wird aber nicht nur im Forensik-Kursus: „Molekulare Biomedizin“ lautet das Thema, mit dem sich Caro, Eray und weitere 16 Schüler beschäftigen. „Wir gehen hier auf das Kleinste, nämlich die Zellen, ein“, erläutern die beiden. „Viele von uns haben den Wunsch, später im Bereich Medizin oder Biologie zu arbeiten. Hier bekommt man schon mal einen ersten Eindruck und Anregungen.“

Zum Beispiel, wie man aus einer Holzplatte mit drei Nägeln, einer kleinen Plexiglasscheibe und einem Handy mit Kamera ein funktionsfähiges Mikroskop baut. Bei den Astrophysikern wagen Franca und Julian den Griff nach den Sternen. Gemeinsam mit 16 weiteren Kursteilnehmern beschäftigen sie sich intensiv mit Planeten, Kosmologie und dunkler Materie. „Das ist hier ganz anders als in der Schule“, sagt Franca: „Eine Doppelstunde in der Schule kommt einem länger vor als drei Stunden hier.“

Der Grund: „Man steht hier nicht permanent auf dem Prüfstand. Die Kursleiter gehen auf unsere Wünsche ein, nehmen sich Zeit und man kann alles fragen“, so Noah, der das Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasium in Bonn besucht und später gerne Astronaut werden möchte. Besonders gut kommt es bei den jungen Leuten an, dass die Dozenten – junge Wissenschaftler und Lehrer – sogar geduzt werden.

Die wiederum sind begeistert vom Engagement und Wissensdurst der Schüler: „Die denken wirklich mit und stellen dauernd Fragen – das ist einfach toll“, sagt Leonie Ott, die gemeinsam mit Jana Liebing den Kursus „Molekulare Biomedizin“ leitet. Gerade mal sieben Jahre ist es her, dass die Wissenschaftlerin selbst als Schülerin an der Juniorakademie teilgenommen hat. Das „Akadamiefeeling“ sei für sie das, was die unbedingt an andere weitergeben möchte: „Dieses Aufeinandertreffen von Leuten, die genauso ticken wie man selbst.“

Die Juniorakademie des Landes NRW

Insgesamt 154 Schüler nehmen in diesem Sommer an den drei Ferienakademien für Spitzenschüler aus NRW teil, die in Königswinter, Jülich und Ostbevern stattfinden. Alle Gymnasien und Gesamtschulen waren im Vorfeld aufgefordert worden, jeweils zwei Schüler zu nominieren. Eine externe Jury wählte dann aus den mehreren hundert Bewerbern die Teilnehmer aus.

Dabei spielen jedoch nicht nur gute Schulnoten eine Rolle, „die jungen Leute sollen möglichst vielfältig interessiert und engagiert sein“, so Akademieleiterin Andrina Jäschner. Bei den angebotenen Kursen handelt sich dabei ausdrücklich nicht nur um zusätzlichen Schulunterricht in den Ferien. Bei den Kursen steht eigenständiger Wissenserwerb und forschendes Lernen im Vordergrund. Neben dem sehr anspruchsvollen Kursprogramm gibt es auch ein vielseitiges Begleitprogramm aus Sport, Musik und Freizeitangeboten.

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