Neue Stützen für das Urgestein So laufen die Bohrungen am Drachenfels

Siebengebirge · Die aktuellen Bohrungen auf dem Drachenfels bereiten die Installation von neun neuen Anker vor. Diese sollen weiterhin für die Stabilität des Berges sorgen. Wir werfen einen Blick auf den Stand der Arbeiten und haben die Bohrungen mit der Kamera begleitet.

Einige Dutzend Stufen geht es nach oben, der Wind nutzt jeden Angriffswinkel und lässt das Gerüst mal mehr, mal weniger sicher unter den Füßen wirken. Etwa 20 Meter über dem gesperrten Eselsweg sorgen seit Wochen und Monaten zahlreiche Geologen und Ingenieure dafür, dass der Drachenfels noch viele weitere Generationen Wahrzeichen der Region bleiben kann. Ein ungefährliches Wahrzeichen – denn darum geht es bei den aktuell stattfindenden Bohrungen.

Bereits Ende Mai hatte die Trierer Firma Geopartner im Auftrag der Bezirksregierung begonnen, ein Gerüst um den Fels aufzubauen. Auf verschiedenen Ebenen und in aufeinanderfolgenden Arbeitsschritten soll die Felswand für die kommenden Jahrzehnte gesichert werden. Denn mit der Zeit haben sich Bäume und Efeu einen Weg gebahnt und ranken aus sogenannten Klüften der Felswand.

Neue Anker werden eingesetzt

„Mit den Jahren entwickelt sich eine Art Sprengkraft, so dass durch Wurzeln und weiteres Wachstum einzelne Teile der Felswand herunter brechen könnten“, so Thomas Metz, Dezernent für Sonderliegenschaften der Bezirksregierung Köln. Doch die weitere Entfernung des kompletten Wurzelwerks und Absicherung der entsprechenden Stellen erfolgt erst im nächsten Arbeitsschritt.

Aktuell wird eine Bohrung durchgeführt, die das Einsetzen eines neuen Ankers ermöglicht. Vorstellen kann man sich die Anker wie überdimensional große Schraubgewinde mit Muttern an jeder Seite des Drachenfels, die entsprechend wirkende Kräfte auffangen und so für Stabilität und Sicherheit sorgen. Schließlich halten sie kein instabiles Billigregal zusammen, sondern etwa 30 Millionen Jahre altes Gestein.

Stahlstäbe halten Bergkuppe in Form

Neben zahlreichen Felsnägeln verbinden die rund 25 Meter langen Stahlstäbe, also die Anker, beide Seiten und halten die Bergkuppe in Form. Neu gebohrt wird nun, um zwei neue Stahlstäbe zu installieren, bevor sieben veraltete Anker aus den 70er Jahren aufgrund von Materialermüdung ausgetauscht werden. Die neuen Stäbe sichern so die Stabilität für den darauf folgenden Austausch. Geplant war ursprünglich nur eine Bohrung. „Man kann jedoch nie wirklich voraussehen, wie die Beschaffenheit im Inneren ist“, erklärt Metz. Stark poröse Trachytstellen sorgten dafür, dass die Bohrung zwar gelang, sich jedoch der Diamantbohrer oft verkantete und das leicht gekrümmte Resultat nun nicht ausreichend ist, um stabilisierend zu wirken.

Für die 25 Meter lange Bohrung, die schräg nach oben verläuft, sind jeweils drei bis vier Arbeitstage nötig. Schließlich kann der Bohrer nicht einfach angesetzt und sich selbst überlassen werden. Sobald die Bohrkerne eine Länge von 1,5 Metern erreicht haben, müssen sie aus dem Bohrer entfernt werden, dann wird neu angesetzt und weiter Stück für Stück gebohrt.

Anker trägt Kraft von 50 Tonnen

Um vorstellbar zu machen, welche Kräfte auf die Anker wirken können, zieht Geologe Roland Strauß folgenden Vergleich: „500 Kilonewton wirken auf das Material, das sind in einer anderen Einheit ausgedrückt etwa 50 Tonnen.“ Anders gesprochen: zwei voll beladene Lastwagen könnten an dem Anker baumeln und er würde sie problemlos tragen. Denn die 50 Tonnen sind die sogenannte Festlegelast, aushalten könnte der Stahlanker mit 32 Millimeter Durchmesser sogar 75 Tonnen. Insgesamt befinden sich im Drachenfels fast 100 dieser Anker.

Regelmäßig werden ihre Werte überprüft. Wenn das Wetter und vor allem die Temperaturen mitspielen, hofft Metz, noch in diesem Jahr mit dem zweiten Bauabschnitt beginnen zu können. „Da hier aber auch mit Zement gearbeitet wird, sind uns bei unter fünf bis sieben Grad die Hände gebunden.“ Sollte es dazu kommen, würde im Frühjahr weitergearbeitet. Die Kosten für die Baumaßnahmen befinden sich im unteren Millionenbereich.

"Wir haben es hier mit einem Unikat zu tun"

Trotzdem komme immer wieder Unvorhergesehenes auf sie zu: „Wir haben es hier mit einem Unikat zu tun, nicht mit einer alten Mietwohnung. Bei diesem nahezu einmaligen Projekt gibt es kaum Erfahrungswerte und vieles können wir im im Vorfeld nicht zu 100 Prozent errechnen“, so Metz. Doch hoffe man, Ende Oktober mit dem Austausch fertig zu sein. Bis zum Ende der Arbeiten müssen sich die Besucher in jedem Fall gedulden. Erst nach Abschluss der zweiten Bauphase wird der seit Januar für die Öffentlichkeit unzugängliche Eselsweg wieder freigegeben.

Wie es künftig um den 321 Meter hohen Drachenfels bestellt ist, können auch Geologen nicht auf lange Sicht prognostizieren. Die getätigten Maßnahmen halten die Erosion zwar ein Stück weit auf, aber Wind und Wetter, das sich ebenfalls besonders authentisch auf der obersten Gerüstebene den Arbeitern präsentiert, lässt sich nun mal nicht abschirmen. So bleibt abzuwarten, wie viele künftige Generationen den Drachenfels in seinem heutigen Umfang erleben können und wie viel Zeit das Stahlkorsett verschaffen konnte.

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