Im Thomasberger Ortsteil Steinringen steht noch ein Backherd aus Tuffgestein Bester Pumpernickel aus Siebengebirgsöfen

THOMASBERG · Der Ofenbau war ein wichtiger Pfeiler der heimischen Wirtschaft.

Statt herzhaftem Roggenbrot zur Maibowle gab es leckeren Streuselkuchen. Und das Versprechen des Landwirts Günter Stockhausen, im letzten noch intakten Ofen aus der Zeit der Königswinterer Backofenbauer wieder Brot zu backen, sobald es seine Gesundheit erlaubt.

Enttäuscht wurden die unter Leitung ihres Vorsitzenden Heinrich Blumenthal per Sonderbus angereisten Mitglieder des Heimatvereins "Siebengebirge" dennoch nicht. Gestaltete sich doch ihr erstmals durchgeführtes "Backofenfest" im "Reck`s Hof" des Thomasberger Ortsteils Steinringen zu einer Lehrstunde in Heimat- und Familiengeschichte.

Der Leiter des Siebengebirgsmuseums, Elmar Scheuren, erinnerte an den Backofenbau als Gewerbe, das noch zu Beginn unseres Jahrhunderts ein wichtiger Pfeiler der heimischen Wirtschaft war.

Backöfen aus Naturstein galten als besonders langlebig und hatten ihren Hauptabsatzmarkt im westfälischem Raum, aber auch in Ländern wie Belgien und Frankreich. Westfälischer Pumpernickel beispielsweise verdankte seine Qualität diesem Ofentyp, da das Tuffgestein aus dem Ofenkaulenberg zwischen Petersberg und Wolkenburg die beim Backen erforderliche lange und gleichmäßige Hitze garantierte.

Der Backofen im Thomasberger "Stockhäuschen" fand in der Notzeit nach dem Zweiten Weltkrieg noch Verwendung und wurde vor Jahren in die Denkmalliste eingetragen. Daß der intakte Thomasberger Backhofen überhaupt noch vorhanden ist, schätzen Fachleute als ausgesprochenen Glücksfall ein, zumal die normale Lebensdauer lediglich rund 30 Jahre beträgt.

Angeschafft hatten ihn die Brüder Theodor und Peter Moitzfeld, beide Bäcker, etwa um 1890. Der frühe Tod eines der beiden Brüder führte zum vorzeitigen Ende der gewerblichen Nutzung. Der privaten Initiative der heutigen Besitzer Günter und Franziska Stockhausen ist es zu verdanken, dass die Anlage wieder instandgesetzt werden konnte.

Dank zusätzlicher finanzieller Unterstützung seitens öffentlicher Stellen wurde der Verfall gestoppt und der Ofen "backreif" restauriert. Dem Siebengebirgsmuseum, aus räumlichen Gründen nicht in der Lage, selbst einen Backofen auszustellen, bietet sich hier Gelegenheit, das fast vergessene Gewerbe eindrucksvoll zu dokumentieren.

Abbauwürdige Tuff-Vorkommen gab es nur an wenigen Orten, sodass laut Scheuren überregionale Konkurrenz kaum zu fürchten war. Das galt auch für das Heizsystem selbst: Das Anheizen erfolgte direkt im Herd. Färbte der graue Tuff sich weiß, wurde die Glut aus dem Ofen gezogen.

Zur Feststellung der Hitze, wird erzählt, warf der Bäcker eine reife Roggenähre in den heißen Herdraum und betete ein Vaterunser. Verfärbte sich die Ähre in dieser Zeit goldgelb, hatte der Ofen die richtige Temperatur.

Verbrannte sie, mußte abgekühlt werden. Es gab auch noch die "intellektuelle Variante": Hitzeprüfung durch "Zeitung lesen lassen". Man warf, erinnert sich "Reck`s-Hof"-Chefin Franziska Stockhausen, ein Zeitungsblatt durch die Backofentür. Blieb es hell, war die Backtemperatur in Ordnung, wurde es braun, trat der "nasse Wisch" in Aktion.

Eine der wichtigsten Besonderheiten des "Königswinterer Ofens" bestand in der Zusammensetzung der Herdplatte aus nur zwei Einzelplatten. Diese Bauweise bot dem Bäcker den Vorteil einer fugenfreien Oberfläche und erleichterte so das "Einschießen" und das Reinigen.

Solchen Komfort konnten die Königswinterer Ofenbauer nur deshalb bieten, weil der hiesige Tuffstein besonders hart war und großflächige Spaltungen erlaubte. Im Thomasberger Backofen können in einem Gang 40 Zweipfundbrote gebacken werden. Die Resthitze reicht immer noch für Kuchen und Brötchen.

Seine Blütezeit erlebte das Ofenbauergewerbe im 19. Jahrhundert, als neben dem Schiffstransport auch die Eisenbahn zur Verschickung des Materials genutzt werden konnte. Erst nach dem Aufkommen moderner, indirekt beheizter Backöfen in unserem Jahrhundert, verlor das Gewerbe an Bedeutung und kam schließlich in den 30er Jahren zum Erliegen.

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