Villa Leonhart in Königswinter Neues Konzept - Alles, nur keine Currysauce

KÖNIGSWINTER · Das frühere Sternehaus Villa Leonhart um Küchenchef Philipp Bahle und Zola Wiegand setzt auf ein neues Konzept. Dass die Gäste nun häufiger und eben auch öfters aus der Nähe kommen, zeigt, dass es greift.

 Ganz entspannt: Küchenchef Philipp Bahle und Zola Wiegand vor der Villa Leonhart.

Ganz entspannt: Küchenchef Philipp Bahle und Zola Wiegand vor der Villa Leonhart.

Foto: Frank Homann

Philipp Bahle schaut in letzter Zeit häufiger mal auf das Display des Telefons, wenn Gäste einen Tisch in der Villa Leonhart reservieren. Immer öfter verrät die Vorwahl, dass der Anrufer am anderen Ende der Leitung aus Königswinter kommt. Der Küchenchef, der vor vier Jahren als Mitarbeiter von Sternekoch Martin Tetzner antrat und im November 2011 selber mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, wertet das als Erfolg.

Dass die Gäste nun häufiger und eben auch öfters aus der Nähe kommen, zeigt, dass das neue Gastronomiekonzept der Villa greift. In dem Haus hatte früher mal Robert Ley, unter Hitler der Chef der Deutschen Arbeitsfront, gewohnt. Er soll dort Trinkgelage veranstaltet haben. Seitdem sind 75 Jahre vergangen.

Als die Villa zum Jahresbeginn vier Monate geschlossen hatte, wollten einige schon wissen, dass sie gar nicht mehr aufmachen würde: Eigentümer Hermann Nolden hätte sich möglicherweise mit der neuen Gastronomie auf dem Drachenfels und dem Café auf der Insel Grafenwerth übernommen.

Das Gerücht blieb Gerücht. Anfang Mai öffnete die Villa wieder. Und inzwischen hat sich wohl herumgesprochen, dass man dort nicht mehr drei Gänge für 60 Euro essen muss, sondern dass es auch mal nur ein Hauptgang für 16 Euro und eine Flasche Wasser sein darf. "Der Gast muss auch nicht mehr Angst haben, ein Messer fallen zu lassen. Und es ist mittlerweile durchaus üblich, dass sich Gäste auch mal von Tisch zu Tisch unterhalten", sagt Bahle.

Wer ohne Anzug und Krawatte kommt, wird ebenfalls nicht schief angesehen. Damit die neue Ausrichtung noch bekannter wird, hat Nolden zum 1. Juli Zola Wiegand als Geschäftsführerin eingestellt. Sie macht publik, dass man neuerdings sogar im öffentlichen Park hinter der Villa heiraten und anschließend dort feiern kann - oder direkt gleich auf dem Drachenfels, wo Martin Tetzner das Sagen hat. "Sterneküchen sind an bestimmte Abläufe gebunden", betont Wiegand.

Der Besuch dauert schnell mal drei bis vier Stunden, für viele Gäste ist das zu viel oder einfach zu teuer. Jetzt dürfen die Kunden, wenn sie es denn wollen, auch das Dessert vor dem Hauptgang essen. Oder einfach nur ein Glas Wein oder einen Kaffee trinken, im Sommer auf der Terrasse, im Winter in der Lounge.

Ein-Stern-Gastronomie habe es nicht nur in Königswinter schwer, sagt Wiegand. "Selbst große Restaurants, die an Hotels angeschlossen sind, schließen inzwischen. Diesem Umbruch sind wir vorangegangen", berichtet sie. Hermann Nolden habe für sich entschieden, etwas Anderes, Leichteres zu machen. "Wir wollen zum Treffpunkt für die Leute werden", sagt Bahle.

Dass die Villa nicht auf der Tourismusachse zwischen Schiffsanleger und Drachenfels liegt, ist für ihn durchaus kein Nachteil. "Die Touristen sind ja nicht unser Zielpublikum", sagt er. Auf dem Drachenfels werde zwar zentral der Kuchen gebacken und die Currysauce gekocht, aber bisher nur an das Insel-Café geliefert. "Hier brauchen wir bisher noch keine Currysauce", sagt Bahle. Mit der Lässigkeit des Sternekochs.

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